UA 6/1 Protokoll 02.06.2016 – 2. Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss (4.11. + 5.11.2011, Lagebesprechung PD Gotha, Baden-Württemberger Polizisten)

2016_06_02-uaAm Donnerstag, den 2. Juni 2016 kam der Thüringer -Untersuchungsausschuss 6/1 zu seiner nächsten Sitzung zusammen. Thema waren die Ermittlungen nach dem 04.11.2011 in Eisenach und eine Lagebesprechung am 05.11.2011 in der Polizeidirektion . Drei PolizeibeamtInnen aus Baden-Württemberg waren wegen des Zusammenhangs zum Mordfall (SoKo Parkplatz) ab 10 Uhr anwesend. Sie haben ein eigenes Protokoll als Verbindungsbeamte in der Polizeidirektion Gotha angefertigt und an ihre Dienststelle übermittelt. Sie berichten wider entgegenstehender Zeugenaussagen, dass am 04.11. zuerst die Dienstwaffe von Kiesewetter, statt die ihres Kollegen Anold gefunden wurde. Wirbel gab es auch um die Aussage, dass am 05.11. der Begriff „Drilling“ oder sogar „Operation Drilling“ gefallen sein soll, was einen Verdacht eines frühzeitigen Zusammenhangs mit der Arbeit des Thüringer Verfassungsschutzes befördete, der seit 1998 unter dem Namen „Operation Drilling“ eigene Maßnahmen zum geflüchteten Trio ergriff. Eine Polizistin aus Baden-Württemberg ist überzeugt, 2014 oder 2015 dem zuständigen Thüringer Polizeibeamte „nochmals“ ihr 20-seitiges Einsatzprotokoll über die Lagebesprechung am 05.11. geschickt zu haben. Dieses Dokument ist dem Thüringer Untersuchungsausschuss dagegen unbekannt, auch der Thüringer Polizist habe es nie gesehen, geschweige denn angefordert. Weitere Themen waren die Informationsflüsse am 5. November und Vermerke auf einem „Whiteboard“ in der PD Gotha, das Zusammenspiel mit den Ereignissen in , die Arbeit in der Soko Capron und polizeiliche Maßnahmen bei Holger Gerlach und der Familie Dienelt, auf die das Wohnmobil und die Wohnung in Zwickau angemietet wurden. Auch Opferumfeldermittlungen zu den Polizisten Kiesewetter und Arnold spielten eine Rolle und dass ein Thüringer Zielfahnder des LKA bereits am 5. November in Gegenwart der Polizisten aus Baden-Württemberg davon sprach, dass der Verfassungsschutz das (Kern-)Trio seit der Flucht angeblich gedeckt habe.

Zum Nachlesen, chronologisch von oben nach unten. Weil das Live-Bloggen aus dem Ausschuss seit einiger Zeit untersagt ist, wird es fortan bei der Protokollform bleiben. Namen teilweise abgekürzt.

1. Befragung: KHK Alexander Rind., LKA Baden-Württemberg, 43 Jahre
2. Befragung: KHK`in Tamara Hemm., LKA Baden-Württemberg, 49 Jahre
3. Befragung KHK`in Sabine Rieg., LKA Baden-Württemberg, 48 Jahre
4. Erneute Befragung: KHK Alexander Rind.
5. Erneute Befragung: KHK`in Tamara Hemm.
6. Befragung: POR`in Bianka Ißl. (vormals Eschr.), 42 Jahre
7. Befragung: KOR Torsten Kun., 52 Jahre
8. Befragung: KHK Silko Aßm., 41 Jahre alt

Nicht erschienen sind Herr KHK a.D. Herbert Tief. sowie Herr KHK Kurt Kind.. Ausgeladen wurden am späten Nachmittag Frau KHK`in Kathleen Schil. und Herr KHK Steven May..Die Beamt*innen aus Baden-Württemberg bitten um den Verzicht auf Fotos.

10.04 Uhr Erster Zeuge: KHK Alexander Rind.

UA61-ZeugenschildDie Vors. Abg. Marx (SPD) gibt den Hinweis, dass die Landesregierung Baden-Württemberg mitgeteilt hat, dass die Zeugen von einem Vertreter des Innenministeriums, Herrn Seidel, begleitet werden, der im Publikum sitzt und zur Kenntnis nimmt, was öffentlich gesagt wird. KHK Rind. fühlt sich nicht durch die Anwesenheit des Vertreters in irgendeiner Weise beschwert.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) erklärt, dass es um die Lagebesprechung am Vormittag des 5.11. in den Räumlichkeiten der Polizeidirektion Gotha geht und den Untersuchungsausschuss interessiert, wie er dahin gekommen ist, was er dort mitbekommen hat und was sein Beitrag gewesen ist. Er habe nun das Recht und die Gelegenheit zu Beginn selber zu sprechen – Fragen kämen im Anschluss.

Der Zeuge KHK Rind. möchte erst einmal allgemein etwas dazu sagen. Er war seit Übernahme der Ermittlungen durch das Landeskriminalamt der Polizeidirektion Heilbronn – von Februar 2009 bis zur Abgabe der Ermittlungen an das BKA (BAO Trio) im April 2012 – als Leiter der Ermittlungen in der SoKo Parkplatz eingesetzt. Am Abend des 4.11. – er hatte Urlaub – wurde er gegen 18 Uhr von seiner Dienststelle kontaktiert. Ihm wurde mitgeteilt, dass in einem ausgebrannten Wohnmobil die Dienstpistole der Kollegin Michèle Kiesewetter aufgefunden worden sei. Er sei dann zur Dienststelle gefahren, wo er kurz nach 20 Uhr von seinem Abteilungsleiter in den Sachverhalt eingewiesen wurde. Bekannt war bis dato, dass ein ausgebranntes Wohnmobil in Eisenach aufgefunden wurde, wo bei der Durchsicht die Waffe der Kollegin Kiesewetter gefunden wurden sei. Im Wohnmobil fand man zwei nicht mehr lebende Personen, denen man vorwarf zuvor im Zusammenhang mit einem Raubüberfall auf eine Bank gesucht wurden zu sein. Zu diesem Zeitpunkt sei auch schon bekannt gewesen, dass dieses Fahrzeug von einer Person namens Holger Gerlach angemietet wurde. Er sei gemeinsam mit einer Frau und einem kleinen Kind bei der Autovermietung erschienen, wo er das Fahrzeug anmietete. Mehr Informationen hatten sie an diesem Tag noch nicht, aber es war bekannt, dass sie am nächsten Tag, den 5.11., gegen 10 Uhr bei der Polizeidirektion Gotha eine Besprechung stattfinden soll. Zuvor wurde festgelegt, dass der polizeiliche Hauptsachbearbeiter, der heute auch geladen wurde, aber derzeit im Urlaub ist und zwischenzeitlich pensioniert wurde und die Kollegin Rieg., die heute auch als Zeugin geladen ist, ebenfalls von der Dienststelle zur Besprechung nach Gotha entsandt werden. Der Zeuge habe eine weitere Kollegin aus dem Bereich Auswertung, Analyse und Datenbanksysteme kontaktiert und sie gebeten zur Dienststelle zu kommen um gemeinsam noch in der Nacht nach Gotha zu fahren. Gegen 2 Uhr morgens sind sie in Gotha eingetroffen um rechtzeitig am nächsten Tag um 10 Uhr bei der Besprechung anwesend zu sein. Am 5.11. waren sie etwas früher als 10 Uhr da. Sie wurden vom damaligen Leiter der SoKo Capron, den Leiter der Polizeidirektion Gotha, Herrn Menzel, in den Sachverhalt eingewiesen. Er berichtete ihnen von einem Banküberfall in Arnstadt, der schon längere Zeit her war, wo ein bestimmter Modus Operandi festgestellt wurde: mit zwei Tätern, die auf Fahrrädern flüchteten. Es gab auch Hinweise auf ein Wohnmobil, dass eingesetzt wurde. Herr Menzel schilderte dem Zeugen und seinen KollegInnen auch, dass er eine bundesweite Anfrage gestellt habe und so auch der Bezug nach Zwickau kam, wo vor längerer Zeit, etwa 2001, ein Bankraub stattfand. In Sachsen fanden mit gleichen Modus Operandi Banküberfälle statt, aber auch im Bereich Stralsund. Man hatte nun eine Verbindung zwischen Arnstadt und dieser Serie hergestellt. Auf dieser Grundlage hatte sich die Polizeidirektion Gotha ein Fahndungs-Konzept erarbeitet, welches vorsah, dass beim Feststellen eines ähnlichen Banküberfalls verschiedene vorbereitete polizeiliche Maßnahmen anlaufen um möglicherweise die Täter bei einer neuen Tat im näheren Umkreis finden zu können. Deswegen wurde im näheren Tatortbereich intensiv gefahndet, auch im Hinblick auf mögliche Fluchtmittel, wie Fahrräder oder Wohnmobile.

Und so kam es, dass das Wohnmobil, welches in einem Wohngebiet abgestellt wurde, entdeckt werden konnte. Beim Annähern der eingesetzten Kollegen fiel ein Schuss, worauf sich die Kollegen zurückzogen und etwa eine Minute später fiel ein weiterer Schuss. Kurze Zeit später stellte man fest, dass das Fahrzeug anfing zu brennen und etwa fünf Minuten später war das Fahrzeug in Vollbrand. Den Beamten aus Baden-Württemberg wurde ebenfalls mitgeteilt, dass Menzel vor Ort gewesen war und im Wohnmobil – die Umstände wurden ihnen nicht mitgeteilt – die Dienstwaffe der Kollegin Kiesewetter aufgefunden werden konnte. Die Waffe war mit einer Individualnummer versehen und die Abfrage im polizeilichen Datensystem ergab, dass diese Waffe von der Polizeidirektion Heilbronn als entwendete Dienstwaffe ausgeschrieben war. Daraufhin hat Herr Menzel am 4.11. bereits gegen 16 Uhr den Leiter der Kriminalpolizei Heilbronn, den Kollegen Ritt., informiert, der wiederum Herrn Menzel informierte, dass die Ermittlungen in diesem Zusammenhang über das LKA Baden-Württemberg laufen – und so kamen die Informationen am späten Abend zum LKA Baden-Württemberg, so der Zeuge. Sie fungierten als Verbindungsbeamten bei der Polizeidirektion Gotha und es war zum damaligen Zeitpunkt sozusagen „unser Fall, unser Todesermittlungsverfahren in Heilbronn“, wobei ein wesentliches Beweismittel in Gotha im Zusammenhang mit den Raubüberfall auf eine Sparkasse aufgefunden wurde. Die Spurenlage, Ermittlungserkenntnisse und der komplette Ablauf der SoKo Parkplatz war ihnen selbstverständlich viel besser bekannt als der Polizeidirektion Gotha und so war ihr Auftrag die örtliche Spuren- und Hinweislage entgegenzunehmen und mit ihren Ermittlungen in Baden-Württemberg abzugleichen. Zu diesem Zeitpunkt, so lässt sich das auch den Unterlagen entnehmen, war bereits eine der beiden Personen im Wohnmobil identifiziert wurden. Und dank der daktyloskopischen Abgleiche wurde einer der beiden als Uwe Mundlos identifiziert. Herr Menzel wies in diesem Zusammenhang daraufhin hin, dass es 1998 einen Sachverhalt gab, wo drei Personen versuchten einen Sprengstoffanschlag zu verüben und danach untertauchten – und einer dieser Personen war Uwe Mundlos. Und so wurde zu Beginn der Besprechung die These geäußert, dass es sich bei der zweiten Person um Uwe Böhnhardt handeln könnte. Eine weitere Person, die zu diesem Personenkreis gehörte, war im Gespräch, die Beate . Er habe dann um 10.25 Uhr, wie auch aus den Protokollen ersichtlich, die Personalien von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe abklären lassen. Mehrere Hinweise habe es zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben.

Bei der Besprechung war ebenfalls ein Vertreter der Zielfahndung des LKA Thüringen, der Kollege Wunderlich, anwesend. Dieser berichtete, dass er selber mit der Zielfahndung gegen das Trio beauftragt war. Hier trat zum ersten Mal dieser Begriff Trio auf. Es gab noch eine weitere Begrifflichkeit: „Drilling“, „Operation Drilling“. Dabei sei es darum gegangen, die Fahndungsmaßnahmen nach dem Trio durch das LKA Thüringen durchzuführen. Wunderlich sagte, dass diese Fahndungsmaßnahmen bis 2002 gelaufen seien und dann aus verschiedenen Gründen eingestellt wurden. So war die Ausgangslage. Im weiteren Verlauf sind immer wieder neue Erkenntnisse dazu gekommen. Bei dem Zeugen und seinen KollegInnen waren Vertreter der Tatortgruppe des LKA Baden-Württemberg, der Kollege Nordg., Herr Dr.Hald. als Brandsachverständiger, mit dabei, weil es sinnvoll für sie war, Kollegen vor Ort zu haben, die den Background der SoKo Parkplatz auch aus kriminaltechnischer Sicht besitzen. Der Kollege Nordg. war bei ihnen als Leiter des Einsatzabschnittes Kriminaltechnik eingesetzt und kannte somit die Hintergründe des Ermittlungsstandes der SoKo Parkplatz. Er verließ relativ schnell die Besprechung. Das Wohnmobil wurde dann kriminalistisch untersucht. Im Rahmen dieser Durchsuchung kamen immer wieder neue Erkenntnisse zustande. Es wurde eine auf einen Herrn Eminger ausgestellte Bahncard gefunden. Und ein Reisepass, ausgestellt auf einen Herrn Burkhardt wurde gefunden. Herr Menzel machte in der Besprechung die Angabe, dass nachts um 3 Uhr der Holger Gerlach als Mieter des Wohnmobils vorläufig festgenommen wurde, erklärt der Zeuge. Gerlach wurde vernommen und gab an, dass er das Trio das letzte Mal vor 2, 3 Monaten gesehen habe bzw. sie im Kontakt standen. Einige Jahre zuvor habe er ihnen ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt, indem sich sein Reisepass befand, der hinterher nicht mehr drin war. Im Laufe des Tages gab es immer mehr solcher Erkenntnisse. So war auch das Fahndungsplakat von 1998 an der Wandtafel aufgehängt mit Bildern von den drei Personen. Ebenfalls wurden damals beteiligte Personen, die im Rahmen der Zielfahndung auftauchten, abgeklärt – vor Ort in Gotha und in den eigenen Datenbanken. Bei ihren Ermittlungen haben sie 33.000 Fahrzeuge und über 20.000 Personalien festgestellt, die sich ab dann in den Datenbanken befanden. Zusätzlich hatten sie noch eine Vielzahl von Funkzelldaten der Personen, die sich zur relevanten Tatzeit im Funkzellenbereich des Tatorts eingebucht hatten. Dies ergab einen großen Datenfundus, aus dem sie abgleichen konnten, ob eine Person in ihren Kontrollstellen-Listen aufgetaucht sei. Ihnen wurde mitgeteilt, dass die drei Personen 1998 diese Taten aufgrund eines rechtsextremistischen Hintergrunds begingen. Zu diesen Zeitpunkt war nicht klar, ob diese Taten in Heilbronn und diese Bankraubserie im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Aktivitäten stehen. Sie mussten vielmehr als erstes die objektive Faktenlage beurteilen und woraufhin sie weitere Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt haben. Wenn sich Ansätze zu der Tat in Heilbronn ergeben, dann versuchen sie auch eine bestimmte Motivlage herauszufinden. So versuchten sie noch am Vormittag zu klären, ob damals in Heilbronn zeitgleich ein versuchter Bankraub stattfand und ob vielleicht beim Fluchtversuch es etwa zum Kontakt mit den geschädigten Polizeibeamten und deshalb zu dieser Tat kam.

Nachmittags gegen 14/15Uhr wurde ihnen ein weiterer, bisher unbekannter Sachverhalt aus Zwickau mitgeteilt, dass dort ein Wohnhaus explodiert sein soll. In diesem Zusammenhang war eine Zeugenaussage, die mitgeteilt worden sei, besonders interessant, denn ein Zeuge soll in der Vergangenheit in der Frühlingsstraße in Zwickau schon einmal ein Wohnmobil mit Vogtländer Kennzeichen gesehen haben. Interessant war die Frage, ob zwischen beiden Delikten ein Zusammenhang besteht. Im weiteren Verlauf wurden die Erkenntnisse und Personalien zwischen Zwickau und Gotha ausgetauscht. Dann gab es die Information über die Wohnungseigentümer in Zwickau, ein Pärchen: Susann und Thomas Dienelt. Es wurde festgestellt, dass diese Personen wirklich existieren, aber eine andere Wohnanschrift haben. Die Ermittlungen dazu hat dann Zwickau übernommen. Die Beamten in Gotha erhielten dann die Ermittlungsergebnisse. So kamen immer mehr Personen in den zur Debatte stehenden Personenkreis hinzu. Gegen Abend des 5.11. waren sie auf dem Ermittlungsstand, dass sicher davon ausgegangen werden konnte, dass Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe in der Frühlingsstraße lebten – was auch Lichtbildvorlagen aus dem Umfeld ergaben. Aber es war noch nicht klar, ob die zweite tödlich verletzte Person im Wohnmobil tatsächlich Böhnhardt war. Vieles wies darauf hin, dass es eine Person namens Max Burkhard sei, aber die Erkenntnisse von 1998 wiesen eher auf Böhnhardt hin. Zu diesem Zeitpunkt war für den nächsten Tag, 6.11., geplant die Person Burkhard zu konfrontieren, weswegen sie beschlossen sich aufzuteilen. Die Kollegin Hemm. und der Zeuge Rind. fuhren am selben Abend gegen 20 Uhr nach Zwickau um dort die weiteren Ermittlungen zu begleiten. Das waren aus seiner Sicht die wesentlichen Erkenntnisse zum 5.11.

Auf Nachfrage der Vors. Marx (SPD) erläutert der Zeuge Herr Rind., dass sie gemeinsam ein eigenes Protokoll als Verbindungsbeamten in der Polizeidirektion Gotha angefertigt und an ihre Dienststelle übermittelt haben um Erkenntnisse festzuhalten. Des Weiteren war die Besprechung für 10 Uhr terminiert gewesen und dem Protokoll der Baden-Württemberger ist 9:45 Uhr als Gesprächsbeginn zu entnehmen. Sie wurden in einen Raum geführt, wo bereits eine Vielzahl, etwa 10 Personen, anwesend waren, die bereits diskutiert haben. Bei ihrer Ankunft wurden sie begrüßt und in die Lage eingewiesen. Er kann nichts dazu sagen, inwiefern vorher bereits eine Lagebesprechung stattgefunden hat, da er nicht anwesend war. Sie kamen nicht in einen leeren Saal. Es war vielmehr so, dass sie in einen funktionierenden Einsatzstab hineinkamen. Die Vors. Marx (SPD) macht dem Zeugen Rind. den Vorhalt, dass nach den dem Untersuchungsausschuss vorliegenden Unterlagen entgegengesetzt zu seiner Aussage stehe, dass zuerst die Waffe von Herrn Arnold und erst in den Abendstunden die Waffe von Frau Kiesewetter gefunden wurde war und fragt, wie diese Unterschiedlichkeit zustande kommt. Er erklärt, dass es gut möglich ist, dass er sich irrt, denn in seinem Gedächtnis war es so, dass zuerst die Waffe von Kiesewetter gefunden wurde, aber da möchte er sich nicht 100%ig festlegen – man kann es aber alles in den Unterlagen nachlesen. Auf die Frage, ob er sich erinnern könne, inwieweit das von ihm beschriebene Whiteboard im Besprechungsraum bebildert und beschriftet gewesen sei, antwortet der Zeuge, dass es zu Beginn noch sehr übersichtlich war. Es hing dort eine Kopie des Fahndungsplakats von 1998. Die Portraitbilder der Personen Mundlos, Böhnardt, Zschäpe wurden größer kopiert und hingen daneben. Grunddaten, wie Zeitpunkt des Banküberfalls, Personalien und Örtlichkeiten waren dort notiert, die im Laufe des Tages ergänzt wurden. Es hingen auch Kopien aus den im Wohnmobil aufgefundenen Unterlagen mit Informationen zu Max Burkhardt, Holger Gerlach und André Eminger an der Wand. Im weiteren Verlauf des Tages wurden mehr Namen auf die Wand geschrieben. Namen aus früheren Ermittlungen wie , André Kapke und Ralf Wohlleben standen dann auch an der Tafel. Der Fokus lag auf Frau Zschäpe, weil sie aus dem Trio an der Wand fehlte und die Information mit der in Brand gesteckten Wohnung in Zwickau bereits da war. Es seien Fahndungsmaßnahmen gegen sie eingeleitet worden. Dabei stand die Frage im Raum, welche möglichen Anlaufstellen sie hat. Diese Anlaufstellen und Adressen zu finden, war die Aufgabe des Kollegen Wunderlich, weil er das Trio aus seiner Zeit bei der Zielfahndung am besten kannte. Die Vors. Marx (SPD) bittet den Zeugen näher zu erläutern, was Herr Menzel ihnen in der Besprechungen, auch über erwähnte Tatverdächtige und Ermittlungsständen, berichtete. Herr Rind. führt aus, dass Arnstadt als Teil der Serie erkannt wurde bzw. bestand der dringende Verdacht, dass Arnstadt als weiterer Tatort der Serie zu verstehen sei. „Er hat sich auf die Fahnen geschrieben“, so gewappnet zu sein, wenn durch die Täter eine weitere Tat in Thüringen und seinem Zuständigkeitsbereich stattfindet, dass entsprechende Fahndungsmaßnahmen eingeleitet werden können um die Täter zu finden. Es war eher ein „selbst gestellter Auftrag“. Dem Zeugen waren keine Vermutungen Menzels bezüglich der Täter bekannt. Die Vors. Marx (SPD): „Erinnern Sie sich, ob Herr Menzel bekundet hat, dass er solch eine Tat in Thüringen erwartet?“ Der Zeuge verneint, aber es sei normales polizeiliches Handeln, wenn man einen Zuständigkeitsbereich habe, sich „kalendermäßig“ drauf vorzubereiten und wenn eine Tat stattfinde, könne man dann die richtigen Maßnahmen treffen. Gerade auch Hinweise aus der Vergangenheit sollten zeitnah an die Kollegen weitergegeben werden. Es gibt unterschiedliche Ansatzpunkte. Einige Kollegen gehen von einem schnellen Fluchtverhalten aus. Solche Hinweise sind wichtig, damit die örtlichen Kollegen das auch zeitnah mitbekommen. Das war sozusagen Menzels Handlungskonzept. Auf Nachfrage stellt der Zeuge richtig, dass er sich ausschließlich auf die Funkzellendaten aus seiner Dienststelle in Heilbronn bezog. Hier wurden zeitig Daten zum Anschlussinhaber festgestellt. So kann bspw. eine Personalie, die er in Gotha oder Eisenach erhält mit seinem Bestand abgeglichen werden. Bspw. wurde eine Person unmittelbar im Tatortbereich in Heilbronn unter der Brücke mit dem Namen Benjamin Gerlach kontrolliert. Das war bspw. ein Ansatzpunkt, wo geschaut werden muss, ob es verwandtschaftliche Beziehungen zwischen einem Benjamin Gerlach und einem Holger Gerlach gibt. Ihm sei auch nicht bekannt, ob Herr Menzel im Rahmen seiner Ermittlungen Funkzellendaten hatte.

Der Abg. Kellner (CDU) möchte wissen, inwiefern sich die Bilder aus dem Besprechungsraum mit den bereits vorhandenen Phantomfotos, die der Zeuge im Zusammenhang mit dem Mord an Kiesewetter hatte, deckten. Der Zeuge verneint, erklärt aber, dass Phantombilder eben Phantombilder seien und keine Fotos und man somit viel in diese Bilder hineininterpretieren kann und auch Ähnlichkeiten finden. Bspw. gab es bei ihnen einen Zeugen, der angab, dass eine Frau mit Kopftuch in Begleitung mit einem Mann sich im Neckar ihre blutigen Hände gewaschen habe. Hier wurden Phantombilder erstellt. Man könnte nun eine gewisse Ähnlichkeit mit Frau Zschäpe hineininterpretieren. Man muss auch dazu sagen, dass die Fahndungsfotos aus dem Jahr 1998 stammen und das mutmaßliche Phantombild von 2007. Auch alle Männer, von denen sie Phantombilder hatten, besaßen eine fülligere Haarpracht. So konnte man auf den ersten Blick keine Übereinstimmung feststellen. Der Abg. Kellner (CDU) fragt, wie der Zeuge damit umgegangen sei, nachdem die Waffe gefunden wurde und sich dadurch der Ermittlungsansatz änderte und andere Bilder auftauchten. Er erwidert, dass die Phantombilder ja von Zeugen erstellt wurden, die Angaben zum näheren Tatortbereich machen konnten. Die Tat in Heilbronn hat die Besonderheit, dass es zu den ersten 12-13 Minuten nach der Tat keine Zeugenaussagen gibt. Es gibt keinen unmittelbaren Tatortzeugen und die Tat wurde eben erst 12 bis 13 Minuten nach den Schüssen, also der Tat, festgestellt. Der einzige Tatortzeuge ist der Geschädigte selber, der auch ein Phantombild erstellte. Der Kollege Kind., der auch in Gotha anwesend war, stellte eine gewisse Ähnlichkeit von Herrn Böhnhardt mit dem Phantombild von Herr Arnold fest, wenngleich der Geschädigte, Herr Arnold, die von ihm gesehene Person mit vollerem Haar darstellte. Die bisherigen Ermittlungsansätze wurden in Folge nicht geändert, nur die Priorisierung hat sich verändert – „alles andere würde keinen Sinn machen“. Der Frage, ob weitere Personen beteiligt waren wurde natürlich nachgegangen. Dabei muss man überlegen, wo die Zeugen standen, die diese Angaben gemacht haben. Denn sie teilen ja das mit, was aus ihrer Sicht auffällig ist – bspw. eine Person, die schnell über die Straße gerannt ist oder eine, die in 2km Entfernung laut ruft und in ein Auto springt. Solche Aussagen können etwas mit der Tat zu tun haben, müssen es aber nicht. Es wurde auch im weiteren Verlauf geschaut, ob Personen aus dem Umfeld des Trios Ähnlichkeit mit den existierenden Phantombildern haben. Auf Nachfrage, wie dem Zeugen die Information über die Explosion in einem Wohnhaus in Zwickau mitgeteilt wurde und welche Verbindungen und Rückschlüsse man zog, antwortet der Zeuge, dass seinem Empfinden nach die Information viel zu spät weitergegeben wurde. Denn die Wohnung flog am 4.11. Nachmittags in die Luft und seine Kollegen und er haben erst einen Tag später, am 5.11., davon erfahren. Zuerst wurde wohl auch – länderübergreifend – kein Zusammenhang zwischen der Explosion und dem Wohnmobilbrand hergestellt. Erst aufgrund der Meldung des Zeugen, dass in Eisenach ein Wohnmobil mit Vogtländer Kennzeichen stand, wurde eine Verbindung hergestellt. Ihnen als Vertreter aus Baden-Württemberg war vorher die Explosion nicht bekannt, sondern der Zusammenhang mit der Tat in Eisenach wurde ihnen erst am 5.11. bekannt. Der Zeuge bestätigt nochmals, dass ihnen dieser Zusammenhang erst nachmittags am 5.11. gegen 14/15Uhr mitgeteilt wurde. Der Abg. Kellner (CDU) fragt, ob der Zeuge sich erinnern könne, welche weiteren Taten der beiden verdächtigen Toten im Wohnmobil bei der Besprechung genannt wurden. Er kann nicht sagen, welche Banküberfälle ihnen mitgeteilt wurden, aber es war eine Vielzahl. Ihnen wurde mitgeteilt, dass seit 2001 eine Serie stattgefunden hat, die mutmaßlich – aufgrund des gleichen Modus Operandi – von den gleichen Tätern ausgeübt wurde. Der Schwerpunkt sei in Sachsen gewesen. Ihnen wurde nichts von Morden mitgeteilt, sondern nur von Banküberfällen, mit denen man die beiden in Verbindung gebracht hatte.

Die Abg. König (LINKE) möchte wissen, welchen Zeitraum die Erstbesprechung am Morgen des 5.11. in Gotha umfasst hat. Der Zeuge Rind. erläutert, dass die reine Lageeinweisung nicht länger als eine halbe Stunde dauerte, weil sie bereits kurz vor halb elf die drei Personalien weitergeleitet haben, was nach der Besprechung gewesen sein muss. Während sie im Lageraum saßen, kamen ständig neue Informationen herein und Aufträge und Informationen von Herr Menzel als Polizeiführer wurden weitergegeben. Die Informationsweitergabe lief fließend, aber hatte nicht mehr den Charakter einer Einweisung. In dieser halben Stunde hat ausschließlich Herr Menzel gesprochen. Die Abg. König (LINKE) fragt, wer von „Operation Drilling“ sprach, Herr Menzel oder Herr Wunderlich. Daran könne sich der Zeuge nicht mehr erinnern. Er weiß, dass an diesem Tag von „Drilling“ und „Trio“ gesprochen wurde, aber er weiß nicht mehr genau, ob von „Operation Drilling“ gesprochen wurde. Die Abg. König (LINKE) erinnert den Zeugen daran, dass er eingangs von dem Begriff „Operation Drilling“ während der Eingangsbesprechung sprach. Rind. dazu: „Ich weiß, dass es eine Operation Drilling gibt.“ Allerdings weiß er den genauen Inhalt nicht. Bloß, dass sie sich diesen Begriff „Drilling“ am 5.11. notierten, aber unter den Stichworten Raubüberfall, Serie, Drilling. Diese Bezeichnung sei definitiv keine von ihnen. Deswegen muss sie in der Besprechung am 5.11. gefallen sein. Die Abg. König (LINKE) erklärt, dass es keine „Operation Drilling“ des LKA gab, wie von Herrn Rind. behauptet, sondern vom Verfassungsschutz, weswegen es interessant ist, wer an diesem Tag um diese Uhrzeit davon sprach. Der Zeuge kann ihr dies nicht sagen, sondern nur, dass diese Bezeichnung „Drilling“ gefallen ist, aber ob der Zusatz „Operation“ auch fiel, könne er nicht sagen. Mit den Protokollen kann definitiv belegt werden, dass „Drilling“ gefallen ist. Sein Kollege, der das Protokoll in Stuttgart führte, schreibt auch von „Überfallserie Drilling“. Erst ab dem 5.11. waren für ihn drei Personen im Spiel. Er könne auch nicht mehr genau sagen, ob Herr Wunderlich bereits 9.45 Uhr in der Besprechung anwesend war, aber auf jeden Fall war er morgens anwesend. Die Abg. König (LINKE) zeigt Bilder auf ihrem Laptop von den Mindmaps (aus den Damoko-Dateien), die innerhalb des Besprechungsraums erstellt wurden. Der Zeuge bestätigt ihr, dass der gezeigte Raum der Besprechungsraum war, wo die Einsatzbesprechung stattfand. Auf den gezeigten Fotos sind Papiere zu sehen, von denen er meint, dass diese am 5.11. deutlich weniger waren. Auf der linken Seite waren das Fahndungsplakat und zwei, drei Personalien und später kamen noch die Alias-Personalien dazu, deswegen müsste das Foto später gemacht worden sein. Die Abg. König (LINKE) ergänzt, dass die Aufnahmen vom 8.11. bzw. 10.11. sind und fragt, ob Herr Rind. sich erinnert, wo die Namen Heise, Wohlleben und Kapke standen. Er meint, sie hätten mehr rechts von der Mitte gestanden. Auf weiteren Aufnahmen der Mindmaps sind Polizeibeamte, weitere Zeichnungen und Notizen zu sehen, zu denen der Zeuge nicht sagen kann, ob sie bereits am 5.11. dort waren. Er kann sich auch nicht erinnern, ob zu diesem Zeitpunkt bereits Erkenntnisse zu Gerlach und Dienelt sowie Informationen zu Zschäpe angeschrieben waren. Der Name Wohlleben stand definitiv bereits am 5.11. dran, aber er ist sich nicht sicher, ob auch in dieser Ausführlichkeit mit Geburtsdatum und Wohnort und Foto. Zu Mundlos und Böhnhardt meint er, dass es Teil der Fahndungsbilder sein könnten, die auf den vorgehaltenen Damoko-Dateien gezeigt werden, aber ihm fehlen die größer kopierten Bilder – er kann es nicht eindeutig sagen. Das Fahndungsbild von Böhnhardt hing in größer dort, aber weitere Bilder seien erst später dazugekommen. Das Bild von Gerlachs Personalausweis hing dort groß kopiert neben den Fahndungsfoto von den Banküberfällen, da sehe man auch, was der Zeuge meinte: einzelne Bilder, unter die handschriftlich Notizen geschrieben wurden. Er erinnert sich nicht mehr genau, ob das Phantombild aus Arnstadt schon da gewesen ist. Er führt aus, dass es so ablief, dass die Grunddaten an der Tafel standen, z.B. zum Wohnmobil, und im Laufe der Zeit mit neu hereinkommenden Informationen ergänzt wurden. Dabei sind die schwarzen Nachtragungen deutlich später als die roten gemacht wurden. Er vermutet weiter, dass die Daten zu Gerlach am oberen Anfang der Tafel relativ schnell dort standen und die anderen Daten und weitere Farben sukzessive hinzugefügt wurden, so auch auf der rechten Seite der Kontakt zu Ralf Wohlleben. Auf einem Bild geht ein Pfeil von Böhnhardt ab zu Dienelt, über dem sich ein Bild befindet, auf dem André Kapke und Thorsten Heise zu sehen sind, wo die Abg. König (LINKE) den Zeugen fragt, ob er sich erinnert, dieses an dem Morgen des 5.11. bereits gesehen zu haben. Dies bejaht Herr Rind., aber unter einem anderen Ansatz, denn es wurde vermutet, dass rechts neben Kapke Uwe Böhnhardt sei. Thorsten Heise müsste auf dem Bild ziemlich weit rechts gestanden haben. Auf einem Gesamtbild der Mindmap verortet der Zeuge Heise neben einem Bild von Wohlleben an der rechten Seite, wo es um mögliche Kontakte von Gerlach ging. Er ist sich allerdings unsicher, ob Heise wirklich auf der Flipchart stand. Auf die Frage hin, ob es eine Erklärung zu Kapke, Heise und Wohlleben gab: nein, es gab keine Erklärung, sie wurden ihm als Kontaktpersonen von Gerlach benannt – am 5.11.

Die Abg. Pelke (SPD) fragt, ob am Vormittag der Besprechung die Verbindung nach Zwickau durch eine bundesweite Abfrage zustande kam. Der Zeuge bestätigt, dass die Verbindung zu der in Sachsen anhängigen Raubüberfallserie hergestellt wurde. Diese wurden von der Polizeidirektion Südwestsachsen bearbeitet und es bestand eine Verbindung zwischen dem zuständigen Bearbeiter in der Polizeidirektion Gotha zu dem Polizeidirektor Südwestsachsen. Zudem waren für ihn die Information und Zusammenhänge zu dem Sprengstoffdelikt der drei Personen im Jahr 1998, auf die Herr Menzel verwies, vollkommen neu. Weder der Sachverhalt noch die drei Personen waren ihnen vorher bekannt gewesen. So hatten sie teilweise auch die Namen der Personen falsch geschrieben, bspw. „Zschäpe“ mit „Tsch“. Er und seine Kollegen waren am 5.11. den ganzen Tag in der Polizeidirektion Gotha. Der Zeuge empfand die Dauer vom Zeitpunkt des Brandausbruchs bis zum Herstellen der Verbindung als lang und spät, da dies fast 24 Stunden brauchte. Die Frage, ob dies mit ein Grund für die Entscheidung war, die Delegation aufzuteilen, bejaht Herr Rind.. Als sich herauskristallisierte, dass wirklich Mundlos und Böhnhardt in dem Fahrzeug waren und das Trio wirklich in der Wohnung gelebt hatte, war ihnen klar sie müssen nach Zwickau fahren – in Abstimmung mit ihrem SoKo-Leiter. Es gab auch ständig telefonischen Kontakt und Rückkopplungen nach Gotha. In Gotha und Zwickau wurden weiterhin Protokolle gefertigt, die alle nach Stuttgart gegeben und dort zusammengeführt und zu wurden. Man stand im regen Austausch.

Den Abg. Henke (AfD) interessiert wer noch außer Herrn Rind. mit in Zwickau war. Der Zeuge führt auf, dass am 6.11. die Kollegin Hemm. und am 8.11. der Kollege Schö. nach Zwickau kamen und er selbst am 7.11. zuletzt dort gewesen sei und dann wieder nach Stuttgart gefahren sei. Auf Nachfrage, was seine Aufgaben dort gewesen waren, antwortet Herr Rind., dass es im Endeffekt der gleiche Auftrag wie in Thüringen gewesen sei: als Verbindungsbeamte die Erkenntnisse vor Ort zu sammeln und mit ihren abzugleichen. Dabei wurden kriminalistische Beweismittel sichergestellt, besonders durch die Tatortgruppe, aber in einem überschaubaren Rahmen. So sei ein Reiseausweis von Burkhardt bei ihnen untersucht wurden, genauso wie im späteren Verlauf das Wohnmobil. Es seien nicht „arg viel“ Gegenstände aus Gotha zu ihnen gekommen. Noch einige Waffen kamen ins örtliche BKA – alles andere sei vor Ort untersucht wurden.

Die Abg. Henfling (GRÜNE) möchte wissen, ob Herr Menzel den Modus Operandi bei den Raubüberfällen dem Zeugen gegenüber näher beschrieben hat. Ihm wurde mitgeteilt, dass es sich um zwei Täter handele – einer davon Linkshänder – und dass die Flucht auf Fahrrädern ablief sowie dass in der Vergangenheit auch gegen Angestellt eingesetzt wurde – aber nicht immer. Des Weiteren gab es auch Hinweise auf ein Wohnmobil als Fluchtfahrzeug. Ein Gespräch zu der Flucht nach dem Banküberfall in Eisenach gab es nur oberflächlich, da es nicht das Thema der Baden-Württemberger war und ihr Fokus auf anderem lag. Auf Nachfrage führt der Zeuge an, dass er in der Nacht zum 5.11. mit der Kollegin Hemm. nach Gotha gefahren sei und die Kollegen Tief. und Rieg. sind am nächsten Morgen nachgekommen. Da die Witterungsverhältnisse nicht so klar waren, schien es ihnen wichtig, bereits nachts ein Team loszuschicken, damit bei der Besprechung wenigstens ein Team dabei sein kann. Der Zeuge Rind. sei ein paar Tager später in den Urlaub gefahren und könne deshalb nur mittels der Protokolle sagen, dass die Kollegen Nordg. und Hald. nachkamen, da in einer nachmittägigen Besprechung festgelegt worden sei, dass die Tatortgruppe separat fahren sollte. Die Abg. Henfling (GRÜNE) fragt, ob der Kollege [LKA-Zielfahdner] Wunderlich Gründe für das Einstellen der Fahndung nach dem Trio im Jahr 2002 genannt hat. Er erklärt, dass der Kollege sagte, dass das Trio unter dem Schutz des Verfassungsschutzes stehe. Auf Nachfrage, ob er sich sicher ist, dass in diesem Zusammenhang die Begrifflichkeit „Operation Drilling“ bzw. „Raubüberfälle“ und „Drilling“ gemeinsam benannt wurden seien, erwidert er, dass er definitiv sagen kann, dass der Begriff „Drilling“ am 5.11. genannt wurden sei. Aus seiner Erinnerung kann er aber nicht mehr sagen in welchen Zusammenhang das war. Sicher ist, dass die Begriffe „Drilling“ und „Trio“ aufkamen. Und aufgrund seiner Protokolle in Stuttgart kann er auch sicher sagen, dass dort die Begrifflichkeiten „Raubüberfallserie“, „Drilling“ auftauchten – was auf keinen Fall eine Erfindung von ihnen war. Aber er kann nicht mehr sagen, ob das im Zusammenhang mit „Operation Drilling“ war. Die Abg. Henfling (GRÜNE) fragt, inwiefern er die Begriffe „Trio“ und „Drilling“ als zwei unterschiedliche Vorgänge wahrgenommen hat und als nicht synonym. Diese seien Arbeitsbezeichnungen für Verfahrenskomplexe gewesen, wie es häufig bei der Polizei gemacht wird. Diese lehnen sich an objektive Daten an, ohne zwingend einen Rückschluss auf die tatsächlichen Personalien zu geben. So sei „Drilling“ oder „Trio“ einfach ein Arbeitsname für drei Personen. Das heißt nicht, dass es unterschiedliche Operationen sind, vielmehr unterschiedliche Arbeitsprozesse: der eine nennt sich „Trio“ und der andere „Drilling“. Diese Begrifflichkeit habe sich im Laufe des Tages entwickelt. Die Abg. Henfling (GRÜNE) will wissen, wie auf die Aussage von Herrn Wunderlich reagiert wurde, ob es da Diskussionen gab und darüber gesprochen wurde. Ja, darüber wurde gesprochen, Herr Wunderlich habe es nicht unkommentiert in den Raum geworfen, sondern habe kurz erklärt, dass er einen Hinweis erhalten habe, wo sich das Trio aufhalten könnte und er habe geplant sie festzunehmen, aber habe dann von seinem Chef den Auftrag erhalten diese Aktion abzubrechen. Wunderlich habe dies in Verbindung gebracht mit dem Abbruch der Zielfahndung in 2002.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) möchte wissen, ob es eine Reaktion seitens der anderen Teilnehmer am 5.11. bezüglich dieser Aussage gab. Es habe eine kurze Diskussion über das Wie und Warum gegeben, so der Zeuge, aber sonst ist die Erläuterung lediglich zur Kenntnis genommen worden. Im Führungsstab setzten sich nicht Kollegen zusammen und entwickelten gemeinsam einen Plan, wie in einer Arbeitsbesprechung, sondern hier ergaben sich Aufträge, die der Polizeiführer entschied und an die Ermittlungsmannschaft, die nicht im Einsatzraum waren, vergab. Es kam auch nie jemand in den Raum und berichtete über Ermittlungsergebnisse, sondern es lief alles automatisiert. Aufträge wurden von Herrn Menzel entwickelt und an die Ermittlungsteams draußen elektronisch übermittelt. Es bestand keine Diskussionssituation, wo Angaben diskutiert wurden wären. Aus ihrer Sicht war der Ablauf sehr professionell. Es sind bestimmt Diskussionen gelaufen, aber nicht im Führungsstab. Auf Nachfrage, ob er sich sicher sei, dass das Wohnmobil auch bei den anderen Banküberfällen eine Rolle gespielt hat, antwortet der Zeuge, dass es nicht zwingend überall dabei gewesen sein muss. Es war ein Kriterium, das im Raum stand. Für ihn war nicht relevant, wie oft das Wohnmobil auftauchte, weswegen er auch nicht nachfragte. Sie hatten auch einen Ansatz wegen einer Zeugenaussage, wo ein älteres Wohnmobil einen Tag vor der Tat in Heilbronn auf der Theresienwiese gesehen worden war. Sie wollten diese Spur und den Hinweis nochmal genauer anschauen. Das war eher ihr Ansatz als die Banküberfälle. Er kann aber nicht genau sagen, ob das Wohnmobil nur mit Arnstadt oder auch mit anderen Banküberfällen in Verbindung gebracht wurden war.

Der Abg. Kellner (CDU) erkundigt sich, ob die Verbindung nach Zwickau deswegen zustande kam, weil es die Zeugenaussage gab, nach der ein Wohnmobil ein paar Tage vor dem Wohnungsbrand in Zwickau gesehen wurden ist. Der Zeuge Rind.: „Ja, genau, mit dem Vogtländer Kennzeichen, was ein Zeuge aussagte“. Der Abg. Kellner (CDU) merkt an, dass das Herstellen dieser Verbindung in so kurzer Zeit verwunderlich sei. Ja, es sei ein aufmerksamer Zeuge mit durchaus „kriminalistischen Weitblick“ gewesen. Manchmal gäbe es solche Zeugen, aber mit Sicherheit sei es nicht die Regel. Er hatte auch nicht den Eindruck, dass mehr Informationen eine Rolle gespielt haben, er selbst kenne den Zeugen auch nicht und habe ihn auch nicht in den Unterlagen. Das Ganze hatte dann das BKA übernommen bzw. der Einsatzabschnitt Thüringen bzw. Sachsen. Er habe keine Unterlagen mitgenommen und auch nicht die Ursprungsaussage gelesen. Zu diesem Zeitpunkt waren sie in Gotha und haben „diese Information einfach so hingenommen“. Im Protokoll ist auch von einem Wohnungsbrand in Zwickau zu lesen und die Ergänzung, dass Näheres noch nicht bekannt sei – das war seine Meldung nach Stuttgart. Erst im Laufe der Zeit kamen mehr Informationen dazu. Zu Beginn war die Aussage des Zeugen nur eine Informationsmeldung. Dann hat man Kontakt zu Sachsen aufgenommen und die Hintergründe erfragt. Danach kamen weitere Aussagen dazu, so auch, dass eine Frau gesehen wurde, die Katzen abgegeben hat. Und auch Lichtbildvorlagen wurden gemacht. Bei ihnen wurde einmal der Einsatzabschnitt Thüringen und einmal Sachsen gebildet, der jeweils mit zwei Beamten besetzt wurde. Nachdem das BKA die Ermittlungen übernommen hatte, wurde dieser Abschnitt aufgegeben. Im Nachgang gab es in dieser Konstellation keine weiteren Treffen.

Auf die Frage des Abg. Dittes (LINKE), ob er Herrn Wunderlich vorher kannte, antwortet der Zeuge Rind. mit „Nein“. Er wurde ihnen von Menzel vorgestellt als Zielfahnder des LKA Thüringen, das damals in Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag die Zielfahndung durchgeführt habe. Herr Wunderlich habe in diesem Zusammenhang grundsätzliche Angaben gemacht. So auch, dass das Trio aus der rechtsextremistischen Szene in Jena stammt und dass es einen versuchten Sprengstoffanschlag gab und bei ihnen gefunden wurde. Und auch, dass sie untergetaucht sind und dass Frau Zschäpe ein enges Verhältnis zur Großmutter hatte. Deshalb bekam Herr Wunderlich auch den Auftrag die Großmutter zu kontaktieren, ob sich die Frau Zschäpe dort gemeldet habe. Eine weitere Information war, dass Frau Zschäpe eine markante Narbe im Gesicht habe. Es sei vollkommen normal, dass man nach vierjährigen Ermittlungen so etwas über ein Personenumfeld mitteilen könne. Der Abg. Dittes (LINKE) fragt nach dem Eindruck des Zeugen dazu, ob die Informationen über die Identität der Toten im Wohnmobil erst kurz vorher gekommen sei oder bereits länger bestand. Er führt an, dass es für ihn und seine Kollegen eindeutig erkennbar war, dass Mundlos bereits identifiziert wurde und auch dass vor ihrem Eintreffen die Existenz des untergetauchten Trios bekannt war – „es war auf jeden Fall schon aufgearbeitet“. Die Personalien der mutmaßlich Untergetauchten von 1998 waren bekannt. Und auch das Fahndungsplakat, „was nicht bei jedem in der Schublade liegt“, war bereits im Besprechungsraum aufgehängt. Somit wurde es mit Sicherheit nicht erst eine halbe Stunde davor bekannt gewesen sein. Der Abg. Dittes (LINKE) möchte wissen, ob der Zeuge am Samstagmorgen während der Besprechung mitbekommen hat, inwieweit die Durchsuchungsmethode des Wohnmobils erörtert wurde und gezielte Aufträge vergeben wurden, z.B. nach Propagandamaterial zu suchen. Der Zeuge Rind. hat nichts mitbekommen. Es waren nur die Fakten da, dass das Wohnmobil abtransportiert wurde. Er wisse auch nicht einmal wohin genau. Der Kollege Nordg. hatte den Auftrag, das näher zu untersuchen und ging „sehr akribisch vor“. Im Nachgang habe er eine Aussage von dem Kollegen Nordg. mitbekommen, dass der Abtransport des Wohnmobils unschädlich gewesen sei, weil wohl bereits die Feuerwehr Spuren vernichtet habe. So sei eine Entscheidung entstanden, die mitgetragen werden könne. Mehr könne er dazu nicht sagen, da es auch nicht sein Metier sei. Der Abg. Dittes (LINKE) schließt auf eine sehr enge und gründliche Durchsuchung des Wohnmobils, da ja Bahncard und Reisepässe gefunden wurden und fragt den Zeugen, ob er wisse, welche anderen Gegenstände an diesem Tag im Wohnmobil aufgefunden wurden. Dieser erwidert, dass es eine Vielzahl an Gegenständen war. Es ging im 10 bis 15 Minuten-Takt, dass weitere Waffen und Ausweisdokumente aufgefunden wurden – aber auch eine Penny-Tüte mit einem hohen Bargeldbetrag mit der Banderole aus Arnstadt drum herum. Seines Wissen wurde ebenfalls eine Handgranate aufgefunden, und auch Kinderschuhe in Größe 33. Manche Sachen blieben ihm so im Kopf, wie auch die „Trugspur“, das Wohnmobil als Familienkutsche „auszustatten“ und so kamen immer wieder die Informationen herein. An einen Rucksack könne er sich nicht erinnern, aber ein Laptop sei dabei gewesen. Auch an aufgefundene Briefumschläge und DVDs könne er sich nicht erinnern.

Die Abg. König (LINKE) führt an, dass es einen Eintrag in den Damoko-Akten über eine Einsatzbesprechung am 6.11. in Zwickau gibt, wo der Zeuge Rind. und seine Kollegin Hemm. teilnahmen und er einen Lagebericht über SoKo Capron um 13:51 Uhr bei der Ermittlungsgruppe Frühling in Sachsen hält. Auf die Frage, ob dies in Absprache mit Thüringen war und was sein Auftrag war und was er inhaltlich erzählte, antwortet der Zeuge, dass er sich nicht daran erinnern kann. Aber es war mit Sicherheit nicht in Abstimmung mit der PD Gotha, sondern aus seiner Sicht ein normaler Vorgang, dass die Ermittlungsgruppe vor Ort, die sich um den Brandausbruch und die Wohnung kümmert, über neue Erkenntnisse zu informieren. Die Protokolle sind auch nach Zwickau übersandt wurden. Außerdem wird der aktuelle Sachstand über polizeilichen Meldeweg übermittelt. Dieser sei allerdings nicht so ausführlich, wie wenn es persönlich dargelegt wird. Des Weiteren seien von ihm keine Interna weitergegeben wurden. Aber es ist nicht in Absprache mit Gotha geschehen und habe nur seinen Kenntnisstand berichtet.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) will wissen, inwiefern der Zeuge in diesem Zusammenhang auch von Herrn Wunderlich erzählt hatte. Der Zeuge weiß es nicht mehr, er kann sich das auch nicht vorstellen, da es für die Frühlingsstraße nicht wesentlich gewesen sei.

Die Frage des Abg. Henke (AfD) an den Zeugen, ob er einmal vor Ort beim Herr Tautz, in Stregda in der Halle, gewesen sei, verneint dieser.

Die Abg. König (LINKE) kommt nochmals auf die Bilder zu sprechen und fragt, ob der Zeuge sich erinnere, ob der Name Rachhausen gefallen sei. Er sagt aus, dass dieser Name ihm vollkommen neu sei. Auf die Frage hin, ob er wisse, ob Informationen über die Vernehmung von Holger Gerlach durch Thüringer Beamten am 5.11. in Niedersachsen an die SoKo Capron gegangen seien, antwortet er: „Definitiv“. Die komplette Vernehmung sei via Fax übersandt wurden, die er auch nach Stuttgart weiterleitete. Er wisse aber nicht, wie lange das ging. Er könne sich aber noch an Aussagen wie, „mir ist mein Reisepass abhandengekommen“ erinnern. Oder auch, dass Gerlach meinte, er habe sich vor 2, 3 Monaten das letzte Mal mit dem Trio getroffen und dass er auch in der Vergangenheit mal etwas für sie erledigt habe. Mehr sei dem Zeugen aber nicht bekannt. Die Abg. König (LINKE) möchte wissen, ob es sein kann, dass Gerlach in seiner Vernehmung die Namen Heise, Kapke und Gerlach genannt hatte. Daraufhin Herr Rind.: „das kann sein“. Er könne aber nicht sagen, ob die Namen vor- oder nachmittags aufgeschrieben worden waren. Er könne sich nur erinnern, dass diese Namen im Zusammenhang mit den Kontaktpersonen von Gerlach da standen und dieser könne auch die Quelle selber gewesen sein. Die letzte Frage, ob seine Kollegin Hemm. an der ersten Befragung der Beate Zschäpe am 8.11. dabei gewesen sei, bejaht der Zeuge.

Die Befragung des Zeugen Alexander Rind. wird um 11.41 Uhr vorerst abgeschlossen.

11:45 Uhr Zweite Zeugin: Frau KHK`in Tamara Hemm.

UA61-ZeugenschildDie Zeugin Hemm. ist zusammen mit dem Kollegen Rind. in der Nacht vom 4. auf den 5.11. von Stuttgart nach Gotha gefahren, nachdem sie die Nachricht erhalten habe, dass dort die Waffe der Michèle Kiesewetter im Wohnmobil gefunden wurde – weil sie am nächsten Morgen an der Besprechung teilnehmen sollten. Zu dieser sind noch weitere angereiste Kollegen hinzugekommen. Gegen 10 Uhr begann die Besprechung, die von Menzel geleitet wurde, der eine Lagedarstellung abgab. Sie waren dort anwesend als Verbindungsbeamte für die SoKo Parkplatz, die sich mit dem Polizistenmord an Kiesewetter und dem versuchten Polizistenmord an Arnold beschäftigte. Ihre Aufgabe war es, die Erkenntnisse zu Gotha und auch Eisenach mit Stuttgart abzugleichen und weiterzuleiten. Sie persönlich ist am Abend des 5.11. nach Zwickau abgereist.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) führt aus, dass ihr Kollege Rind. bereits am Morgen des 5.11. Informationen zu Mundlos und weiteren möglichen Kontaktpersonen und Beteiligten erhielt und bittet die Zeugin Hemm., dies aus ihrer Sicht zu erläutern. Die Zeugin gibt an, dass Mundlos anhand von Fingerabdrücken bereits identifiziert worden war, als sie in die Besprechung kamen. Am Whiteboard hing ein altes Fahndungsplakat vom Trio. Ihrer Erinnerung nach gab es vergrößerte Fotos zu den drei Personen, unter denen die Namen und zugehörigen Funde aus dem Wohnmobil, wie Bahncards, Reisepässe usw., aufgelistet waren, die im Laufe der Zeit ergänzt wurden. Auch Personalien wie Burkhardt und Gerlach wurden hinzugefügt. Es gab einen Zwischenstand, da nicht ganz sicher war, wer diese Personalien benutzt hatte. Uwe Böhnhardt war zu diesem Zeitpunkt noch nicht identifiziert worden, aber es gab die Vermutung, dass der zweite Tote Böhnhardt sei. Dieser wurde dann erst am 7.11. morgens identifiziert. Auf Rückfrage erläutert die Zeugin, dass vom Fahndungsplakat vergrößerte Fotos im Raum hingen, herauskopiert, vergrößert und noch einmal ausgedruckt. Die Alias-Namen kamen dann noch zu der jeweiligen Person dazu. Herr Menzel berichtete über die beiden und darüber, dass es einen Banküberfall in Arnstadt und in der Folge in Eisenach, wobei er die letzte Tat beschrieb. Hierbei sei es zum Suizid der beiden Personen gekommen, die von 1998 bis 2002 gesucht wurden, weil sie eine Rohrbombe gebaut haben und abgetaucht sind. Bis Vormittags war der Zielfahnder Herr Wunderlich da, der den Fokus auf das Fahndungsplakat legte, weil er an dem Trio damals „dran war“, aber ihn kurz vorm Zugriff abgezogen habe. Der Erinnerung der Zeugin nach, sagte er, dass er an den drei dran gewesen war und man ihn dann abgezogen habe. Der Grund wäre gewesen, dass die drei vom Verfassungsschutz gedeckt worden seien, so stehe es auch in ihren Protokollen. Ihr sei keine Reaktion von Menzel auf diese Aussage in Erinnerung geblieben. Die Vors. Abg. Marx (SPD) erkundigt sich, ob Menzel den Bankraub in Arnstadt näher erläutert hat, worauf die Zeugin anführt, dass die Tat in Arnstadt bereits ausgewertet wurde und man feststellte, dass sich die Täter oft für einige Zeit im nahen Umfeld der Bank versteckt hielten. Somit kam man auf das Wohnmobil, zu dem es auch Zeugenaussagen gab, die in Eisenach zwei Menschen mit Fahrräder wegfahren sehen haben zu einem Obi-Parkplatz, wo ein Wohnmobil wegfuhr – was dann schließlich in Stregda brannte.

Es wurde auch erzählt, welche Waffen dort gefunden wurden. Am Nachmittag des 4.11. erfuhren sie, dass die Waffe der Kiesewetter gefunden worden sei und nachts die Waffe von Martin Arnold, so erinnere sie sich. Aus ihrer Sicht wurde die komplette Lage zum Banküberfall und zu den aufgefundenen Waffen geschildert. Das Wohnmobil wurde in eine Halle gebracht, wo auch zwei Kollegen von ihnen waren, ein Wissenschaftler und einer der Kriminaltechnik, die halfen die Spuren zu sichern. Das war das Erste an dem Morgen an Informationen. Die Vors. Abg. Marx (SPD) erklärt, dass nach ihren Unterlagen und Aussagen anderer die Waffe der Frau Kiesewetter erst am Abend des 4.11. identifiziert worden ist und als Erstes die Waffe von Herrn Arnold. Die Zeugin gibt an, dass sie es genau andersherum in Erinnerung habe. Auf die Frage, ob es möglicherweise so gewesen sei, dass mitgeteilt wurde, dass eine Waffe gefunden wurde, die im Zusammenhang mit der Tötung der Frau Kiesewetter zur Fahndung ausgeschrieben wurde, antwortet die Zeugin, dass alle Waffen mit Individualnummern zur Sachfahndung ausgeschrieben waren. Es müsste explizit in ihrem Protokoll drinstehen, sie meine, dass die Waffe von Kiesewetter zuerst aufgefunden wurde, aber vielleicht wurde wirklich geschrieben „im Rahmen der Sachfahndung…“. Sie habe in Gotha keine Asservate gesehen und keine identifiziert oder mit nach Baden-Württemberg genommen – wenn, dann habe diese der Kollege Nordg., der Kriminaltechniker gesehen.

Der Abg. Kellner (CDU) möchte wissen, ob die Zeugin sich noch erinnert, in welchen Zusammenhang der Wohnungsbrand in Zwickau und die beiden Toten im Wohnmobil in Stregda gebracht wurden. Ihrer Meinung nach hat es zu dem Wohnungsbrand in Zwickau eine Zeugenaussage gegeben, wo ein Anwohner sagte, dass dort bereits des Öfteren ein Wohnmobil mit dem Kennzeichen „V“ für Vogtland gestanden habe. Dieser Zeuge habe sich aufgrund der Presseberichtserstattung über den Bankraub in Eisenach, wo das Wohnmobil aufgetaucht ist, gemeldet. Sie wisse nicht genau zu welchen Zeitpunkt, aber es gab den Alias-Namen Dienelt und in der Folge wurde ermittelt, dass die Wohnung in Zwickau an eine Person namens Dienelt vermietet wurde. Das sei für sie der Zusammenhang. Es hieß, ein Anwohner hätte sich in Zwickau gemeldet und diese Information gegeben. Wenn der Name des Zeugen genannt worden wäre, dann wisse sie ihn zumindest heute nicht mehr.

Die Abg. König (LINKE) möchte wissen, ab wann Herr Wunderlich vor Ort war. Der Erinnerung der Zeugin zu folge noch nicht um 10 oder kurz vor 10Uhr da, als die Besprechung begann, sondern er sei etwas später dazu gekommen. Sie weiß allerdings nicht mehr wie viel später er dazu kam, aber spätestens gegen 11/12Uhr, denn sie habe es so in Erinnerung, dass er hereinkam und auf das Fahndungsplakat an der Wand schaute und meinte: „Die kenne ich. An denen war ich mal dran als Zielfahnder“ und kurz bevor er sie gehabt habe, sei er abgezogen worden. Die Zeit ist schwer einzuschätzen für die Zeugin, da die Ereignisse sich überschlagen haben. Die Frage, ob der Herr Wunderlich im Zusammenhang mit seinem Abzug einen Namen genannt hat, verneint Frau Hemm.. Die Abg. König (LINKE) fragt, inwiefern der Name Norbert Wießner eine Rolle im Laufe des Tages gespielt habe. Die Zeugin kann sich nicht erinnern. Sie habe auch nicht mitbekommen, dass Kontakt zum Verfassungsschutz aufgenommen worden sei. Während sie sich im Raum befand, habe sie niemanden sagen hören, der Verfassungsschutz würde angerufen werden. Auf Nachfrage erklärt die Zeugin, dass sie bis 18/19 Uhr im Einsatzraum war und alle immer mal wieder zwischendurch den Raum verlassen haben um bspw. etwas zu trinken. Herr Wunderlich wurde beauftragt, nach Jena zu der Großmutter von Zschäpe zu fahren, weil er die Personen kannte. Somit war er längere Zeit weg, aber Herr Menzel war die ganze Zeit da. Der Zeugin wird erklärt, dass ein gemeinsames Gespräch von Menzel und Wunderlich mit Herrn Wießner vom Verfassungsschutz am 5.11. stattfand und bereits eine Rolle im Untersuchungsausschuss gespielt habe und nun interessiert, wann genau dieses Telefonat am 5.11. stattgefunden haben könnte. Die Zeugin Hemm. schildert, dass sich normalerweise alle in dem Raum befanden, es aber einige Leute gab, die zum Rauchen den Raum verließen. Es seien sehr viele Namen gefallen, die mal bei Mundlos und mal bei Böhnhardt in Frage kamen. Dann gab es noch viele Fotos und der Herr Mundlos und der Herr Böhnhardt waren sich relativ ähnlich. „Es war eine Masse an Eindrücken“. Für sie als Nichtraucherin haben gefühlt die Raucher eine Zigarette geraucht und sind wieder nach oben gegangen und in dieser Zeit kann auch jemand telefonieren. Und mit Runter- und Raufgehen seien es vielleicht 10 bis 15 Minuten, in denen auch telefoniert hätte werden können. Für sie ist nicht erinnerlich, dass sie jemals in den Raum kam und Herr Menzel sei nicht da gewesen, er sei immer präsent gewesen. Die Abg. König (LINKE) möchte wissen, ob die Zeugin sich an die Namen Heise, Wohlleben und Kapke erinnern kann. „Ja“, sie meine diese standen auf der Wand, sie könne aber nicht sagen, in welchem Zusammenhang oder zu welchem Zeitpunkt diese angeschrieben wurden. Die Abg. König (LINKE) führt an, dass der Thüringer Untersuchungsausschuss Akten aus Baden-Württemberg angefordert habe, diese ihnen aber verweigert wurden, was bedeute, dass dem Untersuchungsausschuss die von der Zeugin benannten Akten nicht vorliegen. Auf Nachfrage erläutert die Zeugin Hemm., dass diese Protokolle aus ihren Notizen, die während der Besprechung entstanden seien, bestehen. Diese hätten sie in regelmäßigen Abständen an die SoKo Parkplatz geschickt, damit die Namen und Adressen abglichen werden konnten. Ihrer Meinung nach könnten diese ohne Probleme angefordert werden. Diese heißen bei ihnen „Protokolle zur SoKo Capron“ ab 5.11. und sind unterschrieben von der Frau Rieg., Herrn Tief. und der Zeugin. Sie beginnen am 5.11. und beinhalten wann die Besprechung anfing und was im Wohnmobil gefunden wurde usw. Die Abg. König (LINKE) legt dar, dass die Zeugin gemeinsam mit Herrn Peuts. am 8.11. Frau Zschäpe vernimmt, aber Zschäpe die Aussage wegen fehlendem Anwalt verweigert. Nun möchte sie wissen, warum die Zeugin Hemm. an der Vernehmung beteiligt war. Sie führt an, dass sie am 4.11. von ihrem Abteilungsleiter über den Waffenfund informiert worden sei, worauf sie als Verbindungsbeamtin nach Gotha geschickt worden sei – wie auch die Kollegen Rieg., Tief. und Rind.. Weitere Kollegen sind noch zur Polizeidirektion Gotha nachgefordert wurden. Der Kollege Rind. und sie wurden dann in der Nacht vom 5.11. auf den 6.11. nach Zwickau verlegt, da der Zusammenhang zwischen Wohnungsbrand und dem Trio bestand. Sie hielt sich noch längere Zeit in Zwickau auf, auch am 8.11., als sich die Frau Zschäpe gestellt hat. Sie wurden von ihrem Abteilungsleiter bzw. dem SoKo-Leiter Herr Mög. in Stuttgart nach Zwickau geschickt – aber nicht von Thüringen. Weisungsgebend war ihr Abteilungsleiter der SoKo-Parkplatz. Auf die Frage, ob die Zeugin im Nachgang in Thüringen an Ermittlungen rund um den Mord an Kiesewetter beteiligt war, antwortet diese nach längerem Nachdenken, dass sie mehrere Vernehmungen durchgeführt habe, von denen die Mehrzahl vor dem 4.11. stattfand. Sie kann sich nicht so gut erinnern. Sie sei aber im Umkreis von Oberweißbach gewesen und auch nach dem 11.11. zu Vernehmungen in Thüringen. Sie konnte eben die Orte in Thüringen und Sachsen nicht auseinander halten, das sei gerade ihr Problem, aber sie war definitiv um Oberweißbach gewesen nach dem 11.11.

Der Abg. Henke (AfD) fragt nach, ob die Zeugin die Aussage von Herrn Rind. über das Eintreffen von Asservaten während der Besprechungszeit, wie den Beutel mit Bargeld und der Banderole von Arnstadt, bestätigen könne. Die Zeugin schildert, dass im Wohnmobil eine Plastiktüte mit Geld drin gefunden worden sei, welches aus dem Banküberfall von Arnstadt stamme. Als Grund dafür, dass sie nach Zwickau versetzt wurde, gibt sie an, dass sie bereits in Gotha gewesen ist und es der kürzeste Weg war. Es ging schneller als ihre Kollegen aus Baden-Württemberg hinfahren zu lassen.

Die Abg. Henfling (GRÜNE) möchte wissen, welche Kollegen außer Tief. und Rind. noch anwesend bei der Besprechung waren. Es seien Frau Rieg., Herr Nordg. und der Brandsachverständiger vom LKA Baden-Württemberg Herr Hald.. Der Herr Kind. und andere kamen später dazu.

Der Abg. Kellner (CDU) führt an, dass es relativ schnell gegangen sei, die Verbindung von dem Wohnungsbrand in Zwickau zum Wohnmobilbrand in Eisenach zu ziehen. Die Zeugin kann allerdings nichts dazu sagen und empfiehlt, die Kollegen aus Gotha und Zwickau zu fragen. Denn ihrer Meinung nach war diese Verbindung bereits am Morgen des 5.11. bekannt. Die Information sei von einem Anwohner gekommen, der sich gemeldet hatte, weil er ein Wohnmobil gesehen hatte. Das mit dem Wohnmobil sei ja überall durch die Presse gegangen. Aber in Zwickau schien es kein Thema gewesen zu sein, aus welchen Gründen sie es zu welcher Uhrzeit nach Gotha gemeldet haben.

Die Abg. König (LINKE) fragt, ob die Zeugin Hemm. sich erinnere, ob am 5.11. der Begriff „Operation Drilling“ genannt wurde, durch Menzel oder jemand anderen. Die Zeugin überlegt und gibt an, dass der Begriff „Drilling“ ihr bekannt vorkomme. Sie könne aber nicht sagen von wem und woher. Sie habe aber nur den Begriff „Drilling“ gehört. Daran, wann die DVDs, das Bekennervideo, gefunden worden sei, kann sich die Zeugin nicht erinnern. Die Abg. König (LINKE) verließt ein Teil der Aussage von Axel Mög. aus der 19. Sitzung des Untersuchungsausschusses Baden-Württemberg, wo er erläutert, dass im Zuge der Ermittlungen vom 4. bis zum 11.11. die Dokumentation zu den gesamten Morden der Ceska-Serie gefunden wurde und dass dies der erste Hinweis für eine Verbindung gewesen sei. Des Weiteren sagte er aus, dass man vor dem 11.11. das Bekennervideo einer bisher unbekannten Terrororganisation gefunden habe. Die Zeugin Hemm. gibt an, dass das Bekennervideo in Zwickau noch keine Rolle gespielt hat, zumindest nicht so, dass sie das erfahren habe. Vielleicht war es vorher in Führungskreisen bekannt gewesen. Denn sie habe es erst in Stuttgart gesehen. Danach gefragt, was Herr Rind. in einer Einsatzbesprechung am 6.11. um 9.40 Uhr in Zwickau in seinem Lagebericht über die SoKo Capron berichtete, antwortet Frau Hemm., dass sie sich nicht mehr erinnern könne. Sie vermutet, er berichtete darüber, was sie bis dato wussten.

Die Vernehmung der Zeugin Frau KHK`in Tamara Hemm. wird um 12.22 Uhr abgeschlossen.

Mittagspause

13:05 Uhr Dritte Zeugin: Frau KHK`in Sabine Rieg.

ua-202Die Zeugin wurde am 4.11. von ihrem Vorgesetzten angerufen, weil die Waffe der Michèle Kiesewetter in Thüringen aufgefunden wurde und wurde gefragt, ob sie am 05.11. um 10 Uhr in Gotha sein könne. Sie sei dann mit ihrem Kollegen Herrn Tief., der Hauptsachbearbeiter der SoKo Parkplatz, dorthin gefahren. Um 10 Uhr hat die Einsatzlagebesprechung begonnen, wo sie von Herrn Menzel eingewiesen wurde, der einen Raubüberfall vom 7.9.11 in Arnstadt schilderte. Er stellte dann einen Zusammenhang zum Raubüberfall am 04.11. her und berichtete von Eisenach-Stregda, wo Zeugen die flüchtenden Täter auf Fahrrädern und später dann ein Wohnmobil gesehen haben, welches später in einem Wohngebiet gesichtet wurde. Es hatte das Kennzeichen „V“ für Vogtland. Die Zeugin wusste damals nicht, wo das Vogtland liegt. Sie war verwundert, weil das Kennzeichen „V-MK“ hatte, wie „MK“ für „Michèle Kiesewetter“ – „das hat mich umgehauen“. Menzel berichtete weiter von zwei Schüssen im Wohnmobil, die von den Polizisten vor Ort wahrgenommen wurden. Dann brannte es und später wurden zwei Leichen im Wohnmobil gefunden. Dort wurde die Waffe der Kiesewetter gefunden, was wohl schon am Abend davor im Fahndungssystem abgeglichen werden konnte. Diese Waffe war ausgeschrieben von Heilbronn, weil diese Dienststelle als Erste den Polizistenmord bearbeitete und hier lief auch noch die Fahndung, deswegen hatte Herr Menzel auch am 4.11. in Heilbronn angerufen. Hierzu gibt es auch eine Eingangsmeldung, die beim Herrn Ritt. in Heilbronn auflief. Sie und ihre Baden-Württemberger Kollegen mussten erst einmal alle Informationen irgendwie aufschreiben und nach Stuttgart melden, weil sie ja die Täter vom Polizistenmord gesucht haben. Am Anfang stand der Raubüberfall im Fokus, weshalb sie dann gleich nach Heilbronn zurückfragten, ob es an dem Tag des Polizistenmordes auch einen Banküberfall gegeben habe. Sie haben Einsatzprotokolle geschrieben und ihre Aufgabe war es, jede Information, wie Personen, Kennzeichen, Telefonnummern und alles, was an dem Tag besprochen wurde, zu notieren, damit sie dies gleich mit ihren Datenbanken abgleichen können. Bis zum 4.11. hatten sie keine Idee mehr, wer die Täter des Mordfalls sein könnten. Im Oktober hatten sie die Hoffnung, dass irgendwann mal Gegenstände von dieser Tat aufgefunden werden, weil sie zweieinhalb Jahre im Dunkeln ermittelten. „Wir waren elektrisiert“, weil es jetzt tatsächlich die Meldung gibt, auf die sie jahrelang gewartet haben und möglicherweise würde ihr Fall endlich geklärt. Sie hatten am 5.11. noch nicht die Möglichkeit, die Protokolle in den Computer „reinzuhacken“, deshalb haben sie erst Notizen gemacht, die sie später in den Laptop „reingehackt“ haben. Dieses Einsatzprotokoll vom 5.11. hatte ca. 20 Seiten, wozu es später noch Fortschreibungen gab, weil im Laufe des Tages sukzessive Unterlagen mit vielen Informationen kamen. Denn im Wohnmobil wurde ständig etwas Neues gefunden; zum Beispiel sieben Waffen. Wichtige Informationen hat die Zeugin telefonisch nach Stuttgart mitgeteilt und dann auch per Fax, damit die Kollegen den Datenabgleich vornehmen konnten. So zum Beispiel das „V-MK“-Kennzeichen oder Personen, wie Holger Gerlach, wo überprüft wurde, ob diese irgendwie namentlich bei ihnen bereits aufgetaucht sein könnten. Ihr Eindruck war, dass es eine Art „Informationsexplosion“ war, denn es gab ständig neue Informationen über neue Lagen. So kam gegen Mittag eine Information über die Wohnungsexplosion, wo sie als Baden-Württemberger nicht sagen konnten, wo das herkam. Sie haben alles aufgeschrieben, damit sie es in Heilbronn beweiskräftig machen können.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) versichert sich, dass das Protokoll 20 Seiten enthält, in dem alles chronologisch aufgeschrieben wurde. Die Zeugin Rieg. bejaht dies und führt aus, dass sie darüber geschrieben habe: „vorläufiges Einsatzprotokoll“. Sie habe die Teilnehmer der Besprechung namentlich erfasst, so auch die Einsatzkräfte Gotha und auch ihre Beamten sowie den Herrn Wunderlich aus der Zielfahndung, der aber erst später dazukam. Sie habe es „Uhrzeit-mäßig“ aufgebaut. Alle Informationen, die nach Stuttgart gingen, wurden dort zeitgleich in einer Datenbank erfasst und abgeglichen, was chronologisch nachvollziehbar sei, und man konnte so auch Überschneidungen oder Informationen, die sie vor Ort nicht hatten, feststellen. So fügte sich alles zu einem Ganzen zusammen und man könne auch die Uhrzeit herauslesen. Aber was „leider“ nicht geht, ist herauszulesen, wer was gesagt hat. Dies war für sie in dem Moment damals auch nicht wichtig, sondern nur der Fakt, der zu überprüfen ist. Herr Wunderlich sei gegen 11 Uhr „oder so“ dazugekommen, also eine Stunde später, als die erste Lagebesprechung von Herrn Menzel bereits vorüber war. Herr Wunderlich berichtete von einem Zielfahndungsfall und dass er auch die Beate Zschäpe kenne. An einer Magnetwand im Besprechungsraum hing ein Fahndungsplakat, mit Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe in schwarz-weiß drauf. Sie vermutet, dass es um eine Fahndung zu einer Sprengstoffsache in Jena ging „oder so ähnlich“. Und Wunderlich sagte, er kenne die aus einem Zielfahndungsfall. Im Protokoll stehe auch, dass er sagte, er müsse zur Großmutter fahren, das sei auch ein Auftrag von Herrn Menzel. Dort könnte man auch vielleicht etwas über Kontaktpersonen herausbekommen. Am Anfang war es so, dass Mundlos bereits anhand von Fingerabdrücken identifiziert wurden ist und bei der zweiten Person hat man aufgrund des Fahndungsplakats gemutmaßt, dass es Böhnhardt sein könnte, weil die drei Personen 1998 wohl untergetaucht und auf der Flucht waren. Jeder einzelnen Person auf dem Plakat wurden die Alias-Namen zugeordnet. Bei einer Alias-Personale von der Frau Zschäpe stand „Trepke“ oder so drin. Aber genau weiß sie nicht, ob es am Anfang schon da stand oder erst im Laufe des Tages dazu kam. Das Bild vom Fahndungsplakat war an der Wand und immer wurden neue Namen und Informationen ergänzt. Die Vors. Abg. Marx (SPD) fragt, ob die Zeugin sich daran erinnert, dass Herr Wunderlich, wie auch ihre Kollegen erzählten, davon berichtete wie er den Dreien schon einmal auf der Spur war, aber dann abgezogen wurde. Sie erinnert sich, dass im Protokoll sinngemäß drin steht, dass man die Frau Zschäpe schnellstmöglich ausfindig macht und kriegt, weil die vom Verfassungsschutz abgedeckt worden sei. Die Hintergründe zu einer Observation sind ihr nicht erinnerlich, diese stehe auch nicht so im Protokoll drin. Es kann sein, dass ihre Kollegen sich anders erinnern. Im Protokoll steht nur der Satz, „dass man die Frau schnell kriegt“, weil sie abgedeckt wurde. Diese Information hat in der Runde kein Erstaunen oder Hinterfragen ausgelöst und ist auch nicht weiter thematisiert wurden. Herr Wunderlich habe nur gesagt, dass er jahrelang an denen dran war, aber sie nicht gekriegt hat. Sie hatte nicht den Eindruck, dass dies eine Information gewesen wäre, die alle in ein Raunen versetzt hätte. Sie konnten damit nichts anfangen. Sie wusste nur, dass diese Information nochmal wichtig werden könnte, deswegen habe sie es aufgeschrieben und so habe sie auch eine Person, die ihr auf Rückfragen weitere Auskünfte erteilen könne. Sie kann nicht sagen, ob hier nochmals nachgehakt worden ist, weil ab dem 11.11. das BKA zuständig war, wo auch die regionalen Einsatzabschnitte gegründet wurden. Und sie hatten ab dem 10.11. andere Aufgaben. Alles Spätere, was mit dem Verfassungsschutz abgeklärt worden sei, habe das BKA gemacht.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) möchte wissen, ob im Wohnmobil außer den Waffen noch weitere Asservate gefunden wurden. Die Zeugin weiß nur, dass sie am 5.11. um 10:40 Uhr nach Stuttgart gemeldet habe, dass nun auch die Waffe von Martin Arnold gefunden wurde. Sie habe weiterhin den Auftrag gehabt, nach Stuttgart zu melden, dass sie eine Liste bekommen über alle abhanden gekommenen Gegenstände mit Individualnummern, damit man bei der Suche im Wohnmobil diese sehen kann. Ihres Wissens nach seien keine weiteren Gegenstände im Wohnmobil gefunden wurden. Sie weiß auch nicht, ob im Wohnhaus in Zwickau noch Tatwaffen aus Heilbronn gefunden worden seien. Die zwei entwendeten Dienstwaffen sind definitiv am 5.11. in Kenntnis gewesen. Die Vors. Abg. Marx (SPD) erläutert, dass laut Unterlagen, die dem Untersuchungsausschuss vorliegen, die Waffe von Herrn Arnold als erste am Nachmittag des 4.11. identifiziert wurde und die Waffe von Frau Kiesewetter erst am späten Abend – nach 23 Uhr. Die Zeugin schüttelt mit dem Kopf, da diese Informationslage sich nicht mit ihrer deckt. Es kann nur derjenige, der sie gefunden und mit den Systemen abgeglichen hat, sagen ob es wirklich so war. Denn die Waffe wird ja mit der Nummer im System ausgeschrieben und sie selbst habe nur die Information, einen Vermerk vom Herrn Ritt., der Leiter der Kripo in Heilbronn, dass dieser einen Anruf von Herrn Menzel bekommen habe. Hier stehe definitiv drin, dass es die Waffe der Michèle Kiesewetter sei. Sie selbst habe am 5.11. um 10:40 Uhr nach Stuttgart zurückgemeldet, dass jetzt die Waffe von Martin Arnold gefunden wurde. Sie selbst hat die Waffe weder gefunden noch gesehen, deshalb ist es schwierig zu sagen, wie es wirklich gewesen war. Sie bestätigt, dass ihre Aktenlage ist, dass Ritt. einen Anruf von Menzel bekommt: Die Waffe der Frau Kiesewetter sei gefunden wurden. Sie erklärt, dass eindeutig geschrieben wurde, die Waffe der Kiesewetter sei gefunden wurden und nicht irgendeine Waffe im Zusammenhang damit. Sie hätte bis zum heutigen Tag auch nie Zweifel daran gehabt, dass es anders gewesen sei. Nur derjenige, der die Waffe gefunden und die Nummer aufgeschrieben hat, könne sagen, welche Waffe als erste gefunden wurde. Auch im Stuttgarter Protokoll wurde das so notiert, dass der Herr Hön. (Abteilungsleiter) später die Information erhielt, dass die zweite Waffe, von Arnold, gefunden worden sei. Sie vermutet, dass Herr Hön. den Anruf von Herrn Menzel bekam. Die Vors. Abg. Marx (SPD) möchte wissen, wann die Fortschreibungen zu dem 20seitigen Protokoll vom 5.11. entstanden sind. Die Zeugin gibt an, dass diese auch vom 5.11. stammen und im Laufe des Tages entstanden sind. Sie haben immer wieder Auszüge aus dem Protokoll weitergeleitet nach Stuttgart und das Ende sei wohl um 21:45 Uhr gewesen – als letzte Uhrzeitnotiz. Insgesamt seien es 20 Seiten Notizen am 5.11. gewesen. Sie habe aber auch am 6. und 7.11 Protokoll geführt. Notizen von Frau Hemm. und Herrn Tief. seien am 5.11. mit ins Protokoll eingeflossen. Frau Hemm. und Herr Rind. seien nach Zwickau gefahren und Herr Tief. und sie seien bis zum 7.11. geblieben und hätten bis dahin die Protokolle mit gleichen Aufbau weitergeführt. Es haben sich aber Lageveränderungen ergeben. Am Anfang wurden Pässe, Bahncard und Führerschein im Wohnmobil gefunden, die sie eingehender untersuchten. Und so wurde notiert, wer was erledigte. Nachgeprüft wurde auch, wer der Anmieter des Wohnmobils war. Es waren viele Informationen, die kontinuierlich herunter geschrieben wurden. Manche Informationen vom Morgen, die am Abend überholt waren, wurden handschriftlich ergänzt. Am Anfang hatten sie auch Namensfehler gehabt, auch von Straßennamen. Zum Beispiel haben sie statt „Wohlensstraße“ „Polensstraße“ geschrieben, weil sie es nicht besser wussten. Oder auch „Mundorf“ statt „Mundlos“, weil es für sie nicht griffig war, wer was ist und so waren auch die Passzuordnungen schwer. So waren ein Führerschein von Gerlach und eine Bahncard von Eminger da. Man habe Erhebungen gemacht. So habe Herr Menzel irgendwann den Staatsschutz beauftragt zu den Personen Erkenntnisse und Informationen einzuholen, damit man irgendwo weiterkommt im Hinblick auch auf die Identifizierung des zweiten Täters, wo man bisher nur angenommen hat, dass es der Uwe Böhnhardt sei, denn am Anfang war die Identifizierung schwer. Es ging darum sich ein Bild von den Verletzungen zu machen. Erst am 7.11. ist Böhnhardt über DNA identifiziert wurden. Solche Unklarheiten, die sich im Laufe ergaben, haben sie auch immer modifiziert in den Protokollen. Dies ließe sich auch gut nachlesen. Und der Staatsschutz sei am 5.11. beauftragt worden, nach Erkenntnissen zu den drei Personen zu suchen, auch zu Gerlach und zu denen, die von den Pässen her bekannt waren. So sei auch der Satz im Protokoll festgehalten. Die Beauftragung des Staatsschutzes war am 5.11. vormittags. Aber bevor sie etwas Falsches sagte: Es sei auch mit Uhrzeit in den Protokollen so festgeschrieben. Sie habe keine handschriftlichen Notizen, aber der Herr Rind., dessen Notizen sich mit dem decken, was sie später ins Protokoll übertrugen. Sie habe sich in Stuttgart noch einmal der Protokolle vergegenwärtigt, aber habe dort nichts zum Datum des Funds der Bekennervideos gelesen, weder am 5. noch 6. oder 7.11. Am 7.11. wurden sie auch abgelöst und Nachfolgekräfte wurden nach Gotha entsandt, die bis zur Übergabe an das BKA am 11.11. Protokolle weiterschrieben. An die Bergung eines Rucksacks könne sie sich nicht erinnern, das habe sie nur im Nachhinein mitbekommen. Dazu steht auch nichts in ihren Notizen.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) möchte wissen, ob irgendwann während der Besprechung gesagt wurde, dass man Kontakt zum Verfassungsschutz aufnehmen möchte. Die Zeugin Rieg. meint, Menzel hätte so etwas gesagt, dass er mit jemanden vom Verfassungsschutz gesprochen habe, der früher einmal damit zu tun gehabt habe. Das müsse auch am 5.11. gewesen sein, aber dies wurde nicht aufgeschrieben. Genaueres weiß sie aber nicht. Sie meine er habe es in dem Kontext Wunderlich gesagt, dass er mit einem vom Verfassungsschutz Verbindung aufgenommen hat oder das noch tun würde. Sie könne sich nicht an den Namen erinnern. Es sei schwierig für sie, weil sie bis zum heutigen Tag in dem Komplex NSU beschäftigt ist und sie wisse auch, dass es den Namen Herrn Wiesner gibt, aber sie könne jetzt nicht sagen, ob es an diesem Tag war. Sie müsse sehr spekulieren und es sei schwer zu unterscheiden, was wirklich gewesen war und so ist sie „froh darüber, dass die Besprechungsprotokolle da sind“, denn da hat sie das authentische Papier. Aber durch die Überlagerung der vielen Ereignisse und jetzt befinde man sich im Jahr 2016 und ihr Kopf sei voll mit Namen. Es sei schwierig zu sagen. Die Vors. Abg. Marx (SPD) fragt, ob in den Tagen, wo die Zeugin noch in Gotha war, nochmal über den Inhalt des Gesprächs mit dem Menschen vom Verfassungsschutz gesprochen worden sei. Die Zeugin verneint, es gab nur Informationen über eine SoKo Rex, wozu auch plötzlich ein Dokument auftauchte. Und darin ging es um eine Kreuzverbrennung. Man habe dann Personen identifiziert, u.a. wurden Zschäpe und Böhnhardt genannt, aber nicht Mundlos. Andere Namen, die später wieder aufgetaucht sind, seien ebenfalls genannt. Damals konnten sie nichts mit den Namen anfangen. Später kamen die Namen immer wieder. Es gab auch einen Vermerk dazu in den Akten. Die Zeugin wisse aber nicht mehr, ob der Vermerk persönlich von einer Mitarbeiterin von der SoKo Rex überbracht wurde oder nicht. Auf die Nachfrage hin, ob es im Zusammenhang mit dem Einschalten des Staatsschutzes irgendwelche Namen gab, antwortet die Zeugin, dass es eine -Recherche gab, wo ein Bild mit Personen zu sehen war. Von einer vermutete man, es sei der André Kapke und von der anderen, es sei Böhnhardt und eine Frau. Dieses Bild hing später auch an der Wand. Ihr Kollege Herr Kind. hat dann Bildvergleiche gemacht. Dabei hat er aus dem Fahndungsplakat den Böhnhardt „herausgeneriert“ und ihn verglichen mit der Person aus dem Internetartikel. Ihres Erachtens gab es da keine Ähnlichkeit. Sie kann aber nicht sagen, wer das Bild gebrachte hatte, „es war dann da“. Ob Namen von Mitarbeitern der Abteilung Staatsschutz gefallen sein könnten: könnte sein, sie habe auch eine Liste mit involvierten Mitarbeitern, aber ob da explizit Staatsschutz stand, wisse sie nicht. Sie könnte jetzt aber keine Namen sagen. Dies müssten die Kollegen aus Gotha wissen, denn sie müssten ja auch die Protokolle haben, wo drin stehe, wen sie mit welchen Recherchen beauftragt haben.

Der Abg. Kellner (CDU) fragt, ob der Zeugin Reaktionen im Nachgang auf die Aussage von Herrn Wunderlich bekannt seien. Sie habe sich nur notiert, dass Herr Wunderlich beauftragt wurde, nach Zschäpe zu suchen und Akten von damals zu holen mit dem Ziel, Anlaufstellen und Kontaktpersonen zu finden, damit man Zschäpe aufspüren könne. Sie wisse aber nicht, ob es einen Austausch mit dem Verfassungsschutz gegeben hat. Sie selbst habe das Protokoll bis zum 7.11. geführt, bevor es andere Kollegen übernahmen. Auf die Frage, ob ihr im Nachgang diesbezüglich Änderungen und Fortschreibungen der Protokolle bekannt seien, entgegnet Frau Rieg., dass es zu dieser Passage nichts zusätzlich gab. Das Einzige, was es zum Verfassungsschutz gab, war, dass die Familie Böhnhardt von Wunderlich aufgesucht wurde und die Familie äußerte, dass der Verfassungsschutz ihnen einmal riet, nicht an die Polizei heranzutreten. Dies sei das Einzige, was noch zum Verfassungsschutz in den Protokollen stand. Letztere gingen an Stuttgart und die Zeugin merkt auch an, dass diese auch nach Zwickau, Hannover und „natürlich Thüringen“ gingen. Diese Dienststellen hätten die Protokolle bekommen. Die Abg. König (LINKE) bittet den Abg. Kellner (CDU) hier nachzufragen, weil die Protokollen müssten in Thüringen sein, aber der Untersuchungsausschuss hat diese nicht. Die Zeugin sagt, dass sie die Protokolle nochmals im Jahr 2014 oder 2015 nach Thüringen geschickt hatte, weil sie von der Polizei angerufen und darum gebeten wurde. Die Vors. Abg. Marx (SPD) erklärt die Aufregung im Saal, denn, obwohl es eine Abgeschlossenheitserklärung aus Gotha geben soll, liegen dem Untersuchungsausschuss bis heute diese Protokolle nicht vor. Die Zeugin Rieg. sagt, dass sie die Protokolle sogar aktuell an den Bundestag geschickt habe. Sie selbst habe die Akten zusammengestellt und an den Innenminister bzw. an den Bundestag geschickt. Der Abg. Kellner (CDU) möchte wissen, wie die Kollegen die Protokolle weitergeführt haben. Die Zeugin wiederholt, dass alle Protokolle nach Stuttgart gingen. Sie habe auch angeregt, dass diese nach Zwickau gehen. Hier weiß sie auch, dass diese an ihren Verbindungsbeamten übersandt wurden. Sie habe einen Ordner zusammengestellt, der nach Zwickau ging. Sie wissen nicht 100%-ig, ob dieser auch nach Hannover ging, aber sie habe das angeregt. Auf jeden Fall haben die Kollegen, die nach Hannover gingen, diese Protokolle auch erhalten. Auch ihr Staatsschutz bekam die Protokolle um zu schauen, ob es in Baden-Württemberg Erkenntnisse gebe. Von den Beamten wurden kontinuierlich die Namen abgefragt und ob es Erkenntnisse gebe. Jede neue Information, die man bekomme, z.B. wie bei Gerlach, wo plötzlich andere Namen im Raum standen, wie Thomas, Benjamin oder Dirk Gerlach, die mussten schnell nachgeschaut werden, ob nicht auch irgendein Gerlach bei ihnen im System auftaucht. Irgendwo in Heilbronn gab es dann einen registrierten Benjamin Gerlach, aber „es war nicht Personen-, sondern nur Namensgleichheit“. So wurde geschaut, ob man irgendwo was findet, um diesen Polizistenmord schnell aufklären zu können. Die Protokolle seien in Thüringen als Einsatzabschnitt Baden-Württemberg gewesen. Das alles decke sich ja mit Allem, was Thüringen ihnen gesagt hätte. Es gäbe ja nichts Neues in den Protokollen, sondern es wurde das aufgeschrieben, was dort erhoben wurde. „Ich bin mir fast sicher, dass sie die Protokolle auch gekriegt haben“ – nicht von ihr ausgehändigt. Ob sie ein Paket damals schon an Thüringen geschickt habe, weiß sie nicht, aber definitiv schickte sie später eins. Herr Aßm. habe die Protokolle bei der Zeugin angefordert. Dies war ja eine Aktenvorlage. Jedes Land legt selbst die Akten vor. Und, wenn sie Protokolle von Thüringen habe, lege sie diese auch vor und umgekehrt wäre es auch so. Die Aktenvorlage müsste 2014 oder 2015 gewesen sein.

Die Abg. König (LINKE) möchte wissen, ob auf dem Dokument aus der SoKo Rex zu der Kreuzverbrennung in Jena Bilder dabei waren. Die Zeugin verneint, es wurde aber auf Bilder Bezug genommen. Hinten waren Personen drauf, geschätzt mehr als fünf. Ihr sei aufgefallen, dass einer der beiden Toten nicht mit drauf war. Sie denkt, dass Böhnhardt, Zschäpe, Henze und Turner dabei waren. Es waren zwei Blätter Papier. Sie wisse nicht, wer diese gebracht hat. Auf die Frage, ob diese inhaltlich erörtert wurden, antwortet die Zeugin Rieg., dass ihr noch einfällt, dass sie am 5.11. noch irgendetwas mit „Kameradschaft Süd“ aufgeschrieben habe und sie vermutet, dass es auch in diesem Kontext sein könnte, denn sie kann mit dem Begriff „Kameradschaft Süd“ nichts anfangen, da sie ja nicht vom Staatsschutz kommt. Sie schrieb diesen Begriff auf, falls sie in Heilbronn irgendwo den Begriff „Kameradschaft Süd“ drin haben sollten. Sie habe auch nicht so etwas notiert wie: siehe Schriftstück der SoKo Rex. Auf dem Dokument stand auch richtig SoKo Rex als Begriff oben drüber. Die Abg. König (LINKE) hält ein Bild aus den Damoko-Akten vor, welches die Zeugin wiedererkennt. Sie erklärt, dass man bei der Person an der rechten Seite gemutmaßt hatte, es könnte Böhnhardt sein und bei der Person an der linken Seite, dass es Kapke sein könnte. Sie konnte mit den Personen nichts anfangen und schauten im Netz nach, woraufhin sie den Link mit ins Protokoll schrieb. Ja, sie erinnere sich, dass Wohlleben und Heise auch eine Rolle gespielt haben. Heise solle im Kontakt zu Gerlach stehen. Sie gehe davon aus, dass dies Ergebnis der Vernehmung Gerlachs war. Sie wisse allerdings nicht mehr, woher das Dokument der SoKo Rex an diesem Tag kam. Die Abg. König (LINKE) erläutert den Hintergrund der Akten: die Akten der SoKo Rex befinden sich in den Ordern des LKA Thüringen, die erst eine Woche später in der Besenkammer des LKA gefunden werden. Somit ist es sehr irritierend, wo bereits am 5.11. Teilakten dieses Ordners hergekommen sein können. Dies sei auch kein Vorwurf an die Zeugin. Die Zeugin Rieg. erklärt, dass gegen den 5.11. spricht, dass sie es nicht vermerkt habe und im Protokoll steht es nicht und sie weiß nicht, wo es hergekommen sein könnte. Auf die Anmerkung, dass die Zeugin aussagte, dass Herr Menzel am 5.11. den Staatsschutz hinzugezogen hätte, führt sie aus, dass sinngemäß im Protokoll stehe, dass Menzel den Staatsschutz eingebunden habe, aber sie wisse nicht mehr, ob es der Staatsschutz Gotha war. Ihr sage der Name des Kriminalhauptkommissars Krec. auch nichts. Sie habe auch keine Erinnerung daran, inwiefern eine zu betreibende VP-Recherche eine Rolle gespielt habe. Auf die Nachfrage, ob am 5.11. eine Information bei ihr darüber angekommen sei, dass KHK Krec. eine VP-Recherche betreiben solle mit dem Ergebnis, dass eine VP eine Kontaktperson in Eisenach getroffen habe und in deren Wohnung eine Waffe und eine schwarze Maske gesehen habe, worauf die Person angab, eine Bank überfallen zu wollen, erwidert die Zeugin, dass weder am 5.11. noch bis zum heutigen Tag diese Information bei ihr angekommen sei. Sie höre dies heute zum ersten Mal. Die Abg. König (LINKE) will wissen, ob die Erstinformation über den Fund der Kiesewetter-Waffe telefonisch ohne Waffennummer kam. Die Zeugin überlegt lang und sagt, dass man den Aktenvermerk „Eingang der Meldung“ anfordern müsse, bevor sie etwas Falsches sage, aber der Name Kiesewetter habe dort gestanden. Sie kann sich nicht 100%-ig festlegen und verweist auf die Unterlagen. Dies seien alle Unterlagen, die der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu dem sog. „Beweisbeschluss 23“ jetzt bekommen habe. Die Abg. König (LINKE) meint den könne man ja aus Baden-Württemberg anfordern. Sie fragt, ob bei der zweiten Waffe, von Arnold, ihr auch eine Waffennummer mitgeteilt worden sei. Die Zeugin gibt an, dass dies normalerweise so laufen würde und sie denke „ja“, aber als Zeugin würde sie sich lieber auf die Unterlagen berufen wollen. Denn sie hat den Eindruck, dass es für den Untersuchungsausschuss eine wichtige Rolle spielt, die der Sachverhalt für sie bisher nicht hatte. Die Abg. König (LINKE) erklärt, dass sie bisher mehrere Zeugen hatten, die angaben, dass die Dienstwaffe von Kiesewetter zuerst aufgefunden wurde, aber laut Aktenlage sei zuerst die Waffe von Arnold gefunden und identifiziert worden und dann erst um 23.11 Uhr diejenige von Kiesewetter. Dies ist „eine irritierende Frage hier in Thüringen“ und die Zeugin sei die Erste mit Vermerken im Protokoll dazu. Die Zeugin „macht es mal einfach kriminalistisch“: wenn Herr Menzel in Heilbronn anruft und sagt, sie hätten die Waffe Kiesewetter gefunden, dann würde die Nummer der aufgefundenen Waffe eingegeben werden und dann würde Kiesewetter herauskommen. Das müsse bedeuten, die beiden Waffen wären gleichzeitig gefunden und „vermischelt“ worden. Die Waffennummer müsse irgendwo im Vermerk stehen, sie sei sich aber nicht 100%-ig sicher. Denn es wäre ja sonst unlogisch, weil man ja zu diesem Zeitpunkt nicht wisse, ob es die von Kiesewetter sei. Das ginge ja nur über den Abgleich, wo die Nummer abgelesen werden müsse, „sonst macht es logisch keinen Sinn“.

Die Abg. Pelke (SPD) fragt, ob der Zeugin bereits vor der Besprechung der Fakt, dass es ein Trio gegeben hat, bekannt war. Sie verneint. Es hing aber schon das Plakat. Aus kriminalistischer Perspektive kann es so gelaufen sein, dass Mundlos identifiziert wurde und dann wahrscheinlich irgendwo die Information hergekommen sein wird, dass er flüchtig war und gesucht wird – mit zwei weiteren Personen. So könnte man davon ausgehen, dass es sich bei der zweiten Person wohl um Böhnhardt handelt, wenn er der Tote ist. Dann bliebe noch eine Person übrig und dann müsse man schnell gucken, dass man diese schnellstmöglich bekomme, um weitere Informationen zu erhalten. Aber bereits ganz am Anfang war dieses Plakat im Raum und um die drei sei es gegangen. Aber bevor sie nach Thüringen kam, habe sie „noch nie irgendwas“ davon gehört. Sie habe noch nie von einem untergetauchten rechtsextremistischen Trio gehört. Auf Nachfrage, ob sie sich daran erinnern könne, dass es erst nachmittags den offenkundigen Zusammenhang nach Zwickau und dem Wohnungsbrand gab, entgegnet die Zeugin, dass Nachmittags diese Meldung eintraf und sie sich im Nachhinein auch fragt, warum diese erst dann eingetroffen sei. Da sei die Rede von einem Zeugen gewesen, der ein Wohnmobil gesehen habe mit „V“- Kennzeichen und erst mittags kam die Information herein, obwohl die Wohnhausexplosion ja schon am 4.11. war. Da habe sie sich auch gewundert, warum sie die Information nicht schon am Anfang hatten. Der Zusammenhang sei auch nicht gleich vor Ort am Vormittag des 5.11. hergestellt worden. Herr Menzel hatte darauf auch nicht hingewiesen. So gehe sie davon aus, „dass der Zusammenhang einfach noch nicht hergestellt war“. Im Nachhinein würde man sich so etwas oft fragen, warum solche Informationen erst mittags reinkommen. Es könne auch sein, dass es zwischen Sachsen und Thüringen nicht so schnell möglich sei. Es ist schwierig für sie nachzuvollziehen, dass das erst mittags reinkommt, obwohl schon an der Wand stand, dass es beim Wohnmobil auch eine Explosion gab. Das Einzige, was sie aus Sachsen noch erfahren haben, sei, dass das Trio wohl zurückliegend für eine Bankraubserie verantwortlich sein soll. Da gab es schon Erkenntnisse, dass früher schon Banküberfälle auch in Sachsen gewesen waren. Für sie sei es im Nachhinein auch auffällig, dass es erst mittags kam. Sie hatte vor dem Eintreffen der Information auch nicht den Eindruck, dass es ausgeblendet worden wäre.

Die Abg. Pelke (SPD) möchte wissen, ob die Zeugin im Nachhinein über die Fortführung der Protokolle seitens ihrer Kollegen informiert wurde und ob es somit einen regen Austausch zwischen ihnen gab. Frau Rieg. bejaht diese Frage: Den hätte es „auf jeden Fall“ gegeben. Die Kollegen und Kolleginnen aus Gotha hätten dasselbe auch gemacht, was sich Lagefilm nenne und wo sie in eine Datenbank die eingehenden Aufträge eingaben – diese Dokumentation sei gemacht worden. Diese Unterlagen haben die Baden-Württemberger Kollegen auch bekommen, nachdem sie gefahren waren. Sie brachten auch ihre Ideen ein. „Es war auch eine toughe Führung“ durch Herrn Menzel. Sie hätten sich und ihre Ideen einbringen können. Es wurde auch überlegt, ob Stuttgart einen Chart von den Personenzusammenhängen machen könnte, weil sie aus dem Bereich „OK“ (organisierte Kriminalität) kommen und für sie die Personenverflechtungen immer spannend seien. Diskutiert wurde auch, ob sie den Pass Burkhard auf Echtheit untersuchen lassen, weil sie da Spezialisten haben – oder aber auch den Phantombilderzeichner einfliegen lassen könnten. Es war schon „kriminalistisch zunächst beeindruckend“. Später haben dann die Zuständigkeiten gewechselt. Sie „hat die Führung von Herrn Menzel beeindruckt“, der ganz tough eins nach dem anderen abgefragt hat, ob es da Erkenntnisse gäbe. Das war „ein bisschen bilderbuchmäßig“. Die Abg. Pelke (SPD) fragt nach, ob es für die Zeugin eine logische Konsequenz des Falles war, dass der Verfassungsschutz mit eingebunden war. Die Zeugin verneint, denn für sie war die Situation nicht klar. Am Anfang dachte sie, es ginge um zwei Bankräuber bzw. Bankraubserie. Da hätten sie auch mehr Erfahrung im OK-Bereich mit Bankräubern. Aber die Dimensionen Richtung Rechtsextremismus waren für sie am Anfang nicht klar. Als das Fahndungsplakat mit dem Hinweis „untergetaucht“ da gewesen sei, konnten sie es nicht ganz greifen. Sie dachte daraufhin, dass in Sachsen und Thüringen zu den Dreien schon Informationen da gewesen seien, sonst wäre nicht gleich so ein Bild da. Sie hatten die drei Personen „noch nie auf der Platte gehabt“. Im Nachhinein sei das komisch, weil die Bankraubserie ja auch schon BKA-Blatt-mäßig klar war – von 1998 bis 2007. Komisch sei auch, dass sie nichts mitbekommen hat, obwohl sie auch im Bereich Raub tätig sei.

Der Abg. Henke (AfD) will wissen, wen Herr Menzel am 5.11. vom Staatsschutz beauftragt habe, nach drei Personen zu recherchieren. Die Zeugin Rieg. führt aus, dass sie sagte, dass Herr Menzel als Polizeidienstleiter den Staatsschutz eingeschaltet habe, wie es auch im Protokoll stehe. Und sie könne nicht sagen, ob es nur zu diesen drei Personen sei oder nicht, aber auf jeden Fall sei der Staatsschutz involviert gewesen. Auf Nachfrage nennt sie den Namen des Phantombildzeichners, es war Herr Kind..

Die Abg. Henfling (GRÜNE) bittet die Zeugin, etwas zu dem Vermerk „Drilling“ zu sagen. Sie wisse ganz sicher, dass sie in Stuttgart ab dem 4.11. die Raubüberfallserie als „Drilling“ bezeichnet haben, sie wisse aber nicht warum, denn der Begriff sei definitiv nicht von ihnen gekommen. Sie hätten „keinen Verfahrensbegriff generiert“. Sie möchte sich nicht 100%-ig festlegen, aber sie habe schon irgendwann mal etwas mit „Operation Drilling“ gelesen. Es müsste fast so sein, dass sie es im Protokoll fixiert habe, aber sie ist nicht sicher, vielleicht kam es auch im Nachgang, man müsse nochmal in die Unterlage schauen. Aber definitiv sei der Begriff „Drilling“ genannt worden, was auch so im Protokoll stehe. Die Abg. Henfling (GRÜNE) bittet die Zeugin zu erläutern, was ihre Aussage vom 24.07.15 im Wortprotokoll aus Baden-Württemberg bedeute, in der sie darlege, dass die Opferumfeldermittlung erst in der dritten Phase, also ab dem 4.11., begann. Frau Rieg. erklärt, dass sie die Opferumfeldermittlung machte, seitdem sie beim LKA in der SoKo Parkplatz war. Sie machte in Heilbronn von 2007 bis 2009 sämtliche Opferumfeldermittlungen zu Kiesewetter und Arnold – zu den wichtigsten Personen. Sie hatte dann in Baden-Württemberg den Ansatz bzw. die These, dass man bei einem Fall die Beziehungstat besser ausleuchten müsse. So sei sie in verschiedenen Phasen vorgegangen. In der Phase 2 war sie beim LKA tätig und habe im Kollegenkreis ermittelt, was bedeutet, dass sie fast 200 Kollegen im Umfeld von Arnold und Kiesewetter vernommen habe – zu allen möglichen Fragen. Zum Beispiel, ob es „Einsätze mit der Michèle gab“, in denen es Personenkontakte gab, aus denen man hätte schließen können, dass es da Probleme gegeben hätte. Also, zunächst das berufliche und dann das private Umfeld einholen. Denn man hat die Opfer als Personen privat, als Kleingruppe und dann als Polizeikräfte und dann auch als Kraft in einer Hundertschaft. Hier gäbe es „verschiedene Fragen und Nuancen“. Dann habe sie sich eine Phase 3 ausgedacht, wo sie nach Thüringen gehen wollte, aber das habe sie vor dem 4.11. nicht mehr geschafft, weil ihr das andere wichtiger war, weil die „Michèle“ aus bisherigen Erkenntnissen nicht in Thüringen unterwegs war. Denn ihr ganzer Lebensmittelpunkt war in Baden-Württemberg. Sie habe auch schon ein Konzept gehabt, wo sie die Familie und die Freunde abklopfen wollte. Und das habe sie dann 2010 gemacht. Die nächste Phase wäre gewesen, dass sie weiter zurück in die Schulzeit gehen würde, was aber nicht so nahe liegend ist, weil es keine Erkenntnisse gab, dass sie dahin noch Kontakt habe. Und am 04.11. hatte sie ihre Täterschaft und jetzt beginne erst ihre Arbeit als SoKo Parkplatz. Nun gebe es den Fokus auf Rechts, den es vorher nicht gab. Es fand lediglich ein Hundertschafteinsatz in Göttingen statt, was auch in der Presse ein Thema war. Bei diesem Einsatz seien 100er Beamte gelaufen und standen am Rand und „Michèle hatte keinen Kontakt“ zu Leuten, wozu auch jeder Beamte mehrmals befragt wurden sei. Zudem seien Unterlagen ausgewertet worden – „tonnenweise“. Sie war auch keine verdeckte Ermittlerin – das ist alles abgeklopft wurden. Aber jetzt, wo sie wisse, dass sie in der rechten Szene suchen müsse und Mundlos und Böhnhardt kenne, könne sie erst mit der Suche danach anfangen, inwiefern diese Namen im Zuge eines Diskobesuchs oder Telefonats eine Rolle spielten. Die Abg. Henfling (GRÜNE) konstatiert, dass es dann eher ein Zufall sei, dass die 3.Phase mit dem 4.11. beginne. Die Zeugin bejaht und wiederholt, dass sie bereits vorher mit den Opferumfeldermittlungen begonnen haben. Mit diesem Fokus habe sie dann konkret fragen können. Sie habe in Thüringen sofort beanstandet, alle Kollegen zur rechten Szene und Mundlos und Böhnhardt zu befragen. In dieser Phase würde es erst interessant werden und jetzt müsste eigentlich alles nochmal von vorn gemacht werden mit dem neuen Fokus.

Der Abg. Kellner (CDU) erkundigt sich, ob er es richtig verstanden habe, dass die Meldung über den Waffenfund der Kiesewetter telefonisch kam und ob es im Protokoll einen Vermerk dazu gäbe. Die Zeugin bejaht beides. Der Vermerk besage, dass Herr Menzel bei der Zentrale (PVD) angerufen habe und um einen Rückruf von Herrn Witte. bat. Dieses Telefonat sei zehn Minuten später geführt worden. Diesen Vermerk habe er auch unterschrieben. Auf Nachfrage erklärt die Zeugin, dass sie auch notiert habe, dass ihnen in der Besprechung mitgeteilt wurde, dass die Toten aus Stregda mehrere Straftaten begangen haben. Nur die Banküberfälle seien genannt worden. Zu diesen gab es auch schon Ermittlungen, weil am 7.9. ein Raubüberfall in Arnstadt war, wo im Anschluss eine bundesweite Anfrage zu ähnlichen Fällen getätigt wurde. Und dann wurden wohl die Fälle aus Stralsund, Chemnitz und Zwickau gemeldet, wo man sagen konnte, es handelt sich um eine Serie. Außer im Zusammenhang mit dem Fahndungsplakat, wo man über den Sprengstoff sprach, wurde nichts zu anderen Straftaten, wie die Ceska-Serie, besprochen.

Die Abg. König (LINKE) hält ein Fahndungsplakat aus dem Jahr 2000 aus dem Ordner Finanzermittlungen vor, welches die Zeugin als das Plakat wiedererkennt, das am 5.11. mit den Alias-Namen an der Wand hing. Die Zeugin Rieg. gibt an, dass sie es kenne und sich gewundert habe, warum da das Jahr 2000 drauf stehe, obwohl es ja von 1998 sei.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) erklärt nochmals das Erstaunen im Saal. Sie hatte am 7.3.16 eine Auskunft der Landesregierung bekommen, nachdem sie um Auskunft über die Namen der an der Einsatzbesprechung Beteiligten und die Protokolle baten. In der Auskunft der Landesregierung wird auf den Lagefilm der SoKo Capron verwiesen und mitgeteilt, es würden keine weiteren Protokolle zur Einsatzbesprechung vorliegen. Deswegen waren sie beunruhigt, aber sie werden dem weiter nachgehen.

Die Abg. König (LINKE) hält den Vermerk der SoKo Rex vor, wo eine Auflistung von 9 Personen zu finden sei. Die Zeugin bestätigt, dass dies der Vermerk sei, der ihnen im Zuge ihrer Ermittlungen in Gotha vorgelegt wurde. Aber sie wisse nicht, wo dieser herkam bzw. wer ihn übergeben habe, aber irgendwoher müssten sie ihn ja haben. Es ist für die Zeugin schwierig, dies nachzuvollziehen. Sie verneint die Frage, ob sie einen Herr Dressler vom LKA Thüringen am 5.11. registriert habe. Aber es könne sein, dass sie ihn nach dem 11.11., wo sie nochmals in Thüringen war, beim LKA getroffen habe. Wenn er beim REG EA Thüringen tätig war, dann könnte es sein, das sie ihn mal getroffen habe. Auch Herrn Harz. habe sie nicht am 5.11. getroffen, sondern erst später. In die Finanzermittlungen sei sie nicht involviert gewesen, sondern habe diese nur mit angestoßen.

Die Vernehmung der Zeugin Frau KHK`in Sabine Rieg. wird um 14.41 Uhr geschlossen.

Für den SoKo Rex-Vermerk werden die anderen beiden Polizeibeamt*innen aus Baden-Württemberg nochmal gehört.

14.43 Uhr Erneute Vernehmung des Zeugen KHK Alexander Rind.

Die Abg. König (LINKE) hält die beiden Aktenseiten der SoKo Rex vor. Der Zeuge Rind. führt an: „Ne, also diese Übersicht von diesen Personen habe ich schon mal gesehen.“ Die Auflistung sei ihm bekannt, aber er könne nicht sagen, ob sein Wissen aus der Zeit in Gotha stamme. Er habe explizit diese Namensauflistung aber bereits gesehen.

Die Vernehmung des Zeugen KHK Alexander Rind. wird um 14.45 Uhr geschlossen.

14.47 Uhr Erneute Vernehmung der Zeugin KHK`in Tamara Hemm.

Die Abg. König (LINKE) hält die beiden Aktenseiten der SoKo Rex vor und fragt die Zeugin, ob ihr im Zuge ihrer Anwesenheit diese bekannt geworden seien. Sie verneint – ebenso wenig sei ihr die Namensauflistung bekannt. Die Frage, ob sie den Herrn Dressler oder den Herrn Harz. vom LKA am 5.11. registriert habe, verneint die Zeugin Hemm..

Die Vernehmung der Zeugin KHK`in Tamara Hemm. wird um 14.49 Uhr geschlossen.

14.51 Uhr Vierte Zeugin: POR`in Bianka Ißl. (vormals Eschr.)

2016_06_02-isslDie Lagebesprechung in Gotha am Samstag, den 05.11.2011, habe wegen der späten Aktivitäten am Abend zuvor erst um 09 Uhr begonnen, berichtet die Zeugin Ißl.. Die Kollegen der SoKo Parkplatz sollten ab 10 Uhr dazu kommen. Die Lageeinweisung habe Menzel selber gemacht. Er habe alle Personen vorgestellt und auch die Beamten aus Baden-Württemberg hätten sich vorgestellt. Zunächst seien die Ergebnisse vom Vortag, den 04.11., zusammengefasst worden. Bianka Ißl. selbst sei Leiterin des Führungsstabs gewesen. Ihr habe die Aufgabe oblegen, Informationen zu bündeln und weiterzugeben. Sie war „eher so schweigendes Mitglied“, das mehr zuhöre, aufnehme, notiere und die Informationen aufbereite und per Bericht oder Fernschreiben „e-Poste“, wie es bei der Polizei richtig heiße, weiterleite. In der Darstellung der Situation durch Menzel war für Ißl. wesentlich, dass die Identität von Mundlos geklärt war. Das sei die neue Erkenntnis gewesen. Am 04.11. hätten sie schon gewusst, dass eine Waffe, eine P2000, im Zusammenhang mit dem Tötungsfall Michèle Kiesewetter und der schweren Körperverletzung an Martin Arnold aufgefunden worden sei. Ißl. erinnert sich an die Bildung von Einsatzabschnitten durch Menzel, darunter „Ermittlung“ und „Fahndung“. So wurde die Arbeit der Führungsgruppe definiert und den Aufgaben auch Personal zugeordnet. In jedem Abschnitt habe ein führender Kopf mit Kompetenz sitzen sollen. KOR Kun. war für den Abschnitt „Ermittlung“ leitend zuständig, für die „Fahndung“ jemand von der Zielfahndung. Aufgrund der Erkenntnisse zu Mundlos in einem Inpol-Eintrag sei der Schritt zu den Namen Böhnhardt und Zschäpe einfach gewesen. Aus der polizeilichen Arbeit habe sie diese drei Personen nicht gekannt. Dass sie die Personen nicht gekannt habe, sei für sie angesichts „der Sachen im Vorfeld in Jena (…) auch ein bisschen überraschend“ gewesen. Da in den 90’er Jahren sehr nach den Personen gefahndet worden sei, sollte die damals aktive Zielfahndung miteinbezogen werden um deren Erkenntnisse in die SoKo zu überführen. Die sei der Grund für den Einbezug der Zielfahndung gewesen. Der täterorientierte Ansatz sei verfolgt worden: Wie sind die Tatzusammenhänge? Mit wem haben wir es zu tun? Wo haben sie gelebt? Welcher Personalien haben sie sich bedient? Die Sicherung und Sichtung der Beweise aus dem Wohnmobil sei ihnen wichtig gewesen. Beispielhaft nennt die Zeugin einen Mietvertrag, in dem Dienelt genannt worden sei, und ein Handy, über dessen Anmelder sie die Personalien bekommen hätten. Die Erkenntnisse am 05.11. seien „Schlag auf Schlag“ erfolgt, alles sei „hochdynamisch“ gewesen, weshalb sie sich an die konkrete zeitliche Abfolge nicht erinnern könne. In der PD Gotha im Lagezentrum seien insbesondere Herr Wunderlich von der Zielfahndung, die Kollegen aus Baden-Württemberg und der komplette „feste Kern der SoKo Capron“ ständig zugegen gewesen.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) fasst zusammen, dass die Zeugin also Protokoll geführt habe und weist darauf hin, dass die LPI Gotha dem Untersuchungsausschuss kein Protokoll zuschicken konnte. Die Zeugin betont, sie habe keine einzelnen Besprechungen dokumentiert. Ihr Protokoll dürfte Bestandteil im Lagefilm geworden sein. Die Vors. Abg. Marx (SPD) meint, dass der Lagefilm „recht ungenau“ sei. Sie zitiert Auszüge aus dem Lagefilm, in dem zum 05.11.2011 lediglich notiert werde, dass die Kollegen des LKA aus Baden-Württemberg eingetroffen seien und dass folgende weitere Ermittlungsschritte anstünden: 1. Maßnahme Wohnmobil; 2. Maßnahme Beute; 3. Personenaufklärung Gerlach; 4. Presse ab 12 Uhr; 5. Verdeckte Maßnahmen/Fahndung; 6. Gerichtsmedizinische Sektion/Fotografische Sicherung der Gesichter der Opfer. „Mehr haben wir nicht“, erklärt die Vors. Abg. Marx und verweist auf die deutlich umfangreichere Dokumentierung durch die Kollegen aus Baden-Württemberg. Die Zeugin erklärt zu eigenen Dokumentierungsmaßnahmen, dass sie Aufträge im Damoko-System erfasst hätten. Zudem hätten sie E-Post-Nachrichten zum Ereignis am 04.11. versandt. Bis gegen 17 Uhr hätten sie am 04.11. einen EPSweb-Lagefilm geführt. Danach hätten sie die Dokumentation der SoKo-Arbeit in einer Word-Datei fortgeführt. Jeder handelnde Beamte solle seinen Erkenntnisgewinn selbstständig in der Tabelle eintragen. Es sei zwar schwierig für Einzelperson, gleichzeitig Aufgaben wahrzunehmen und alles zu verschriftlichen, aber dies sei die Verantwortung aller Beteiligten gewesen. In dem, was dem UA im Lagefilm vorlege, sehe man das „gebündelte Wissen“, dass sich aus allen Ermittlungsakten ergeben habe. Sie hätten nur die Kerninformationen zusammengefasst, die für die Arbeit in der Führungsgruppe relevant waren. Es sollte alle Beteiligten in die Lage versetzen, die Kerninformationen schnell weiterzugeben. Die Detailinformationen seien für die Führungsgruppe „nicht so relevant“, sondern eher für die ermittelnden Beamten, die vor Ort sind. Diese hätten den Auftrag der ordnungsgemäßen Verschriftlichung. Sehr viele Informationen hätte die SoKo im Übrigen auch telefonisch erhalten. Deshalb gebe es kein Gesamtprotokoll. Die Vors. Abg. Marx (SPD) erkundigt sich nach den Inhalten der Besprechung zwischen 9 und 10 Uhr. Laut der Zeugin habe Menzel ihnen die Identifizierung von Mundlos mitgeteilt, woraufhin sie zu arbeiten angefangen hätten. Sie hätten computergestützte Erkenntnisse der Polizei und anschließend aus google und dem Internet zusammengetragen. Die Personen Mundlos, Zschäpe, Böhnhardt seien „weithin bekannte Größen im Bereich der rechten Szene“ gewesen. Die Vors. Abg. Marx (SPD) fragt, was auf den Whiteboards gestanden hätte, als sie morgens in das Büro gekommen sei. Die Zeugin überlegt lange und stellt fest, dass nicht mehr sagen zu können. Sie glaube, der komplex zu Gerlach sei bereits weitgehend bekannt gewesen. Über das Kennzeichen des Wohnmobils hätten sie den Anmieter des Wohnmobils ermitteln können. Holger Gerlach sei eine bekannte lebende Person gewesen, bei der sie Anhaltspunkte zu Identität und Wohnort gehabt hätten. Der Name Dienelt sei im Zusammenhang mit aufgefundenen Mietverträgen schnell bekannt geworden. Wichtig sei, dass sich die Inhalte auf dem Whiteboard sukzessive aufgebaut hätten, so wie die Informationen reingekommen seien. Sie hätten mehrfarbig auf das Whiteboard geschrieben und nach und nach Informationen wie Fotos und Spitznamen zusammengefügt. Böhnhardt habe sich beispielsweise „Gerry“, Mundlos „Max“ und Zschäpe „Liese“ genannt. Die Zeugin bezeichnet die Arbeitsweise als „Mindmapping“ auf Whiteboards. Auf Nachfrage der Vors. Abg. Marx (SPD) bezeichnet die Zeugin das Whiteboard als „nackt“ in Bezug auf den Namen Mundlos. Außer Menzel habe zum Zeitpunkt der Besprechung, vor der Abfrage im polizeilichen Datensystem, niemand eine Verbindung zum Trio gehabt. Menzel allerdings habe den Namen Böhnhardt sofort gewusst, der Name Zschäpe sei ihm erst nach Überlegen eingefallen. Er habe von Ermittlungen in Jena in Zusammenhang mit einer Rohrbombe, einem Hakenkreuz auf einem Koffer und solchen „Eckdaten“, wie auch dem Untertauchen der Personen und dem Tätigwerden der Zielfahndung, gewusst.

In der Besprechung sei deshalb festgelegt worden, Wunderlich in die Arbeit miteinzubeziehen. Wunderlich sei im Verlauf des Vormittags erschienen. Er habe gesagt, als Zielfahnder die fraglichen Personen gesucht, sie aber nicht gefunden zu haben. Sie hätten damals auch schon eine Spur nach Chemnitz und Zwickau gehabt. Die Vors. Abg. Marx (SPD) hält die Aussagen von Rieg. und Rind. vor, nach denen Wunderlich den Verfassungsschutz dafür verantwortlich gemacht habe, dass man „die drei“ damals nicht gefunden habe. Die Zeugin erinnert sich an die Erwähnung des Verfassungsschutzes. Dass er dem Verfassungsschutz eine Schuld gegeben habe, kann sie nicht bestätigen. Die Vors. Abg. Marx (SPD) erkundigt sich nach der „Spur Nr. 34“ im Damoko-System, die die Zeugin angelegt habe. Dort stehe, dass die Führungsgruppe einen Auftrag zu einem Erkenntnisaustausch mit dem Thüringer LfV am 09.11. erteilt habe, der am 10.11.2011 erledigt worden sei. Laut des Eintrags soll der Austausch auf die „Tätergruppierung, bekannte Alias-Namen und sonstige Kontaktpersonen“ gerichtet sein. Der Vorgang sei abgestimmt zwischen dem und dem LfV. Am 10.11.2011 sei ein zweiseitiger Bericht eingetroffen. Die Zeugin erinnert sich an den Auftrag, Kontakt zum LfV und zum LKA aufzunehmen. Zielrichtung sei gewesen, herauszufinden, ob die Gruppe größer sei als bisher bekannt. An den Ergebnisbericht kann sie sich nicht erinnern. Sie habe mit Herrn Derichs vom Thüringer LfV gesprochen. Die Vors. Abg. Marx (SPD) bedauert, dass sie den Bericht leider nicht in ihren Akten habe. Eine Erinnerung der Zeugin wäre deshalb „schön“ gewesen.

Der Abg. Kellner (CDU) fragt nach einer Erklärung für die Verwechslung der Dienstwaffen von Kiesewetter und Arnold. Ißl. sagt, sie wisse „definitiv, dass wir zunächst die Waffe von dem Kollegen Arnold identifiziert haben.“ Dies sei am 04.11. nach 16 Uhr gewesen. Sie hätten dann über die KPI Heilbronn, die sie zunächst für zuständig hielten, die SoKo Parkplatz informiert. Es sei möglich, dass gesagt wurde, dass eine Waffe gefunden worden sei, die „im Zusammenhang mit dem Mordfall Kiesewetter steht“. Definitiv sei aber zuerst die Waffe Arnolds identifiziert worden. Den Kontakt nach Heilbronn habe Menzel persönlich hergestellt. Aufgrund der Informationsweitergabe von der KPI Heilbronn zur SoKo Parkplatz hätte es so ankommen können, als ob sie die Waffe von Kiesewetter gefunden gehabt hätten. Am 04.11. gegen 23 Uhr hätten sie dann ja ohnehin auch die Waffe von Kiesewetter identifiziert. Sie wisse nicht, wann die Information zum LKA gekommen sei. Für die Ermittlungen der Waffen seien Herr Köll. und Frau Kno. zuständig gewesen. Frau Kno. sei gegen 16.30 Uhr in den Führungsstab gekommen und habe mitgeteilt, dass die Waffe von Arnold identifiziert worden sei. Menzel habe diese Information nach Heilbronn übermittelt. Der Abg. Kellner (CDU) fragt, wie man einen Zusammenhang zwischen dem Wohnungsbrand in Zwickau und dem Wohnmobilbrand in Strega gekommen sei. Ißeibt führt aus, dass sie auf einem Fernseher auf n-tv Bilder vom brennenden Wohnmobil und ab 15 Uhr Bilder von einem brennenden Haus in Zwickau mit Explosionen gesehen habe. Eine Verbindung hätten sie zunächst allerdings nicht herstellen können. Die Verbindung sei durch eine Zeugenaussage entstanden, nach der ein Wohnmobil mit einem „V“-Kennzeichen im Bereich der Frühlingsstraße gesehen worden sei. Dieses Wohnmobil hätten sie auch in Stregda gehabt. An der Adresse in Zwickau sei der Name „Dienelt“ in den Meldedaten gewesen. Im Wohnmobil fanden sie einen Mietvertrag mit dem Namen „Dienelt“ – „so ist die Verbindung hergestellt worden.“ Zudem sei eine weglaufende Frau in Zwickau als klein mit langen dunklen Haaren und Zopf beschrieben worden. Diese Beschreibung habe auf Beate Zschäpe gepasst. Das sei ein „Detailhinweis“ gewesen, der nur ein „winzig kleiner Hauch eines Blicks in die Richtung“ gewesen sei. Zeitnah sei ein Verbindungsbeamter nach Zwickau entsandt worden um den Informationsaustausch zu gewährleisten. Herr Kun. in der SoKo Capron sei über die Zeugenaussage informiert worden. Der Kontakt nach Zwickau habe schon am 04.11. wegen des Vermieters des Wohnmobils bestanden. Wo der entsprechende Zeuge selbst angerufen habe und wie er heiße, weiß Ißl. nicht.

Dem Abg. Dittes (LINKE) berichtet Ißl., wohl „kurz vor 9 Uhr“ im Führungsstab eingetroffen zu sein. Sie habe zuvor keine besondere Kommunikation mit Menzel gehabt. Erst in der Einweisung habe sie von Menzel den Namen Mundlos erfahren. Dieser ist laut Menzel in der Nacht mithilfe von Fingerabdrücken an der Leiche identifiziert worden, das sei wohl „zwischen ein und zwei Uhr im LKA“ erfolgt. Die Zeugin bestätigt, dass das Whiteboard morgens weitgehend leer gewesen sei. Der Abg. Dittes (LINKE) fragt, ob das Fahndungsplakat bereits aufgehängt worden sei. Die Zeugin weiß das nicht mehr. Im Laufe der Tage bis zum 08.11. sei es jedenfalls aufgehängt worden. Man habe sich des alten Fahndungsplakates bedient, weil man keine aktuellen Bilder von Mundlos und Böhnhardt gehabt habe. Der Abg. Dittes (Linke) hält ein Foto des Whiteboards vom 08.11. vor und fragt nach bereits am 05.11. aufgehängten/aufgeschriebenen Informationen. Die Zeugin führt aus, dass die Informationen zum „schweren Raub Arnstadt“ und auch das Phantombild sicherlich schon am 05.11. bekannt gewesen seien. Bezüglich zweier anderer Phantombilder daneben ist sich die Zeugin allerdings nicht sicher. Sie fragt sich, ob nicht ein Kollege aus Baden-Württemberg diese erstellt habe. Die Namen „Uwe Böhnhardt“ und „Uwe Mundlos“, weiter unten, also chronologisch später, habe sie aufgeschrieben. Der obere Teil habe womöglich schon morgens auf dem Board gestanden, der untere Teil im Laufe des Tages bis zu den Abendstunden. Die Informationen zu Böhnhardt seien frühestens am 06./07.11, nach seiner Identifizierung, dazu gekommen. Ißl. bejaht die Frage der Abg. König (LINKE), ob das Whiteboard zwischendurch abgewischt worden sei. Dieses sei „ein Mal“ abgewischt worden. Das Whiteboard sei ähnlich wie die Flipcharts immer weiter vervollständigt worden. Die Vervollständigung sei durch verschiedene Personen erfolgt, was man auch an den unterschiedlichen Handschriften sehe. Das Whiteboard bestehe aus drei Tafeln, die man übereinander schieben könne. Einer dieser Bereiche sei einmal abgewischt worden. Dabei sei es um die Struktur der BAO gegangen, die „noch einmal verbessert“ worden sei. Namen und Erreichbarkeit seien angegeben worden. Die Abg. König (LINKE) stört sich daran, dass laut der Zeugenaussage also nichts verändert worden sei. Auf dem Bild des Whiteboards vom 08.11. hänge dort jedoch kein Fahndungsplakat, obwohl die Beamten aus Baden-Württemberg ausgesagt hätten, dass das Fahndungsplakat am 05.11. bei ihrer Ankunft bereits aufgehängt worden sei. Die Zeugin präzisiert, dass Erkenntnisse „erneuert“ wurden. Zu diesem Zweck wurde „vielleicht auch mal ein Wort weggewischt“. Nur im Mittelteil des Whiteboards habe man eine bessere Strukturierung der Erkenntnisse vorgenommen. Dort seien zunächst die zuständigen Beamten aufgeschrieben worden, auf dem vorgehaltenen Foto vom 08.11. sehe man dort Informationen über identifizierte Personen und Verbindungen zu anderen Personen. Veränderungen am Whiteboard seien also nur zum Zwecke einer besseren Abbildung vorgenommen worden, nicht bezüglich der gewonnen Erkenntnisse. Auf Vorhalt eines Fotos, das einen Teil des Whiteboards zeigt, auf dem Zeitungsausschnitte zu sehen sind, erklärt die Zeugin, dass das Foto später entstanden worden sei, weil die zu sehende Information „Handy LG“ erst nach Bergung des Handys notiert werden konnte.

Auf Nachfrage der Abg. Pelke (SPD) erklärt Ißl., dass sie den Zusammenhang zu dem Wohnungsbrand erst am 05.11. hatten. Die Abg. Pelke (SPD) meint, der Zeuge, der das Wohnmobil mit „V“-Kennzeichen im Bereich der Frühlingsstraße gesehen habe, habe sich bereits am Abend des 04.11. gemeldet. Am 05.11. um 12.17 Uhr sei diese Information von einem Herrn Leuc. an den Stab gekommen. Die Zeugin bestätigt, dass sie „es bis zum Mittag“ am 05.11. wussten.

Der Abg. Henke (AfD) fragt nach einer Erklärung für die fehlende Ankunft der Aktenvermerke der Kollegen aus Baden-Württemberg in Thüringen. Die Zeugin kann dies nicht erklären und weiß auch nichts von einer Nachforderung der Aktenvermerke durch Herrn Aßm. in 2014 oder 2015. Die Zeugin erklärt, dass eine „übergeordnete Stelle“, gemeint ist der Führungsstab, nur die Kerninformationen erhalte, die er benötige, um weitere Entscheidungen zu treffen. Der Aufbau einer Ermittlungsakte mit einer strukturierten Abbildung vieler Detailinformationen unterscheide sich wesentlich von der Arbeit des Führungsstabs.

Die Abg. Henfling (GRÜNE) weist auf ein Schreiben der PD Gotha hin, das Ißl. angelegt hat. Es sei eine Beschwerde vom 09.11. von Menzel über Wunderlich. Die Zeugin erklärt, in der Beschwerde sei es um eine Angelegenheit um das „LG Handy“ gegangen. Es sei so gewesen, dass eine Betäubungsmittelkonsumentin ihre Daten verkauft habe, damit das Handy genutzt werden konnte. In dem Handy seien verschiedene Telefonnummern gespeichert gewesen. Eine davon war eine Person namens „Lo.“. Diese Person habe ihren Wohnsitz in Norwegen gehabt. „Uns war wichtig, dass diese Person und ihr Umfeld aufgeklärt wird und dass das im Rahmen einer Art Büroerkenntnisgewinnung passiert.“ Diese „Befehlstaktik“ habe Menzel für die Zielfahndung aufgegeben. Erwartet wurde, dass eine Zieladresse in Zwickau angeschaut werden solle und geschaut werden solle, welche Bewohner dort seien, ob es eine Gefahrensituation gebe und welche Informationen man dort über Sabine Lo. finden könne. Diese Informationen sollte er zurückmelden, ohne an die Person oder an potentielle Kontaktpersonen persönlich heranzutreten. Diesen Auftrag habe Wunderlich überzogen. Er habe Kontakt zu der Mutter von Sabine Lo. aufgenommen und von dieser weitere Nummern und eine E-Mail-Adresse erhalten. Wunderlich habe anschließend ohne Rückkopplung mit dem Polizeiführer eigenmächtig Kontakt über E-Mail zu der Sabine Lo. hergestellt. Das sei der „Knackpunkt“ gewesen, warum es die vertrauliche Führungsinformation an den Präsidenten des LKA gegeben habe. Der Auftrag sei von ihr auf einer Flipchart skizziert worden. Weitere Probleme habe es zwischen Wunderlich und Menzel ihres Erachtens nach nicht gegeben. Wunderlich sei „einer der erfolgreichsten Zielfahnder“, der mit viel Wissen über die gefragten Personen gekommen sei und generell ein sehr geschätzter Mitarbeiter der Thüringer Polizei sei. Die Zielfahndung sei allerdings immer nur ein Bestandteil der Ermittlungen. Aus ihrer Sicht hätte man die Informationen zu Sabine Lo. zurückhaltender ermitteln müssen. Man habe schließlich nichts über den Status von Sabine Lo. gewusst (z.B. Mittäterin oder Mitwisserin?). Der Umstand sei mit Wunderlich allerdings nicht ausdiskutiert worden, sondern Wunderlich nur auf die Beschwerde aufmerksam gemacht worden.

Auf Nachfragen der Abg. König (LINKE) meint die Zeugin, nicht gesehen zu haben, dass Wunderlich irgendwelche (alten) Akten mitgebracht hätte. Die sogenannte Kreuzverbrennung in der Nähe von Jena mit Zschäpe und Böhnhardt ist ihres Erachtens am 05.11. kein Thema gewesen. Die Zeugin hat am 05.11. auch keine Altakten aus den 90’er Jahren gesehen. Herrn Dressler oder Herrn Harz. habe sie am 05.11. ebenfalls nicht gesehen. Allerdings meint die Zeugin zunächst, dass an einem Tag in der ersten Woche Herr Wießner in der SoKo Capron gewesen sei. Auf Vorhalt eines Bildes von Norbert Wießner, ehemaliger Beamter beim Verfassungsschutz und V-Mann-Führer von Tino Brandt, glaubt die Zeugin, dass die Person, die in der SoKo gewesen sei, wohl doch nicht Herr Wießner gewesen sei. Die Person, die in der SoKo gewesen sei, müsse vor dem 08.11. da gewesen sei, da sie Zschäpe noch gesucht hätten. Die Person sei befragt worden, an wen Zschäpe sich wohl wenden würde, wenn sie in großer Not sei. Als Antwort sei der Name Wohlleben gefallen. Die Person hat der SoKo zudem Zschäpe beschrieben. Gewinnbringende Informationen habe der Besuch jedoch nicht gebracht. Die Befragung habe Menzel durchgeführt. Vielleicht seien noch die Kollegen aus Baden-Württemberg dabei gewesen. Außerdem sie selbst. An Herrn Wunderlich kann sie sich in dem Zusammenhang nicht erinnern. Die Frage der Abg. König (LINKE), warum eine Person Zschäpe beschreiben sollte, obwohl man alte Bilder und das Fahndungsfoto gehabt habe, kann Ißl. nicht beantworten. Sie gibt an, dass der Besuch nicht protokolliert worden sei und sie auch nicht wisse, ob er im Lagefilm notiert wurde. Auf Nachfrage der Abg. König (LINKE), ob der Besuch vom Verfassungsschutz gewesen sei, denkt die Zeugin eher an eine Person vom Thüringer LKA. An den Namen kann sie sich jedenfalls nicht mehr erinnern. Auf Nachfrage gibt sie an, dass die SoKo Rex am 05.11. kein Thema gewesen sei. In Finanzermittlungen sei sie nicht involviert gewesen. Das Damoko-System kann sie nicht erklären, da sie das nicht bedient und keinen einzigen Datensatz selbst erfasst habe. Die einzige Peron, die Damoko geführt habe, sei Frau Schil. gewesen.

Auf Nachfrage der Abg. Pelke (SPD) erklärt Ißl., dass Menzel Informationen vom Verfassungsschutz „definitiv“ angefordert habe, „und zwar schriftlich“. Sie selbst habe sich an einen Herrn Derichs gewandt. Sie hatte den Auftrag, das zu verschriftlichen, aber Menzel habe das Schreiben wohl unterschrieben. An das Ergebnis kann sich die Zeugin nicht erinnern. Sie verneint zudem „definitiv“, dass am 05.11. jemand vom Verfassungsschutz da gewesen sei.

Gegenüber dem Abg. Henke (AfD) sagt Ißl., dass ihr am 05.11. weder die Begriffe „Drilling“ noch „Kameradschaft Süd“ untergekommen seien. Auch ist ihr nicht erinnerlich, dass Wunderlich mal von „Drilling“ gesprochen habe, wie sie gegenüber der Abg. Henfling (GRÜNE) zu Protokoll gibt.

Die Abg. König (LINKE) macht einen Vorhalt aus der 58. Sitzung des Thüringer UA 5/1. Dort habe Herr Dressler ausgesagt, dass er am 05.11.2011 um 15 Uhr abgeholt wurde und gegen 18 Uhr wieder zurück war und in Gotha war. Die sei ein „absoluter Widerspruch“ zu allen anderen bisherigen Aussagen. Ob es sein könne, dass er in Gotha war, aber nicht in der Einsatzzentrale, in dem sich der Führungsstab aufgehalten habe? Die Zeugin antwortet, dass zwei Beamte vom LKA da gewesen seien, sie vermute, dass es sich dabei um Harz. und Dressler handeln könnte. Möglicherweise habe sie zuvor die Namen von Herrn Harz. und Herrn Wießner – im Übrigen gebe es auch beim LKA einen Herrn Wießner – verwechselt. Bezüglich des Datum, 05.11., ist sich die Zeugin nicht sicher. Auf Nachfrage des Abg. Dittes (LINKE) gibt die Zeugin an, keine Akten gesehen zu haben, die Wunderlich mitgebracht haben könnte. Sie erklärt zudem noch einmal, dass alte polizeilichen Datenbestände und die Vermisstenanzeige zu Mundlos die Ermittler auf die Namen Böhnhardt und Zschäpe gebracht hätten. Der Personenkreis um Gerlach ergab sich aus polizeilichen Vernehmungserkenntnissen. Gerlach habe auch Ralf Wohlleben erwähnt. Der Staatsschützer Poh. aus dem K4 sei hinzugezogen worden. Auch Menzel hatte noch ein „rudimentäres Wissen zu den Personen“. Auf Nachfrage führt die Zeugin aus, dass INPOL-Daten und google ihnen weitergeholfen haben. Im INPOL sei vermerkt gewesen, dass Mundlos häufig zusammen mit Böhnhardt und Zschäpe in Erscheinung trete. Die entsprechenden Personendaten waren also im polizeilichen System. Poh. vom Staatsschutz habe keine Akten dabei gehabt. Facebook habe sie selbst zur Recherche nicht genutzt. Ausdrucke aus einer google-Recherche habe sie weder gesehen noch in der Hand gehabt. Die Abg. König (LINKE) fragt die Zeugin, warum sie auf der Flipchart im Lagezentrum in roter Schrift unter „Zschäpe“ und rechts neben dem Namen „Wohlleben“ in Klammern den Namen „Rachhausen“ vermerkt habe. Ißl. bestätigt, dass es sich um ihre Handschrift handele, kann die Frage allerdings nicht beantworten. Auf den Flipcharts würden Informationen abgebildet, die sich aus den Besprechungen und Ermittlungen ergeben hätten. Die Fragezeichen hinter den Namen stünden dafür, dass man weiterführende Ermittlungen hätte führen können. Der Name Rachhausen sage ihr aber nichts mehr. Sie wisse nicht einmal, ob es sich dabei um einen Namen handele. Es habe in Frage gestanden, weiterführend zu ermitteln. Aber die Übergabe an das BKA habe diese Ermittlungen beendet.

Auf Nachfrage der Abg. Pelke (SPD) sagt die Zeugin aus, dass sie vom 04. auf den 05.11 keine Nachtschicht gemacht habe. Sie glaube nicht, dass jemand die ganze Nacht durchgearbeitet habe.

Gegenüber dem Abg. Henke (AfD) gibt Ißl. an, vom 04. bis zum 11.11. sehr intensiv in die Ermittlungen eingebunden gewesen zu sein. Ab Montag, den 14.11., sei dies nur noch sporadisch gewesen, zum Beispiel in Form der Steuerung von E-Post-Nachrichten. Noch später sei sie nur noch im Rahmen von Anfragen mit dem Sachverhalt in Berührung gekommen.

Anschließend wird die Zeugin Bianka Ißl. um 16.11 Uhr entlassen.

14.51 Uhr Fünfter Zeuge: KOR Torsten Kun.

Der Zeuge Torsten Kun. erklärt zu Beginn, dass es „natürlich schwierig“ sei, sich nach knapp fünf Jahren an einzelne Tage zu erinnern. Der 05.11. spiele dennoc2016_06_02-kunh „eine prägnante Rolle“, weil dies der erste Tag nach dem Banküberfall in Eisenach war. Trotzdem könne er sich an Details von einzelnen Besprechungen nicht mehr erinnern. Der Zeuge meint, dass es allerdings „Dinge“ gegeben habe, „die für den Tag bezeichnend waren“. Wann genau er am 05.11. auf die Dienststelle gekommen ist, weiß Torsten Kun. nicht mehr. Vom 04. bis zur Übergabe der Akten am 15.11. hätten sie von früh bis spät abends und in die Nacht hinein gearbeitet. Sie seien früh gekommen und hatten einzelne Aufträge abends rausgegeben. Dabei sei es auch um die dann vollzogene Festnahme von Holger Gerlach gegangen. Des Weiteren sei es um die Fingerabdrücke bzw. DNA-Spuren gegangen, die noch „in das System“ eingegeben werden sollten. Der Zeuge erinnert sich, dass früh bereits der Name Mundlos „an der Wand hing“. Auf Mundlos sei man über das Einlesen von Fingerabdrücken gekommen. Sie hätten bis dahin noch Holger Gerlach hinter dem Banküberfall vermutet. Das war das erste Prägnante an dem Tag für Torsten Kun.. Es sei dann „relativ bald“ zur Frühbesprechung gekommen. Der Zeitpunkt sei ihm nicht erinnerlich. Das Team habe sich – „wie eigentlich an jedem Tag in diesen elf Tagen“ – die nächsten Ermittlungsaufträge überlegt. Es ging um die Vortag-Vernehmungen zu dem angemieteten Wohnmobil. Man habe zudem „die ganze Problematik verifizieren“ wollen und auch ein subjektives Täterprofil erstellen wollen, wobei ihnen ein Kollege aus Baden-Württemberg geholfen, der zur Erstellung solcher Profile in der Lage war und an dem Tag anreiste. Der Zeuge weiß nicht, ob sie an dem Tag sonst jemanden vom LKA zur Verfügung gestellt bekommen hätten. Der Name Gerlach habe wegen der Anmietung des Wohnmobils eine Rolle gespielt. Der Name Mundlos habe ihn bis dahin „überhaupt nichts“ gesagt, er sei mit ihn „in meiner bisherigen polizeilichen Laufbahn noch nicht in Berührung gekommen.“ Relativ schnell seien über das Datensystem der Polizei oder eigenen Erfahrungen von Kollegen im Laufe des Vormittags die Namen Böhnhardt und Zschäpe genannt worden. „Wir wussten zu dem Zeitpunkt nicht, ob es da überhaupt einen Zusammenhang gibt. Von der Vorgeschichte her war das aber möglich gewesen.“ Zu dem Zeitpunkt seien Kollegen von ihnen bei der Autovermietung im Vogtlandkreis und in Niedersachen bei den Vernehmungen von Gerlach und seiner Lebensgefährtin gewesen. Auch Durchsuchungshandlungen hätten stattgefunden. Dabei sei ein Schließfachschlüssel gefunden worden, mittels dem sie später eine „erhebliche Menge an Bargeld“ haben öffnen können. In den Mittagsstunden hätten sie die Erkenntnis bekommen, dass, dass die Explosion in einem Zwickauer Wohnhaus vermutlich in Zusammenhang zu ihrem Banküberfall stehe, weil dort in unmittelbarer Nähe ein Wohnmobil mit „V“-Kennzeichen gesehen worden ist. Diese Information habe ihnen wohl derselbe Zwickauer KHK-Kollege überbracht, mit dem sie am Vortag wegen der Wohnmobil-Anmietung gesprochen hätten. Zu dem Zeitpunkt seien wohl auch schon die Kollegen aus Baden-Württemberg-kollegen eingetroffen gewesen. Im Laufe des Tages hätten die Kollegen aus Zwickau noch ermittelt, dass der Mieter der Wohnparzelle ein gewisser „Dienelt“ gewesen wäre. Dieser Dienelt habe „an dem Tag oder einen Tag später“ mit einem Rechtsanwalt bei der dortigen Polizei eine Aussage getätigt. In dem Zusammenhang sei der Name André Eminger gefallen, von dem sie Bahncards im Wohnmobil gefunden haben. Damit habe er den „groben Ablauf des 05.11. aus meiner Sicht“ dargestellt.

Auf Nachfrage der Vors. Abg. Marx (SPD) gibt der Zeuge an, dass unter anderem der Kollege Wunderlich noch hinzugezogen worden sei. Er habe die Zielfahndung im LKA geführt und „die ganze Problematik der Fahndungsmaßnahmen übertragen bekommen hat.“ Wunderlich habe schon Kenntnisse „zu diesem Trio“ gehabt. Ferner erklärt der Zeuge, er habe die Ermittlungen koordiniert. Herrn May., seinerzeit Leiter der der KPS Eisenach und ihm als stellvertretenden Leiter der KPI seien es zusammen am effizientesten möglich gewesen, das erforderliche Personal einzusetzen um Ermittlungsaufträge zu realisieren. Es sei auch ein Sachbearbeiter vom Staatsschutz des LKA gekommen, den Torsten Kun. nicht namentlich benennen kann. Namen seien für ihn „Schall und Rauch“. Es seien viele Leute im Führungsstab gewesen. Auch die Kollegen aus Baden-Württemberg kenne er nicht namentlich. Befragt zu Erkenntnissen zu Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe am 05.11. erklärt Torsten Kun., dass „es schon bekannt wurde, dass Mundlos, Zschäpe und Böhnhardt, das Trio, schon in der Vergangenheit polizeilich in Erscheinung getreten sind.“ Das sei ihnen auch in Zusammenhang mit „der uns heute bekannten Geschichte, die in Jena ihren Anfang nahm“ mitgeteilt. Die Erkenntnisse seien für ihn neu gewesen. Es habe am 05.11. eine Fokussierung auf diese Namen stattgefunden. Zudem habe es am 05.11. „diesen ominösen Anruf von Zschäpe“ an die Eltern von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gegeben, in dem sie über den Tod ihrer Söhne informiert habe. „Da war uns schon klar zu diesem Zeitpunkt, dass es die Verbindung geben musste.“ Die Nachfrage der Vors. Abg. Marx (SPD), ob überlegt worden sei, eine höhere Behörde einzuschalten, bejaht der Zeuge: „Natürlich, sowas spielt immer ne Rolle, jetzt muss man aber Schritt für Schritt vorgehen: Was war uns am 04.11. bekannt? Was war uns am 05.11. bekannt?“ Anlässlich eines Banküberfalls, so der Stand zunächst am 04.11., käme man nicht auf die Idee, das BKA einzuschalten. Der Zusammenhang, hergestellt über die Zuordnung von Waffen, in den Nachmittagsstunden zu Martin Arnold und noch später zu Kiesewetter, also zum Tötungsdelikt in Baden-Württemberg, habe einen weiteren Tatverdacht aufkommen lassen. In den Mittagsstunden des 05.11. sei der Verdacht eines Zusammenhangs zu der Explosion in Zwickau entstanden. Die Dimensionen, insbesondere zum rechtsextremen Hintergrund, hätten sie noch nicht erahnt, sondern sei ihnen erst „nach und nach bewusst geworden“. Der Zeuge erinnert sich, dass das BKA sich mit Bekanntwerden des Zusammenhangs zu der Mordserie, eine knappe Woche später, eingeschaltet habe. Bis dahin habe es auch nicht sämtliche Vorgänge übernehmen wollen. Es sei nicht ihre Entscheidungskompetenz gewesen. Zudem hätten sie das BKA vor dem Zusammenhang mit der Mordserie „nicht zwingend in der Pflicht gesehen“.

Die Frage des Abg. Dittes (LINKE), wie der Zeuge von der Kenntnis von Herrn Wunderlich über die benannten Personen erfahren habe, beantwortet Kun. mit den Erzählungen von Herrn Wunderlich. Er sei im Laufe des Vormittags gekommen und habe zumindest gesagt, „dass ihm die drei Namen was sagen“ und er mit ihnen dienstlich zu tun gehabt habe. Der Abg. Dittes (LINKE) möchte wissen, wie so eine Informierung der Anwesenden ablaufe. Kun. erklärt, dass sie während ihrer Tätigkeit nicht „den ganzen Tag in Beratungsatmosphäre“ seien. Sie hätten auch mit logistischen und kommunikativen Dingen zu tun. Mit Wunderlich habe es wohl eine lockere Gesprächsrunde gegeben, in der auch nicht zwingend alle im Zimmer anwesend gewesen sein müssen. Wunderlich habe sofort den Zusammenhang zu Böhnhardt und Zschäpe hergestellt. Das sei für sie zu dem Zeitpunkt wichtig gewesen. „Man tauscht sich aus“, sagt Kun. über die Gespräche mit Wunderlich. In der Ermittlungstätigkeit versuchten sie „weiter zu kommen“. Wunderlich habe das Wort – aus der Erinnerung von Kun. heraus – erkennbar an mehrere Menschen gerichtet. Akten oder Aktenteile, die Wunderlich mitgebracht haben könnte, hat Kun. nicht gesehen. Wunderlich habe aber Erkenntnisse vorgetragen, ohne ihnen Akten zu geben. Auf weitere Nachfrage erklärt Kun., dass man sich –auch dank der Erkenntnisse von Wunderlich zu dem Trio – auf die Person Böhnhardt als die zweite, noch unbekannte Leiche habe fokussieren können. Spätestens mit der Information über den Anruf von Zschäpe bei den Eltern sei die Sache klar gewesen. Kun. weiß allerdings nicht mehr, wann diese Information kam. Es sei dann aber „schnell klar“ gewesen, dass offenbar mindestens die beiden männlichen Personen aus dem Trio hinter dem Banküberfall steckten. Der objektive Beweis habe ihnen aber noch gefehlt. Noch näher sei dieser Verdacht mit dem Kontakt nach Zwickau mittags am 05.11. verifiziert worden. Bezüglich der Explosion in der Frühlingsstraße in Zwickau sei „relativ schnell bekannt“ geworden, dass Dienelt die Wohnung an drei Personen untervermietet habe. Diese seien auch gegenüber ihm mit Alias-namen aufgetreten: „Liese“, „Gerry“ und „Max“. Von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe sei dort noch keine Rede gewesen. Mittels Lichtbildvorlagen der Zwickauer Kollegen habe man die Personen später dem Trio zugeordnet. So hätten sich die Informationen im Laufe des Tages auch auf den rechten Hintergrund die frühere Begehung von Staatsschutzdelikten verdichtet. Der Abg. Dittes (LINKE) fragt nach einer durch Wunderlich geäußerten möglichen Involviertheit des Verfassungsschutzes. Kun. will das „nicht in Abrede stellen“, dass er geäußert habe, dass auch der Verfassungsschutz ermittelt habe. Dass Wunderlich geäußert habe, dass er deswegen seine Zielfahndung habe einstellen müsse, möchte Kun. „so nicht sagen“. Wenn eine solche Äußerung gefallen wäre, wäre es „sicherlich notwendig“, schnellstmöglich den Staatsschutz einzuschalten. Dass es am 05.11. einen Kontakt zum Verfassungsschutz, gegebenenfalls über den Staatsschutz, gegeben hat, sei möglich. Kun. kann sich daran allerdings nicht mehr erinnern.

Die Abg. Pelke (SPD) möchte wissen, warum die Identifizierung der zweiten Leiche trotz des Anhaltspunkts des Anrufs von Zschäpe bei den Eltern von Mundlos und Böhnhardt so lange gedauert habe. Kun. erklärt, die Leiche könne wahrscheinlich über die DNA der Leichen identifiziert werden. Das sei dann wohl am Anfang der Woche, „relativ schnell“, geschehen. Zu dem Zeitpunkt seien „immens viele Arbeitsaufträge“ angefallen, die priorisiert werden mussten. Der Zeuge kann ausdrücklich keine Zeitverzögerung erkennen. Die Identität sei aus ihrer Sicht erst zweifelsfrei geklärt, wenn es ein Gutachten über den DNA-Vergleich gibt. Da sie keine Vergleichs-DNA gehabt hätten, sei dafür die DNA der Eltern erforderlich gewesen.

Auf Nachfrage des Abg. Dittes (LINKE) gibt der Zeuge an, dass er mit dem Sachverhalt zum 04.11. bis zum 15.11. betraut gewesen sei. An dem Tag hätten sie die Akten an den RegEA Thüringen übergeben und damit die SoKo aufgelöst. Bereits am 11.11. habe es die Entscheidung gegeben, dass das BKA übernehme. Da sei jedoch erst noch ein Einsatzabschnitt „Sachsen-Thüringen“ gegründet worden. Der Zeuge sei dann an dem Wochenende nach Zwickau gefahren, „um unsere Erkenntnisse preiszugeben“. Dann sei ihnen gesagt worden, „entweder vom GBA oder dem BKA“, dass die Banküberfälle nicht mit übernommen würden. Diese Entscheidung sei jedoch revidiert worden. Am 15.11. seien die Akten an einen Länder-Einsatzabschnitt in Thüringen, der von Sachsen noch einmal getrennt worden sei, übergeben worden. Einen Bericht der Kollegen aus Baden-Württemberg über ihre Arbeit hat der Zeuge nie gesehen. Er sei auch nicht Bestandteil der Aktenübergabe am 15.11. gewesen. Wenn es solche Dokumente gebe, dann seien das „interne Aufzeichnen für ihr eigenes Bundesland“ und „nicht für unsere Akte“. Dokumente der SoKo Rex, der Sonderkommission Rechtsextremismus, seien Kun. nach eigener Aussage im Rahmen der Arbeit nicht vorgelegt worden. Den Begriff „Drilling“ kennt der Zeuge im Zusammenhang mit Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt nicht: „Drilling sacht mir gar nüscht.“ Die Befragung des Zeugen Torsten Kun. wird anschließend um 16.56 Uhr abgeschlossen.

16.58 Uhr Sechster Zeuge: KHK Silko Aßm.

2016_06_02-assmDer Zeuge Silko Aßm. schildert, dass er am 05.11. morgens um 9 Uhr erneut im Lagesaal der PD Gotha war um die SoKo-Arbeit voranzutreiben. Der Name Mundlos sei bereits durch den „PVD [Polizeivollzugsdienst] der Nacht“ an das Whiteboard geschrieben worden. Frau Schil. sei bereits im Saal gewesen, als er kam. Der Zeige berichtet, gefragt zu haben, was es mit dem Namen Mundlos auf sich habe. Ihm sei gesagt worden, dass die Leiche von Uwe Mundlos mithilfe einer daktyloskopischen Untersuchung und einem Abdruck im System identifiziert wurde. Frau Schil. habe die Person im INPOL abgeprüft. Zeitgleich sei der Rest der Kollegen eingetrudelt. Im INPOL gab es die Information, dass Mundlos mit den Personen Zschäpe und Böhnhardt unterwegs sei. Der Vater von Mundlos hatte 2005 „nochmals“ eine Vermisstenanzeige zu seinem Sohn aufgegeben, weshalb die Daten im System gewesen seien. Die drei Namen sagten dem Zeugen „gar nichts“, auch nicht der Bezug zu Jena. Herr Menzel habe sich erinnert, dass es sich um das Bombentrio handelte. Sie hätten die Personen gegoogelt und alte schwarz/weiß-Fotos gefunden, was ihr „erster Berührungspunkt mit den drei Namen“ gewesen sei. Noch in der Nacht sei Holger Gerlach in vorläufigen Gewahrsam genommen worden, wie sie erfahren hatten. Dann seien bereits die Kollegen aus Baden-Württemberg dazu gekommen. Bereits am Vortag sei vereinbart worden, dass sie in die Ermittlungen miteinbezogen werden sollten. Zur Lagebesprechung seien dann die Kollegen aus Baden-Württemberg, aus Gotha Frau Schil., er, Herr Kun. und Herr May. anwesend gewesen. Herr May. sei tags zuvor aufgefordert worden, einen Lagevortrag durchzuführen, was er gemacht habe. Dabei sei der aktuelle Ermittlungsstand aufgezeigt worden. Die zweite Dienstschusswaffe, die P2000, sei aufgefunden worden, was die Spur nach Heilbronn erhärtete. Anschließend wurden die weiteren Ermittlungsschritte festgelegt. Priorität hatte die Identifizierung der zweiten Leiche und die Durchführung der Sektion. Darüber hinaus sei der zweite Ermittlungsabschnitt der „Komplex Lauenau“ gewesen, wo ein Ermittlungsteam Holger Gerlach vernehmen sollte. Darüber hinaus sei seine Wohnung zu durchsuchen gewesen, wofür noch ein Beschluss habe erwirkt werden müssen. Nach der Festnahme von Gerlach sei seine Wohnung observiert worden und ein zweiter Mann in Gewahrsam genommen worden. Es sei eine Alibiüberprüfung zu machen gewesen.

Der Zeuge berichtet, „ziemlich überrascht“ gewesen zu sein, dass Holger Gerlach überhaupt noch lebt. Freitagnachts habe er wegen der Anmietung des Wohnmobils auf den Namen Holger Gerlach vermutet, dass es sich bei der Person um eine der Leichen im Wohnmobil handele. Ein weiterer Ermittlungskomplex habe die Vermietungsfirma des Wohnmobils betroffen. Eine erste Befragung habe dort bereits am Freitagnachmittag durch die KPI Zwickau stattgefunden. Diese Informationen mussten verdichtet werden und Zeugenbefragungen durchgeführt werden, wofür ein Ermittlungsteam nach Sachsen fahren sollte. Der Chef der Firma, dessen Frau und eine Büroangestellte seien letztlich vernommen worden. Die Kollegen aus Württemberg hätten einen Phantomzeichner dabei gehabt, den sie ebenfalls nach Zwickau entsendeten. „Automatisch“ mit dem Bekanntwerden des Trios, aber nur zwei vorhandenen Leichen, hatte man die Vermutung, dass es sich bei der noch nicht identifizierten Person um die Leiche von Uwe Böhnhardt handeln würde und außerdem sofort Fahndungsmaßnahmen eingeleitet. Die Zielfahndung sei aktiviert worden, die in der Vergangenheit auch schon nach Zschäpe gefahndet hatte. Das alles sei der Stand nach der Lagebesprechung am Morgen des Samstag, den 05.11. gewesen. Die Lage habe sich „zur Mittagszeit nochmal drastisch verändert“, als sie aus Zwickau die Information erhalten hätten, dass Zeugen in der Nähe des explodierten Hauses ein Wohnmobil mit „V“-Kennzeichen wahrgenommen hätten.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) fragt, was Herr Wunderlich von der Zielfahndung von seiner vorherigen Kenntnis mitgeteilt habe. Der Zeuge antwortet, dass Wunderlich berichtet habe, bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolglos nach Zschäpe gefahndet zu haben. Der Fall war ihm also noch sehr präsent, „weil die meisten hatte er ja gefangen“. Man habe ihm angemerkt, dass er deshalb noch „ärgerlich“ gewesen sei. Der Zeuge erinnert sich aber nicht daran, ob Wunderlich einen Grund für seinen damaligen Misserfolg angegeben habe. Auf Nachfrage, wie er sich auf den UA vorbereitet habe, erwähnt Silko Aßm. als Recherchemittel „die Akten, die in der LPI Gotha, der damaligen PD Gotha, gefertigt wurden“, außerdem den abschließenden Bericht zur Übergabe an das BKA, die beiden Lagefilme aus der PI Eisenach und der der SoKo Capron und darüber hinaus die Kriminalakte Gerlach, in dem die Ereignisse Eisenach beschrieben seien. Die Vors. Abg. Marx (SPD) berichtet von dem eigenständig erstellten Protokoll der Kollegen aus Baden-Württemberg, das „von Ihnen 2014 oder 2015 Akten noch einmal angefordert worden sei“. Silko Aßm. ist sich der Existenz des Protokolls bewusst, aber er stutzt und verneint. Der mutmaßliche Vorgang der Aktenanforderung sei ihm „überhaupt nicht erinnerlich“: „Ich wüsste auch nicht, aus welchem Grund ich das anfordern sollte“. Über die Jahre habe er mit Kollegen aus Württemberg immer wieder telefoniert, insbesondere mit Frau Rieg.. Zuletzt habe er vor ein paar Wochen mit ihr telefoniert, wo es um einen Beweisbeschluss darüber gegangen sei, wer am Morgen des 05.11. anwesend gewesen sei. Er selbst wusste das nicht mehr ich „hatte keinen mehr, den ich fragen konnte“. Die „Wortprotokolle“ kenne er allerdings nicht und habe sie auch noch nie gesehen. Er habe sämtliche Aufträge der PD Gotha zusammengefasst und alle Beweisbeschlüsse bearbeitet, aber er weiß von keinem Beweisbeschluss, auf Grund dessen er die Protokolle habe anfertigen sollen. Auf Nachfrage der Vors. Abg. Marx (SPD), warum er nun den Terminus „Wortlautprotokolle“ eingeführt habe, sagt Silko Aßm., dass er wisse, dass die Kollegen „fleißig mitgeschrieben“ hätten. Das habe er mitbekommen. Er sei bisher auch davon ausgegangen, dass diese Protokolle dem UA vorliegen würden. Bei dem erwähnten letzten Telefonat mit Frau Rieg. sei es um den Teilnehmerkreis in der SoKo gegangen. Der Zeuge sagt, er habe eine Liste gehabt und wollte die Namen abgleichen. Die Vors. Abg. Marx (SPD) betont, dass der UA nur den Lagefilm habe. Aus diesem gehe zum Beispiel die Anwesenheit von Herrn Wunderlich nicht hervor. Silko Aßm. bestätigt, dass Wunderlich am 05.11. im Lagezentrum war. Er kann sich ferner daran erinnern, dass beim LKA die Abteilung Staatsschutz informiert worden sei. Dies sei Samstag oder Sonntag passiert. Die Vors. Abg. Marx (SPD) erkundigt sich nach den Erkenntnissen durch den Staatschutz. Der Zeuge rekapituliert, dass sie vom KDD Hannover bereits am Freitag wussten, dass der in Hannover wohnende Bruder von Holger Gerlach an einer -Versammlung teilgenommen habe. Deshalb hatten sie ihren eigenen „Staatsschutz-Mann“ Matthias Poh. bereits am Freitag eingebunden, damit er Informationen zu Gerlach besorge. Es habe weitere Hinweise auf Staatsschutz-Relevanz aus den drei Vernehmungen von Holger Gerlach an dem Wochenende gegeben. Er habe unter anderem Mundlos, Böhnhardt und Wohlleben benannt. Irgendwann an dem Wochenende, nachdem bekannt gewesen sei, dass einer der Toten Uwe Mundlos ist, seien Staatsschutz-Erkenntnisse in Jena angefragt worden. Die hatten allerdings keine weiteren Informationen und auf das LKA verwiesen. Er meine, dass es so gewesen sei. Wie es dann weiter gegangen sei, weiß der Zeuge nicht mehr. Mit dem Sachverhalt sei er zwar „eigentlich die ganze Zeit“ befasst gewesen, seine Hauptaufgabe sei neben organisatorischen Dingen jedoch die Verfassung des Abschlussberichts gewesen. Dass Wunderlich einen Verdacht bezüglich eines Schutzes von Zschäpe durch den Verfassungsschutz geäußert habe, ist dem Zeugen nicht erinnerlich. Er ist sich zwar sicher, dass er eine solche Äußerung nicht überhört hätte, allerdings sei die Situation in dem Führungsraum „angespannt“ gewesen. Alle hätten sehr konzentriert gearbeitet. Es seien laufend die Telefone gegangen und habe „1000 Probleme gleichzeitig“ zu realisieren gegeben. Die Vors. Abg. Marx (SPD) führt aus, dass Ißl. am 09.11. den Verfassungsschutz kontaktiert und mit Herrn Derichs gesprochen habe. Daraufhin sei ein zweiseitiger Bericht angefertigt worden, der erst per Fax und dann im Original eingegangen sei. Die Vors. Abg. Marx (SPD) möchte wissen, was dabei herausgekommen sei. Der Zeuge räumt ein, er wisse von dem Sachverhalt durch ein Gespräch mit Frau Ißl. von vor ein paar Tagen. Davor sei ihm dieser „gänzlich unbekannt“ gewesen. Im Kreise der SoKo seien die Erkenntnisse nicht besprochen worden. Auf Nachfrage, wie es zum Gespräch gekommen sei, erklärt der Zeuge, dass man sich im Vorfeld wegen der Ladung zum UA unterhalten habe. In Randgesprächen hätten sie sich auch über Herrn Wunderlich unterhalten, wobei Frau Ißl. den Sachverhalt angesprochen habe. Den Inhalt von dem Schreiben von Ißl. oder einer Rückantwort kennt der Zeuge nicht. Auf Vorhalt, dass sich Ißl. selbst gewundert habe, dass sie die Antwort des Verfassungsschutzes nicht gefunden habe, erklärt der Zeuge, dass das Schreiben nicht da sei. Das wisse er, weil die Bitte an den Verfassungsschutz um Informationen in den Akten sei, ein Rücklauf jedoch nicht. Im Vorfeld der Ladung habe sich der Zeuge „zwangläufig mit allen unterhalten“, weil er die Antworten an den UA für Gotha bearbeitet habe. Deshalb habe er mit anderen immer wieder gesprochen. Erinnerungen seien dabei nicht generell ausgetauscht worden, aber bei einzelnen Beweisbeschlüssen sei sich viel schriftlich, in letzter Zeit auch immer mehr persönlich ausgetauscht worden. Der fehlende Bericht sei jedenfalls nicht in Gotha zu finden, dort habe er alle Akten gesehen „und mehrfach gewälzt“. Die Vors. Abg. Marx (SPD) fragt hinsichtlich der Aussage von Frau Rieg., Herrn Aßm. das Baden-Württemberger Protokoll über die Arbeit in der Einsatzgruppe zugeschickt zu haben, ob es nicht doch einmal ein Freigabeverfahren mit der Bitte um das Protokoll gegeben habe. Der Zeuge antwortet, dass es einen Schriftwechsel gebe, wenn dem so wäre. Er habe dazu aber nichts in seinen Akten.

Der Abg. Kellner (CDU) fragt den Zeugen, ob er Kenntnis über Aussagen von Wunderlich über den Verfassungsschutz habe. Silko Aßm. verneint. Er wisse nur, dass Wunderlich bereits mit einer früheren Fahndung nach den in Rede stehenden Personen betraut gewesen sei. Der Abg. Kellner (CDU) fragt, ob der Zeuge durchgängig im Lageraum war. Der Zeuge meint, sowohl am Samstag als auch an den Tagen zuvor und danach fast immer im Raum gewesen zu sein. Er habe Wunderlich wahrgenommen. Insbesondere an dem Wochenende habe es wahnsinnig viel zu koordinieren und zu tun gegeben. Nähere Angaben von Wunderlich seien ihm nicht erinnerlich. In dem besagten Fernschreiben an den Verfassungsschutz sei nach vorhandenen Informationen zu Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe gefragt worden. Er kenne keine Rückantwort des Verfassungsschutzes. Das Fernschreiben sei am Anfang der auf das Wochenende folgenden Woche entstanden.

Die Abg. König (LINKE) hakt bezüglich der Protokolle aus Baden-Württemberg nach. Sie hält vor, dass Frau Rieg. gesagt habe, dass sie die Mitschriften 2014 oder 2015 erneut und an Herrn Aßm. versendet habe. Der Zeuge bekräftigt, keine Mitschriften im Zusammenhang mit dem 05.11. und den Folgetagen zu kennen. Sie hätten ihm auch nicht vorgelegen. Auf die Frage, ob ihm sonstige Unterlagen der Kollegen aus Baden-Württemberg im Zusammenhang zum 05.11. bekannt seien, erklärt Silko Aßm.: „Auch das muss ich verneinen.“ Wenn, dann würden nur im dienstlichen Umgang mit einem Beweisantrag solche Unterlagen verschickt. Ihm sei diesbezüglich nichts erinnerlich. Befragt zu seiner konkreten Funktion, erklärt der Zeuge, Leiter des Sachbereichs für Kriminalitätsbekämpfung in der LPI Gotha zu sein. Er sei dort für alle Sachverhalte im Zusammenhang mit dem 04.11. verantwortlich. Er fasse Zuarbeiten zusammen und gebe sie an die LPD weiter. Das mache er bereits seit mehreren Jahren. Die Abg. König (LINKE) hält eine E-Mail von Frau Eschr. an das Thüringer Innenministerium vor, nach der Silko Aßm. als „Verbindungsbeamter“ für das Thüringer Innenministerium benannt wurde und fragt, von wann bis wann der Zeuge diese Funktion innehatte. Silko Aßm. antwortet, bereits vor dem 04.11. Sachgebietsleiter Kriminalitätsbekämpfung gewesen zu sein und damit direkter Ansprechpartner für das Innenministerium gewesen zu sein. Er sei also grundsätzlich in dieser Funktion und habe die meisten Anträge in dem Kontext selbst bearbeitet. Der direkte Kontakt zum Thüringer Innenministerium sei jedoch nicht über ihn gelaufen. In der Hierarchie seien entweder sein Chef oder seine Stabsleiterin, damals Frau Eschr., verantwortlich. Er habe die Berichte gefertigt, allein oder mithilfe von Zuarbeiten. Unterschrieben hätte sein Chef, aber Sachbearbeiter sei er gewesen. Die Abg. König (LINKE) hält ein vom Zeugen unterzeichnetes Aktenstück aus Damoko vor, nach dem im Zusammenhang mit einem DNA-Muster von Böhnhardt und Mundlos ein Fax an die SoKo Spickel der PD Augsburg geschickt wurde. An eine Übersendung eines DNA-Musters nach Augsburg kann sich Silko Aßm. jedoch nicht erinnern. Er erklärt, es sei versucht worden, mit allen Kommissionen bundesweit Kontakt zu knüpfen, um parallel zu finden, so auch nach Köln und Augsburg. Weitere Übermittlungen von Daten oder Hinweisen nach Augsburg sind dem Zeugen nicht bekannt. Er habe auch nirgendwohin DNA-Vergleichsmaterial geschickt. Es sei Kontakt mit anderen SoKos, insbesondere Köln, aufgenommen worden, diese hätten jedoch kein DNA-Vergleichsmaterial erhalten. Sowohl die Ermittlungs- als auch die Damoko-Akten seien komplett mit Übergabe an den RegEA an das LKA übergeben worden. Auf Nachfrage zum Verhältnis des offiziellen Sachbearbeiters zur Person, die die Ermittlungen tatsächlich vorantreibe, führt Silko Aßm. aus, dass der Chef Schreiben an andere Behörden unterzeichne, die der eingetragene Sachbearbeiter vorbereite. Die Variante, dass jemand anderes zum Beispiel unter dem Namen des Zeugens Dokumente aus Heilbronn anfordere, gebe es nicht.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) möchte an einer weiteren Aufklärung des Widerspruchs zur Aussage von Frau Rieg. arbeiten. Der Zeuge schildert, dass er seit Jahren Anfragen zum 04.11. beantworte und Ermittlungsaufträge auslöse, die die Akte betreffen. Aufträge würden von der LPD an die LPI weitergesteuert. Bei der LPI müsse jemand die Koordination übernehmen und schauen, wo die angefragten Informationen tatsächlich seien. Bei ihnen würden die Ergebnisse zusammengefasst und als Ergebnis der LPI Gotha weitergegeben. Die Vors. Abg. Marx (SPD) fragt nach einer möglichen Übertragung des Protokolls „auf dem kurzen Dienstweg“. Der Zeuge meint, dass er selbst für die Anforderung auf dem kurzen Dienstweg einen Anlass gehabt haben müsste. Er hätte eine solche Entgegennahme zumindest als Aktenstück in die Unterlagen aufgenommen.

Auf Nachfrage der Abg. Pelke (SPD) erklärt der Zeuge, dass die Protokolle aus Baden-Württemberg wichtig für ihre SoKo-Arbeit gewesen seien, an der sie seit Jahren dran gewesen seien. Sie selbst, also die Thüringer, habe die plötzliche Situation der toten Bankräuber und der immer größer werdenden Dimension überrascht. Sie hätten deshalb den Fokus auf der Sache gehabt und niemand habe Wortprotokolle geführt. Die Menschen im Führungsstab seien vor allem mit Organisation und dem Auslösen von Ermittlungsaufträgen beschäftigt gewesen. Eine Dokumentation der Ermittlungshandlungen habe nur in der Strafakte und in Damoko beziehungsweise in dem „Reste-Schriftverkehr“, den er abgelegt habe, stattgefunden.

Die Frage des Abg. Henke (AfD), wie die Waffen von Kiesewetter und Arnold aufgefunden und identifiziert worden seien, kann der Zeuge nicht beantworten, da er keine persönliche Wahrnehmung gemacht habe und an keinem der Tatorte gewesen sei. Der Zeuge weiß, dass es eine SoKo Rex beim LKA gegeben hat. Am 05.11. sei diese ihm nicht untergekommen. Der Begriff „Drilling“ sagt dem Zeugen nichts.

Die Abg. Henfling (GRÜNE) erkundigt sich nach dem Gespräch mit Ißl. über Wunderlich. Der Zeuge führt aus, es sei darum gegangen, dass Wunderlich die Ermittlungen nicht immer genauso ausgeführt habe, „wie wir das wollten“. Deshalb sei eine Beschwerde thematisiert worden. Genau wisse er das nicht. Konflikte an sich habe es mit Herrn Wunderlich nicht gegeben. Dem Zeugen ist auch nur ein einziger Vorfall bekannt, in dem sich Wunderlich nicht an die Anweisungen gehalten habe. Der Zeuge erklärt ferner, dass Ißl., Schil. und er am Whiteboard Anmerkungen angefertigt hätten. Die Abg. Henfling (GRÜNE) hält Bilder von dem Whiteboard vor. Der Zeuge meint, seine Handschrift bei Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos [in rot] zu erkennen. Bei den angeschriebenen Informationen handele es sich um „aktuelle Arbeitsinformationen“, die von Tag zu Tag fortgesetzt würden. Die wichtigsten neuen Erkenntnisse seien jeweils von der Person, „die gerade Luft hatte“, an die Tafel geschrieben worden, um sie zu visualisieren. Das konkrete Beispiel sei wohl frühestens am Samstagvormittag angeschrieben worden. Erst da habe es den Hinweis auf die Frühlingsstraße und den Spitzname „Max“ gegeben. Die Alias-Namen hätten ihre Ermittlungen „sehr erschwert“. Am Freitagabend seien intensive Ermittlungen zu Holger Gerlach und seinem Bruder geführt worden. Am Samstagmorgen seien dann die Namen Mundlos und dann Zschäpe und Böhnhardt dazu gekommen. Mittags hatten sie von einem Kollegen der KPI-Zwickau, mit dem sie bereits am Nachmittag des 04.11. wegen der Recherche zur Vermietung des Wohnmobils gesprochen hätten, die Information den Zusammenhang zu der Frühlingsstraße erhalten.

Der Abg. Kellner (CDU) fragt, warum nicht versucht worden sei, die Protokolle aus Baden-Württemberg zu bekommen. Aßm. antwortet, dass es ihre Zielrichtung war, Ermittlungen für ein Strafverfahren zu führen. Alle wichtigen Unterlagen für das Strafverfahren seien deshalb in die Akte gekommen. Die Unterlagen aus Baden-Württemberg hätten weder sie noch jemand anderes im ganzen Land angefordert. Er hatte nie den Auftrag, diese Dokumente anzufordern.

Die Abg. König (LINKE) möchte wissen, welche Beweisbeschlüsse der Zeuge im Zusammenhang mit den Untersuchungsausschüssen und dem 04.11. bearbeitet habe. „Das waren ziemlich viele“, meint der Zeuge. Aus der Erinnerung könne er sie nicht aufzählen. Dabei habe es sich um Anfragen von diversen Untersuchungsausschüssen gehandelt, so aus Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Bund. Die Auftragserteilung sei immer von LPD ausgegangen. Ob auch Aufträge für den Prozess in München dabei gewesen seien, weiß der Zeuge nicht sicher.

Die Vors. Abg. Marx (SPD) hält vor, dass der Zeuge mit Frau Rieg. telefoniert habe, um sich Gewissheit zu verschaffen, wer in der Besprechung am 05.11. alles anwesend war. Wunderlich tauche aber auf der Namensliste der LPD nicht auf. Deshalb habe der UA erst heute erfahren, dass Wunderlich am 05.11. dabei gewesen sei. Der Zeuge führt aus, dass der Name Wunderlich bei dem Telefonat mit Frau Rieg. keine Rolle gespielt habe. Wunderlich sei auch erst später, also nach der Morgenbesprechung, aber noch am Vormittag, dazu gestoßen, da ja erst unmittelbar vorher ermittelt wurde, dass es sich um das Trio handele.

Gegenüber dem Abg. Henke (AfD) erklärt der Zeuge, dass es sich seiner Kenntnis entziehe, wo die von der Frau Rieg. versendeten Wortprotokolle inklusive Fortschreibung vom 05. – 11. 11. sein könnten.

Um 18.01 Uhr wird die Befragung des Zeugen Silko Aßm. und auch die (öffentliche) Sitzung beendet. Die nächste Sitzung findet erst nach der Sommerpause am 18. August statt.

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Hier geht es zum letzten Protokoll: UA 6/1 Protokoll 28.04.2016 – 2. Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss (4.11.2011, Spurensicherung, Polizeidirektor Menzel)

[Anmerkung: Angaben original aus dem Ausschuss. Da gleichzeitig mitgeschrieben werden muss, um möglichst viele Inhalte zu verschriftlichen sind kleinere Abweichungen durch Hörfehler nicht völlig ausgeschlossen]

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