Videoüberwachung gefährdet Versammlungsfreiheit – Landesregierung ohne valides Konzept

Zur am Freitag geplanten Inbetriebnahme der Videoüberwachung auf dem Erfurter Anger erklärt Katharina König-Preuss, Sprecherin für Netzpolitik und Digitales der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag: „Mit der Aktivierung der Kameras auf dem Anger überschreitet die Landesregierung eine weitere Schwelle hin zum Überwachungsstaat. Wenn öffentliche Plätze, auf denen regelmäßig politische Kundgebungen, Demonstrationen oder symbolische Aktionen stattfinden, unter permanenter Beobachtung stehen, ist das ein direkter Angriff auf die Versammlungsfreiheit. Die Beteuerung, die Kameras bei Versammlungen abdecken zu wollen, ist realitätsfremd und ohne valides Konzept, insbesondere im Hinblick darauf, wie mit Spontan- oder Eilversammlungen umgegangen werden soll. Hier wird absehbar massiv in Grundrechte eingegriffen.“

Die Abgeordnete weiter: „In der Praxis bedeutet diese Überwachung, dass Menschen, die ihre Meinung frei äußern wollen, künftig abwägender handeln, sich zurückhalten oder schlimmstenfalls ganz auf politische Teilhabe im öffentlichen Raum verzichten werden. Das ist Gift für jede Demokratie, völlig unabhängig davon, wer aus welchen Gründen und welcher politischen Couleur demonstriert. Es betrifft am Ende die Grundrechte aller Menschen. Das Recht, den öffentlichen Raum für politische Meinungsäußerung zu nutzen, darf nicht durch die Angst vor Überwachung eingeschränkt werden.“

„Dass so ein Schritt von der CDU kommt, verwundert nicht. Dass jedoch BSW und SPD bei diesem Überwachungsirrsinn mitmachen ist schockierend, nochmal mehr angesichts der Warnung der SPD auf Bundesebene vor einer Massenüberwachung unschuldiger Menschen durch eine Zustimmung zur EU-Chatkontrolle. Dass jedoch eine Massenüberwachung unschuldiger Menschen in Erfurt, die Erfassung ihrer Gesichter und Bewegungen und mit wem sie sich treffen, hingegen kein Problem zu sein scheint, ist paradox. Die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen muss überall gegeben sein, im digitalen Raum wie auch auf der Straße“, so König-Preuss. Die Linksfraktion hatte bereits die Verschwendung von 720.000 Euro Steuergeldern für das Überwachungsprojekt kritisiert und vorgeschlagen, dass man die Gelder sinnvoller ganze fünf Jahre lang in einen Sozialarbeiter:innen und zwei Polizist:innen investieren könnte, die nur auf dem Anger aktiv sind.

Die Abgeordnete kritisiert auch die politische Symbolik des Projekts: „Das Innenministerium und die Stadt Erfurt verkaufen Überwachung als Sicherheitsgewinn, obwohl wissenschaftliche Erkenntnisse das Gegenteil belegen. Der Thüringer Landtag hat fast zwei Jahre lang die Wirksamkeit solcher Maßnahmen mit zahlreichen Expertinnen und Experten diskutiert, hunderte Seiten nationale und internationale Studien zur Kameraüberwachung ausgewertet und bereits 2022 mit Mehrheit festgestellt, dass diese Form der Videoüberwachung in Thüringen weder geeignet noch angemessen ist. Jede eingeschaltete Kamera auf dem Anger ist ein ausgeschaltetes Stück Freiheit, das Überwachungsprojekt auf dem Anger ist rechtlich hochgradig bedenklich und ein sicherheitspolitischer Irrsinn. Die Landesregierung muss diesen Fehler stoppen und die Scharfschaltung der Kameras abbrechen.“

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