Gedenktag an den Genozid an Sinti und Roma: Antiziganismus auch in Thüringen konsequent bekämpfen – Beauftragtenstelle gegen Antiziganismus wieder einführen

In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 ermordete die SS über 4.300 Sinti:zze und Rom:nja im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Insgesamt gehen Wissenschaftler:innen von mindestens 220.000 bis zu 500.000 Opfern des nationalsozialistischen Völkermords an Sinti und Roma in Europa aus. Der Europäische Gedenktag an den Genozid, der seit 2015 jährlich am 2. August begangen wird, jährt sich in diesem Jahr zum zehnten Mal. Er erinnert an dieses Verbrechen und mahnt zur Verantwortung in der Gegenwart. „Wir gedenken der Sinti:zze und Rom:nja, die im nationalsozialistischen Deutschland und in den von Deutschland besetzten Gebieten Europas entrechtet, verfolgt, deportiert und ermordet wurden. Die Erinnerung an diese Verbrechen wachzuhalten, bleibt eine zentrale Aufgabe, gerade angesichts des steigenden Antiziganismus in unserer Gesellschaft“, erklärt Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus und Antirassismus der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag.

König-Preuss verweist auf den am 23. Juni 2025 veröffentlichten Jahresbericht der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA), der einen drastischen Anstieg dokumentiert: Im Jahr 2024 wurden bundesweit 1.678 antiziganistische Vorfälle gemeldet. Das entspricht einem Anstieg um 40 % gegenüber dem Vorjahr. In 94 Fällen war ein direkter Bezug zur nationalsozialistischen Vergangenheit erkennbar, etwa durch die Schändung von Friedhöfen und Gedenkorten, rechte Schmierereien an Wohnhäusern sowie durch die Leugnung oder Verharmlosung des Genozids. „Diese Zahlen sind erschütternd. Sie zeigen deutlich, dass Antiziganismus ein massives gesellschaftliches Problem darstellt“, so König-Preuss.

Sie kritisiert scharf, dass die unter der rot-rot-grünen Landesregierung eingerichtete Beauftragtenstelle gegen Antiziganismus von der aktuellen CDU-BSW-SPD-Koalition ersatzlos gestrichen wurde: „Unter Rot-Rot-Grün war die Stelle direkt im Justizministerium angesiedelt. Mit ihrer Streichung entzieht die neue Landesregierung der Auseinandersetzung mit Antiziganismus die notwendige institutionelle Verankerung. Das ist nicht nur ein verheerendes Signal an die betroffenen Verbände und Organisationen, sondern offenbart auch eine politische Ignoranz gegenüber der historischen wie gegenwärtigen Realität antiziganistischer Diskriminierung. Diese Entscheidung wirft zudem grundsätzliche Fragen zum historischen Bewusstsein der Regierungskoalition auf.“

Antiziganismus sei, so König-Preuss weiter, eine tief verwurzelte und zugleich häufig verharmloste Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, die auch in staatlichen Strukturen wie Behörden, Verwaltungen und Polizei existiere. Im Unterschied zu Antisemitismus oder Rassismus gelte Antiziganismus noch immer als gesellschaftlich akzeptierter, stoße seltener auf Widerspruch und bleibe vielfach unbeachtet. „Das ist besonders fatal angesichts der historischen Verantwortung: Während des Nationalsozialismus wurden Sinti:zze und Rom:nja systematisch entrechtet, verfolgt und ermordet. Allein im Konzentrationslager Buchenwald und dessen Außenlagern waren etwa 3.500 Sinti und Roma inhaftiert. Mindestens 400 von ihnen wurden dort ermordet, viele weitere in Vernichtungslager deportiert. Es ist richtig und wichtig, am 2. August der Opfer zu gedenken. Aber das allein genügt nicht. Angesichts der aktuellen Entwicklungen braucht es konkrete politische Maßnahmen auch in Thüringen. Es braucht feste Strukturen, Ansprechbarkeit, Schutzräume und Prävention“, fordert König-Preuss.

Abschließend erinnert sie erneut an die Nacht vom 2. auf den 3. August 1944, in der im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau über 4.300 Menschen, vor allem Frauen, Kinder und ältere Sinti:zze und Rom:nja, ermordet wurden: „Dieser Tag mahnt uns, dass die Ideologie, die diesen Massenmord möglich machte, nicht überwunden ist. Es ist unsere Aufgabe, wachsam zu bleiben und jede Form des Antiziganismus entschieden zu bekämpfen. Auch und gerade hier in Thüringen.“

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