Die Beantwortung zweier Kleiner Anfragen der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag offenbart erschreckende Zustände, dazu Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus: „Trotz ihrer behördlichen Einstufung als ‚erwiesen rechtsextremistisch‘ befinden sich derzeit 154 erlaubnispflichtige, also scharfe, Schusswaffen in den Händen der Thüringer AfD bzw. Personen, die dem Thüringer Landesverband von Björn Höcke durch das Innenministerium zugerechnet werden. Das ist ein enormes Sicherheitsrisiko. Wir wissen aus der Vergangenheit, welche Gefahren im Umgang mit Schusswaffen in den Händen der extrem rechten Szene entstehen können. Der NSU, die Morde in Halle, Hanau oder an Walter Lübcke sind dabei nur die prominentesten Beispiele. Dass bei der Thüringer AfD neben den hunderten Schusswaffen auch noch neun Erlaubnisse zum Umgang mit Sprengstoffen existieren ist besorgniserregend. Die Landesregierung muss hier mehr Anstrengungen investieren, die rechte Szene konsequent zu entwaffnen.“
Diese erlaubnispflichtigen Schusswaffen der AfD sind laut Antwort des Innenministeriums auf 34 Personen angemeldet und umfassen 67 Kurzwaffen und 87 Langwaffen. Weitere 18 Personen sind mit einem kleinen Waffenschein ausgestattet, der zum Führen von ansonsten erlaubnisfrei erwerb- und besitzbaren Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen berechtigt.
Das Ergebnis einer zweiten Anfrage der Abgeordneten zeige, dass Waffenbesitz in der extrem rechten Szene hoch gefährlich ist. König-Preuss dazu: „Waffen werden in der extrem rechten Szene nicht nur gehortet, sondern auch für Straftaten verwendet. Demnach wurden alleine für das Jahr 2023 insgesamt 30 Straftaten der extrem rechten Szene in Thüringen erfasst, in denen Waffen und gefährliche Gegenstände eine Rolle spielten. Demnach wurden auch die Tatmittel ‚Messer‘, ‚Armbrüste‘, ‚Schlagstöcke‘, ‚Pistole‘ und ‚Machete‘ durch die Polizei registriert. Neonazis und die AfD als ihr parlamentarischer Arm sind eine Bedrohung für die Sicherheit der Menschen im Land, das kann man nicht so weiterlaufen lassen.“
Die Abgeordnete hatte sich zum Waffenbesitz in den Jahren 2023 bis 2024 erkundigt. Die Zahlen aus der Antwort der Landesregierung seien bemerkenswert, so König-Preuss. Sie halte es für problematisch, warum lediglich bei knapp der Hälfte der bekannten Fälle Verfahren zum Entzug der Erlaubnis eingeleitet wurde. Denn die Antwort zeige, dass laut den Behörden insgesamt 100 Personen, die der extrem rechten Szene zugeordneten werden, im Besitz von Waffen sind. Stand 27. Januar 2025 hatten die Waffenbehörden bei 48 Personen insgesamt 49 Verfahren zum Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse eingeleitet, zu denen hinreichend belastbare Erkenntnisse vorgelegen hätten. Davon betreffen 21 Verfahren den Entzug eines Kleinen Waffenscheins. 28 Verfahren betreffen den Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse zum Erwerb und Besitz erlaubnispflichtiger Schusswaffen, welche insgesamt 98 erlaubnispflichtige Schusswaffen umfassen. Darüber hinaus seien im Zeitraum in zwölf Fällen die Verfahren zum Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse beziehungsweise zum Erlass von Waffenbesitzverboten bei Personen, die der rechtsextremen Szene zugerechnet werden, bestandskräftig abgeschlossen worden und keine der Personen verfüge mehr über eine waffenrechtliche Erlaubnis.
König-Preuss weiter: „Problematisch ist, dass die Behörden insgesamt 100 Personen kennen, die in Thüringen Schusswaffen besitzen und der extrem rechten Szene zugehörig sind oder in den letzten fünf Jahren Bestrebungen gegen verfassungsmäßige Ordnung verfolgt haben sollen, aber in 51 Fällen nicht dagegen vorgegangen, wird, weil die Daten ‚nicht ausreichend belastbar‘ seien. Das ist ein Armutszeugnis.“
Die Abgeordnete fragt sich weiter, warum der Verfassungsschutz, der mit über 8 Millionen Euro vom Land finanziert wird, offenbar keine substanziell gehaltvollen Zuarbeiten an die unteren Waffenbehörden übermittelt hat.
Abschließend fordert die Abgeordnete die Landesregierung zum Handeln auf: „Thüringen wird das Sicherheitsrisiko, das durch die extrem rechte Szene und die dort befindlichen Waffen existiert, so nicht los. Der Innenminister muss das Thema endlich zur Chefsache machen. Es braucht eine Null-Toleranz-Strategie gegen Waffen in den Händen von Neonazis & Co. Mit jedem Tag, an dem diese bewaffnet bleiben, wächst die Gefahr, es gab genug Warnungen.“
Hinweis:
Die Vorgänge zu den Anfragen und die entsprechenden Antworten können unter folgenden Links nachvollzogen werden:
https://parldok.thueringer-landtag.de/ParlDok/vorgaenge/101132/1 und https://parldok.thueringer-landtag.de/ParlDok/vorgaenge/100446/1