„Die Zahlen der Monitoring-Stelle RIAS als auch der Thüringer Polizei verzeichnen einen signifikanten und erschreckenden Anstieg antisemitischer Taten in Thüringen“, kommentiert Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag die Vorstellung des Jahresberichts 2023 der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) in der heutigen Regierungsmedienkonferenz.
„Verzeichnete RIAS für das Jahr 2022 noch 243 Delikte so sind es im heute dargestellten Jahresbericht bereits 297 für das Jahr 2023 (+22%). Wie zudem aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von mir aktuell hervorgeht, hat sich das polizeiliche Hellfeld 2023 sogar um +50% erhöht. Also offiziell bekannt gewordene Straftaten, darunter Volksverhetzungen, mehrere Körperverletzungen, Sachbeschädigungen und die Bildung einer ‚kriminellen Vereinigung‘. Dieser Anstieg ist besorgniserregend, zeigt er doch nicht nur auf, wie verbreitet antisemitische Einstellungen sind, sondern ebenso, dass die Bereitschaft zu entsprechenden Taten steigt. Es ist dringend geboten, auf allen Ebenen gegen jeden Antisemitismus vorzugehen und deutlich Position zu beziehen“, so König-Preuss.
Die Abgeordnete dankt RIAS für die Arbeit zum heute vorgestellten 76-seitigen Bericht: „Deutlich wird, dass sich die bereits im Thüringen Monitor vermeldete Zunahme beim israelbezogenen Antisemitismus von 12% auf 19% seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 auch in antisemitischen Handlungen in Thüringen abbildet. So wurde die Hälfte aller antisemitischen Vorfälle nach dem 7. Oktober 2023 gezählt, wobei 28% einen eindeutigen Bezug zum Terrorangriff der Hamas hatten. Man muss es klipp und klar sagen: Es gibt keine Rechtfertigung für Judenhass, egal welcher politischen Couleur. Es gibt keine Rechtfertigung für „Yallah Yallah Intifada“ oder „Intifada Revolution“-Rufe, die eine Auslöschung des israelischen Staates intendieren. Man kann und man sollte die rechte israelische Regierung kritisieren, jedoch ohne dabei in antisemitische Stereotype abzugleiten. Umso mehr wünsche ich mir klaren Widerspruch im Rahmen von Veranstaltungen und Protesten, bei denen antisemitische und das Existenzrecht des Staates Israel infrage stellende Positionen wahrnehmbar sind“.
König-Preuss weist darauf hin, dass laut Auswertung der LINKE-Parlamentsanfragen die Fallzahlen antisemitischer Straftaten zuletzt von Jahr zu Jahr kontinuierlich anstiegen. Waren es 2019 noch 93 Delikte, so verzeichnete die Thüringer Polizei im Jahr 2023 insgesamt 264 antisemitische Straftaten: „Festzuhalten bleibt, dass davon 93% auf das Konto von Personen der rechten oder extrem rechten Szene gehen. In den letzten fünf Jahren haben wir in Thüringen 780 antisemitische Straftaten zu verzeichnen, während im selben Zeitraum in lediglich 70 Verfahren Verurteilungen stattfanden. Es braucht konkrete Maßnahmen, um antisemitische Einstellungen und Vorfälle einzudämmen.“
Die Abgeordnete spricht sich dabei für sieben Sofortmaßnahmen aus:
- Bündelung der Ermittlungsfähigkeiten in Form einer vielfach geforderten Schwerpunktstaatsanwaltschaft Hasskriminalität
- Verbesserung von Aus- und Fortbildung in Polizei und Justiz für eine noch bessere Erkennung und Einordnung
- Errichtung eines Lehrstuhls, der Antisemitismus in all seinen Formen noch detaillierter erforscht
- keine Kürzung, sondern ein Ausbau der Demokratieprogramme in Thüringen, einschließlich einer Verstetigung von Projekten wie RIAS aber auch Beratungsstellen
- eine gesellschaftlich klare Haltung, vom Kindergarten über Schule, Arbeitsstellen bis zum Fußball, die Judenfeindlichkeit in allen Formen zurückweist – auch beim nächsten ThüringenDerby
- eine Social-Media-Kampagne gegen antisemitische FakeNews
- Anerkennung, dass jüdisches Leben Teil der Normalität in Thüringen ist. Dazu sollte auch das Parlament einen Beitrag leisten und die Jüdische Landesgemeinde Thüringen bspw. bei der Errichtung eines jüdischen Kindergartens unterstützen.