Sehr geehrter Herr Minister Poppenhäger,
für die IG Metall Jena-Saalfeld habe ich mich am 1. Mai 2015 an den Protestaktionen der Saalfelder Zivilgesellschaft gegen den Aufmarsch des sog. „Dritten Weges“ beteiligt. Ich möchte mich hiermit an Sie wenden, weil ich der Meinung bin, dass aus diesen Vorkommnissen Konsequenzen gezogen werden müssen, die besser schon am Tag selbst gezogen worden wären. Zunächst gilt es festzuhalten, dass ich mich sehr darüber gefreut habe, dass sich viele Menschen aus Saalfeld und Umgebung an den Aktivitäten gegen diesen neonazistischen Aufmarsch beteiligt haben. Darunter waren die Bürgermeister von Saalfeld, Rudolstadt und Bad Blankenburg, der Landrat des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt, Mitglieder des Landtages, örtliche Unternehmer, Betriebsräte und Jugend- und Auszubildendenvertreter. Völlig unverständlich aber ist mir auch Tage später der Umgang der Versammlungsbehörde und der Polizei mit den neonazistischen Demonstrationsteilnehmern. Es benötigte nur eine zeitlich kurze Beobachtung der Geschehnisse, um festzustellen, dass sich unter den Rechten ein hohes Potential an Gewaltbereitschaft befand. Die Sicherheit der Saalfelder Bürgerinnen und Bürger entlang der Aufmarschstrecke, eines Teils der anwesenden Journalisten sowie der Gegendemonstranten und auch der eingesetzten Polizeieinheiten war nach meiner Wahrnehmung nicht gewährleistet. Einer der erschreckenden Höhepunkte war der gewalttätige Überfall auf einer Gruppe junger Menschen in der Saalstraße gegen 12.50 Uhr. Hierzu liegt ja mittlerweile ein Augenzeugenbericht vor, der u.a. beschreibt, dass zwei Polizisten diesen Vorfall zwar sehen konnten, ohne aber einzugreifen. Inwieweit das den Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung erfüllt, vermag ich nicht zu beurteilen – Sie sind sicherlich eher dazu in der Lage. Weiterlesen:
Vor dem Hintergrund dessen, was bereits in der ersten Phase der rechten Demonstration an Gewaltbereitschaft und –tätigkeit zu beobachten war, wurde von uns der Abbruch dieses Aufmarsches und die Unterbindung weiterer neonazistischer Aktivitäten in Saalfeld gefordert, um die Sicherheit der Bürger/innen, der eingesetzten Polizei sowie der Journalisten und der Gegendemonstranten zu gewährleisten. Diese Forderung blieb leider ungehört. Aus meiner Wahrnehmung heraus war nicht die Polizei „Herr des Geschehens“ im Umfeld der rechten Demonstration, sondern die Neonazis selbst hatten eindeutig das Heft des Handelns in der Hand. Ihnen wurde dadurch am Ende eine mehrfache Demonstration quer durch Saalfeld ermöglicht, wie sie mittlerweile selbst auf ihrer Website herausheben.
Sehr geehrter Herr Minister,
gefordert ist in der Auseinandersetzung mit Rechts der „Aufstand der Anständigen“, das gemeinsame Handeln der Zivilgesellschaft. Dazu bin ich gern bereit. Allerdings ist ebenso notwendig, die Sicherheit der Zivilgesellschaft zu gewährleisten – das ist Aufgabe der Zuständigen. Hier erwarte ich in Zukunft mehr Zuständigkeit.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Ebenau,
Erster Bevollmächtigter IG Metall Jena-Saalfeld
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