Der Thüringer Untersuchungsausschuss 7/1 „Mafia“ hat in seiner heutigen Sitzung den gemeinsamen Abschlussbericht beschlossen. Die Obfrauen der regierungstragenden Fraktionen im Untersuchungsausschuss 7/1 des Landtages, Katharina König-Preuss (Die Linke), Dorothea Marx (SPD) und Madeleine Henfling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), erklären dazu:
„Es war richtig, dass Rot-Rot-Grün vor drei Jahren den bundesweit ersten Mafia-Untersuchungsausschuss einsetzte und die Recherchen von Journalistinnen und Journalisten zum Anlass nahm, das Netzwerk der ‚Ndrangheta in Thüringen, Ermittlungen gegen die Struktur und die Gründe für eine Verfahrenseinstellung aufzuhellen.
In mehr als 30 Sitzungen, durch die Auswertung tausender Aktenseiten und abgehörter Telefonate sowie durch die Befragung von Zeugen und Expertenanhörungen konnten wir schließlich zahlreiche Belege dafür finden, die darauf hinweisen, dass sich seit den 1990er Jahren Mitglieder und Unterstützer der ‚Ndrangheta in Thüringen und anderen Bundesländern niedergelassen haben und sogar durch legale Aktivitäten als Teil der Gesellschaft anerkannt wurden.“
Der Untersuchungsausschuss wurde auf Antrag von DIE LINKE, SPD und Bündnis90/Die Grünen im Jahr 2021 eingesetzt und untersuchte die Hintergründe zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens, das ab dem Jahr 2000 in Thüringen gegen mutmaßliche Angehörige der Mafiaorganisation ‚Ndrangheta geführt wurde.
Die Abgeordneten weiter: „Dass im Mittelpunkt des Untersuchungsauftrags stehende Strukturen der ‚Ndrangheta offenkundig nicht nur in Thüringen, sondern auch in anderen Bundesländern sowie im europäischen Ausland weiterhin aktiv sind und während der Ausschussarbeit mit ‚Eureka‘ ein weiteres internationales Verfahren bekannt wurde, erwies sich alsbald als ein Hindernis für die parlamentarische Aufklärungsarbeit. Beteiligte Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden kooperierten teils nur zögerlich und spärlich mit dem Ausschuss, teils wurden Akten bzw. Aktenbestandteile geschwärzt und sogar im laufenden Ausschussverfahren nachträglich als geheimhaltungsbedürftig eingestuft, auch unmittelbar vor den anberaumten Ausschusssitzungen, was eine umfassende und tiefgehende Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwerte.“
Eine der Konfliktlinien zwischen Ausschuss und Behörden betraf etwa die Dokumente zum Einsatz von VE und V-Personen, die Auswertung abgehörter Telefonate sowie die Ermittlungen zur Geldwäsche. Im Zuge der Kompromissfindung über einen gemeinsamen Abschlussbericht mussten heute leider mehr als 120 der rund 900 Seiten entfernt werden, um einen Bericht zu verabschieden, der auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich sein wird. Viele darin enthaltenen Informationen wären von maßgeblicher Bedeutung für die im Einsetzungsbeschluss aufgeworfenen Fragen gewesen. Damit bleibt der Bericht lückenhaft, wäre andernfalls jedoch nicht zustande gekommen.
Die Abgeordneten abschließend: „Die Mafia macht nicht vor Ländergrenzen halt, und in unseren Aktenbeständen finden sich zahlreiche Hinweise, die nach Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und andere Regionen führen. Es wäre sinnvoll, einen Mafia-Untersuchungsausschuss auf Bundesebene einzusetzen und das Phänomen der Organisierten Kriminalität noch intensiver strukturell zu bekämpfen. Dies erfordert auch eine personelle Verstärkung der Fachermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Für Thüringen halten wir eine weitere personelle Aufstockung des Dezernats 62 im Landeskriminalamt ‚Schwere und Organisierte Kriminalität‘ für geeignet. Ebenso sollte die Einrichtung eines eigenen Dezernates für Finanzermittlungen im LKA geprüft werden, da diese Aufgabe in den letzten 20 Jahren erheblich komplexer geworden ist und nicht länger ’nebenbei‘ erledigt werden kann.
Wir müssen entschlossener darauf hinarbeiten, das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Bedrohung durch organisierte Kriminalität und insbesondere die ‚Ndrangheta zu schärfen – im Gedenken an die Opfer der Mafia und um kriminellen Netzwerken frühzeitig entgegenzutreten.“