„Die Aussage ‚Björn Höcke ist ein Nazi‘ stellt keine strafbare Beleidigung dar, sondern ein an Tatsachen anknüpfendes Werturteil, wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt bereits im Jahr 2023 feststellte. Dass Björn Höcke ein Nazi ist, wird durch die zwei Verurteilungen des Landgerichts Halle wegen der Verbreitung illegaler Nazi-Parolen belegt. Dass in Thüringen seit einem Jahr immer wieder Menschen, die sich antifaschistisch engagieren, darunter die Omas gegen Rechts, wegen Plakaten und Transparenten mit der Aufschrift ‚Björn Höcke ist ein Nazi‘ mit Ermittlungsverfahren überzogen werden, ist ein gravierendes Problem. Auch dann, wenn diese später eingestellt werden“, so Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag.
Mindestens sieben solcher Fälle dokumentiert die Landesregierung in der Antwort auf eine Parlamentsanfrage der Abgeordneten, unter anderem im April und Mai 2024. „Wenn sich dies fortsetzt, wird der notwendige Protest gegen Rechts in den kommenden Wochen beeinträchtigt, und Engagierte könnten sich möglicherweise zurückziehen. Die Justizministerin ist nun gefordert, zügig eine Klärung mit der Generalstaatsanwaltschaft herbeizuführen, damit diese Plakate nicht als strafbare Beleidigung einzuordnen sind und künftig keine Maßnahmen gegen die Zivilgesellschaft ergriffen werden“, erwartet Katharina König-Preuss.
In der Antwort der Landesregierung (Drucksache 7/10278) vom 19.06.2024 auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten wurde erstmals öffentlich, dass bereits seit 2023 mehrfach bei Protesten gegen die AfD Anzeigen wegen entsprechender Plakate und Transparente nach §185 StGB Beleidigung gefertigt wurden. „Es ist absurd, wenn Beamte einer Thüringer Sicherheitsbehörde seitenlang aufschreiben, warum die Höcke-AfD in Thüringen ‚als gesichert rechtsextrem‘ einzustufen sei und darüber hinaus das Merkmal ‚kämpferisch-aggressiv‘ erfülle, während Beamte einer anderen Thüringer Sicherheitsbehörde Bürgerinnen und Bürger dafür mit Anzeigen belegen, die genau das plakativ auf den Punkt bringen“, erklärt die Abgeordnete.
Katharina König-Preuss weiter: „Damit wird das Recht auf Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit von all jenen beeinträchtigt, die auch in den kommenden Wochen für Menschenwürde und Demokratie auf die Straße gehen werden und auf die Nazi-Umtriebe der Höcke-AfD hinwiesen. Der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Jens-Christian Wagner, wies kürzlich darauf hin, dass nicht nur im aktuellen AfD-Wahlprogramm mit einem Nationalsozialisten geworben wird, sondern Höcke kürzlich in sozialen Medien Aussagen des Vordenkers der Nationalsozialisten und Autor des Buches „Das Dritte Reich“ verbreitete. Die Aussage auf dem Plakat ist also durch Tatsachen gestützt. Mal wird das Plakat von Polizist:innen gar nicht beanstandet, mal ein Verfahren eingeleitet. Staatsanwaltschaften in Hessen und Hamburg haben nach dortigen Anzeigenaufnahmen längst klargestellt: Derartige Aussagen sind von der Meinungsfreiheit gedeckt. Thüringen muss diesen Flickenteppich zulasten unserer Demokratie beenden und rasch eine Klärung herbeiführen.“
Hintergrund:
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main stellte ihrerseits etwa klar: Die AfD müsse sich gefallen lassen, dass ihr inoffizieller „Führer“ als Nazi bezeichnet wird (AZ 6402 Js 226874/23). Es läge keine Beleidigung vor, sondern als „ein an Tatsachen anknüpfendes Werturteil“, das umso mehr gelte, weil „der Betroffene (Höcke) nach allgemeiner Auffassung dem äußersten rechten Rand seiner Partei angehört, sich in den letzten Jahren ausweislich einer Vielzahl von Presseveröffentlichungen in eindeutig nationalistisch-völkischer Weise mit rassistischen Anklängen und unter Hervorhebung eines natürlichen Führungsanspruchs der Deutschen geäußert und sich dabei immer wieder Formulierungen bedient hat, die zum Standardvokabular der Vertreter des Nationalsozialismus vor Mai 1945 gehörten“. In Mühlhausen wurden im Mai die Identitäten von „Omas gegen Rechts“ beim Halten eines Transparentes erfasst, Videoaufnahmen gefertigt und Durchsuchungen der Taschen durchgeführt.
Die Antwort auf die Anfrage ist angehangen.