Am 3. August 2014 überfiel die Terrormiliz „Islamischer Staat“ das Siedlungsgebiet der Jesidinnen und Jesiden – das Sindschar-Gebirge im Nordirak. Zehntausende Menschen versuchten zu fliehen, systematisch ermordete der IS tausende Männer, verschleppte, folterte und versklavte jesidische Frauen sowie Kinder und vergewaltigte die Frauen. Ungefähr 3000 Menschen werden bis heute vermisst. Der Bundestag erkannte die Verbrechen des IS an den Jesiden am 19. Januar 2023 als Völkermord an.
Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus und Antirassismus der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag, erklärt anlässlich des sich in diesem Jahr zum zehnten Mal jährenden Gedenktags an den Genozid an den Jesidinnen und Jesiden: „Nach der Anerkennung des Völkermordes an den Jesiden muss den richtigen Worten auch das konsequente Handeln folgen: Schutz und Bleiberecht für die in Deutschland lebenden Jesiden und Jesidinnen. Dieser Genozid war und ist auch ein Femizid, der auf viel zu wenig öffentliche Beachtung und Empörung stößt.“
König-Preuss weist darauf hin, dass ein bereits im Januar 2023 versendetes Schreiben des Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde Thüringens, Reinhard Schramm, und der zwei Vorsitzenden des Freundeskreis Israel im Thüringer Landtag mit der Bitte der Anerkennung des Genozids auch das Bleiberecht folgen zu lassen, bis heute unbeantwortet ist. Weder der Bundeskanzler, noch die Bundesinnenministerin, die Bundesaußenministerin oder weitere adressierte Akteure auf Bundesebene antworteten bisher.
„In Deutschland ist die Zugehörigkeit zur jesidischen Religionsgemeinschaft kein ausreichender Grund für Asyl, trotz weiter anhaltender Verfolgung. Entsprechende Anträge werden teilweise abgelehnt, Jesidinnen und Jesiden fürchten die Abschiebung. Die Überlebenden und ihre Familien leben unter uns – sie suchen Sicherheit, Anerkennung und eine Chance auf ein neues Leben. Anstelle ihnen diese Sicherheit zu geben, werden sie teils im Stich gelassen“, fügt König-Preuss hinzu. Sie kritisiert ferner, dass Jesidinnen und Jesiden in Regionen abgeschoben werden sollen, in denen sie verfolgt und misshandelt wurden. „Das ist nicht nur Theorie. Wie der Flüchtlingsrat unseres Nachbarlandes Hessen berichtet, fand erst in dieser Woche wieder eine Sammelabschiebung per Charter in den Irak statt, unter den Abgeschobenen auch zwei Jesid:innen. Es ist mir absolut unverständlich, warum der Anerkennung des Genozids bisher kein Bleiberecht in Deutschland für diese religiöse Minderheit folgte“, erklärt die Abgeordnete konsterniert.
„Ich danke dem Thüringer Ministerpräsidenten, Bodo Ramelow, der sich im Dezember des vergangenen Jahres mit einem Schreiben an den Bundeskanzler Olaf Scholz und die Innenministerin Nancy Faeser für einen sicheren Aufenthaltsstatus aus humanitären Gründen für Jesidinnen und Jesiden aus dem Irak einsetzte. Die Innenministerin machte in ihrem Antwortschreiben Anfang Februar 2024 deutlich, dass ein nationales Abschiebungsverbot, das echte Sicherheit gewähren würde, weiter ausbleiben wird.“ Die Fachpolitikerin hält fest: „Meine Hoffnung ist, dass es über demokratische Parteien hinweg gelingt, bis zum 3. August 2024 – dem 10. Jahrestag des Völkermords an den Jesidinnen und Jesiden – ein Umdenken sowie logisches und konsequentes Handeln der Bundesregierung herbeizuführen, welches nur ein Bleiberecht sein kann. Es wäre beschämend, wenn Jesid:innen weiterhin in einem prekären aufenthaltsrechtlichen Status verharren müssten, anstatt ihnen echte Sicherheit zu gewähren.“