Zum heutigen Urteil im sogenannten Staatskanzlei-Prozess erklärt Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus und Antirassismus der Fraktion DIE LINKE. im Thüringer Landtag:
„Dass es in diesem Fall zu Haftstrafen kam, ist ein gutes Zeichen – vor allem, weil es in Thüringen bei Verfahren gegen die extreme Rechte bisher eher selten passiert ist. Der Angriff an der Staatskanzlei war koordiniert und strategisch ausgeführt. Die Angreifer gingen dabei arbeitsteilig vor, um Menschen, die sie in ihrem Weltbild zu Feinden erklärt haben, zum Teil lebensgefährlich zu verletzen. Die Brutalität und Hemmungslosigkeit des Angriffs ist auch fast 3 Jahre danach noch spürbar. Es ist völlig klar, dass dieser Angriff politisch motiviert war und eine politische Botschaft aussenden sollte.
Solche Taten sind auch eine Folge davon, dass die extreme Rechte in Thüringen oft maximal mit Bewährungsstrafen rechnen muss. Im letzten Jahr wurde dies eindrücklich am Ballstädt-Prozess und im Fretterode-Verfahren gezeigt. Aus der Thüringer Zivilgesellschaft wurden deshalb mehrfach Forderungen an die Justiz formuliert. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Urteil Ausdruck eines grundsätzlichen Umdenkens im justiziellen Umgang mit rechter Gewalt ist.“
Die Abgeordnete erklärt weiter: „Die Täter sind zum Teil schon lange als organisierte und gewaltbereite Neonazis in Erfurt bekannt und bis heute aktiv. Die Behauptungen, sie hätten sich von der Szene abgewandt, sind genauso unglaubwürdig, wie dass sie bei der Tat stark betrunken gewesen wären. Solche Aussagen gehören zu klassischen Selbstverharmlosungs-Strategien von extremen Rechten vor Gericht, die mit der Realität in der Regel nichts zu tun haben. Es ist der Arbeit der Nebenklage und der Opferberatung zu verdanken, dass diesen Strategien entgegengetreten wurde. Der politische Charakter der Tat konnte so im Prozess klar herausgearbeitet werden. Dass die politische Motivation des Angriffs im Urteilsspruch nicht erwähnt wird, ist daher umso unverständlicher. Die Entpolitisierungen rechter Gewalt vor Gericht – wie auch im Verfahren zum Überfall auf das AJZ Erfurt 2016 – zeigen ein nicht hinnehmbares Defizit in der Analysefähigkeit Thüringer Gerichte und sind gesellschaftlich verantwortungslos.“
König-Preuss betont darüber hinaus die Rolle einer kritischen Zivilgesellschaft bei solchen Prozessen: „Dass es in diesem und in anderen Verfahren eine Prozessbegleitung gibt, die den Betroffenen bei der Konfrontation mit den Tätern solidarisch zur Seite steht und durch die die Verhandlungstage dokumentiert und einer kritischen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, ist von unschätzbarem Wert. Den Verharmlosungen und dem Wegschauen bei rechter Gewalt muss aktiv entgegengewirkt werden, damit die extreme Rechte sich in Thüringen mit ihren Taten endlich nicht mehr sicher fühlen kann.“