„Überaus bemerkenswert“ findet Katharina König, Sprecherin für Netzpolitik der Linksfraktion und Mitglied im Innenausschuss des Landtags, die nun erfolgte Antwort auf eine Kleine Anfrage an die Landesregierung zur Verwendung von sogenannten „Stillen SMS“ bei den Thüringer Ermittlungsbehörden: „Es hat drei Anläufe gebraucht, ehe sich das Ministerium in der Lage sah, Zahlen zu dieser umstrittenen Ermittlungsmethode zu nennen. So bringt die Antwort nun endlich etwas Licht ins Dunkel, doch auch mit den jetzt herausgegebenen Zahlen und Antworten bleiben viele Fragen offen.“ Weiterlesen:
Stille SMS sind inhaltslose Kurznachrichten, die für den Empfänger unsichtbar an Handys geschickt werden, um den Standort des Mobiltelefons und seines Besitzers zu bestimmen. „Im Schnitt hat das Thüringen Landeskriminalamt in den letzten drei Jahren 90 Mal am Tag ein Handy mittels Stiller SMS geortet. Auch wenn das im bundesweiten Vergleich keine Spitzenposition ist, ist diese Menge doch beachtlich für ein so kleines Bundesland“, meint die Abgeordnete. „Mit den Daten, die durch Stille SMS erhoben werden, lassen sich sehr exakte Bewegungsprofile von Menschen anfertigen, sie gewähren einen Eingriff in die persönlichsten Bereiche der Lebensführung. Auch aus diesem Grund waren u.a. die Bestimmungen zu dieser Art Datenerhebung im Thüringer Polizeiaufgabengesetz 2012 vom Thüringer Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt worden. Die fast 100.000 Lokalisierungen stellen damit ebenso viele potenzielle Verstöße gegen die Menschenwürde dar.“
Allerdings lasse sich von der Zahl der erfolgten Ortungen nicht auf betroffene Personen oder Fälle schließen: „Es kann sein, dass viele Menschen gelegentlich überwacht wurden oder einzelne Menschen besonders intensiv. Unwahrscheinlich ist, dass im Schnitt Tag für Tag 90 verschiedene Personen lokalisiert werden müssen. Hier wird noch einmal nachzufragen sein, welche Fallzahlen sich dahinter verbergen, zumal meiner Auffassung nach für jeden einzelnen Fall ein richterlicher Beschluss nötig ist.“
Die Abgeordnete reichte deshalb Nachfragen im Landtag ein, mit denen sie weitere Aufklärung auch zur Anzahl der betroffenen Personen, zur Benachrichtigungspraxis und zur Anwendungshäufigkeit des Überwachungsinstrumentes beim Landesamt für Verfassungsschutz erhofft. Neben dem LKA Thüringen soll auch der Inlandsgeheimdienst Stille SMS zur Überwachung einsetzen, Zahlen hierzu liegen bislang jedoch genauso wenig vor. Kritisch sieht König auch das Verhalten des Ministeriums, welches bei mehreren Kleinen Anfragen gegenüber der Abgeordneten angab, keine sinnvolle Auskunft zur Statistik geben zu können: „Jetzt plötzlich sieht man sich doch in der Lage, auch noch drei Jahre rückwirkend Zahlen zu nennen. Das ist schon ein sehr interessanter Vorgang und zeugt nicht gerade vom Willen zur Transparenz – auch gegenüber dem Parlament. Auch die bis zur Unklarheit kurz gehaltenen Antworten auf meine Anfrage diesmal zeugen eher von massivem Widerwillen des Innenministers, als von einem Bekenntnis zur Transparenz.“
Abschließend betont Frau König: „Irritierend ist vor allem, dass es erst hieß, nur das Landeskriminalamt besitze die Möglichkeit, Stille SMS zu versenden. Und nun plötzlich ist auch das Landesamt für Verfassungsschutz als Nutzer dieser Technologie genannt. Da besteht dringender Klärungsbedarf, denn es wurden offensichtlich falsche Angaben gegenüber den Abgeordneten gemacht.“
Anfrage 1 & Antwort, LINKE, Download hier.
Anfrage 2 & Antwort, FDP, Download hier.
Anfrage 3 & Antwort, LINKE, Download hier (Scan).
Anfrage 4, LINKE, Download hier (heute eingereicht).