Als „konsequentes Vorgehen“ wertet Katharina König, Sprecherin für Antifaschismus der Linksfraktion im Landtag, die heute veranlasste Razzia in Kahla gegen Thüringer Neonazis. Die Abgeordnete hofft, dass die Maßnahmen nicht nur dem Zweck dienen sollten, das ramponierte Image bei der Strafverfolgung gegen Neonazis aufzupolieren. Die Abgeordnete machte bereits mehrfach auf die Neonazi-Szene in Kahla aufmerksam und warnte vor deren jüngsten Entwicklung. „Kahla ist in den letzten zwei bis drei Jahren zu einem neuen Schwerpunkt der Neonazi-Szene geworden. Mehrere Anhänger des ,Braunen Haus Jena‘ – inklusive dessen Besitzer – sind nach dem langjährigen Widerstand in Jena in die Kleinstadt gezogen“, resümiert die Landtagsabgeordnete.
„Neonazi-Schmierereien, rechte Übergriffe und eine Vielzahl von neonazistischen Aktionen durch Angehörige der örtlichen Gruppierung ‚Freies Netz Kahla‘ wurden in den letzten Jahren bekannt. Seit Anfang 2012 steht der Szene auch ein neuer Treffpunkt zur Verfügung, nachdem ein ganzes Haus von Neonazis ersteigert wurde“, erklärt Frau König mit Blick auf das Objekt „Burg 19“, in dem sich die organisierte extreme Rechte aus verschiedenen Teilen der Republik zusammengefunden hat. Dazu gehören laut König ein Brandenburger Neonazi, der wegen Molotow-Attacken auf Jugendliche fünf Jahre im Gefängnis saß, eine Kameradschaftsaktivistin aus dem Rheinland, deren Gruppierung derzeit wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor dem Koblenzer Landgericht angeklagt ist, und ein Jenaer NPD-Angehöriger, der in dem Gebäude einen Versand mit einschlägigem Angebot betreibt. Auch soll aus dem Objekt heraus auch unter dem Deckmantel eines „Antiquariats“ deutschlandweit NS-Literatur verschickt werden.
Die LINKE-Politikerin hat erst vor kurzer Zeit mehrere Kleine Anfragen an die Landesregierung eingereicht und erhofft sich weitere Aufklärung zu den Vorkommnissen der rechten Szene in Kahla. Dazu gehört auch der Umstand, dass Neonazis aus Kahla tatverdächtigt sind, an einem versuchten Brandanschlag im Jahr 2010 auf einen von Katharina König mitbenutzten Bus in Saalfeld beteiligt gewesen zu sein. Der Brandanschlag wurde durch die Polizei verhindert.
Bezüglich der aktuellen Vorwürfe gegen die in Kahla lebenden und aktiven Neonazis erwartet die Abgeordnete eine Unterrichtung des Innenausschusses in der kommenden Sitzung.
Katharina König verweist auf das neonazistische Musik-Festival, das im Juni 2013 in der Kleinstadt stattfinden soll. Mit Unterstützung des so genannten „Freien Netz Saalfeld“ plant der Kahlaer Neonazi David B., mit 300 Anhängern einen so genannten „Thüringentag der nationalen Jugend“ auszurichten. Das Rechtsrock-Konzert findet bereits seit 11 Jahren regelmäßig in wechselnden Orten Thüringens statt und geht u. a. auf die Initiative des derzeit wegen mutmaßlicher NSU-Unterstützung inhaftierten Ralf Wohlleben zurück.
Frau König fordert die Landesregierung auf, „sich nicht allein auf Exekutivmaßnahmen der Polizei im Rahmen der Strafverfolgung zu verlassen, sondern Kommunen auch präventiv aktiv zu unterstützen, die Zentren und Aufmärsche von und für Neonazis unterbinden wollen“.
Download der neuen Kleinen Anfragen vom März 2013 (noch unbeantwortet)
Neonazi-Szene in Kahla – Teil 1 (Objekt Burg 19 / Jenaische Straße 1)
Neonazi-Szene in Kahla – Teil 2 („Freies Netz“ und Straftaten)
Neonazi-Szene in Kahla – Teil 3 (Militante Strukturen)
Aktivitäten der Neonazi-Szene in Kahla – Teil 1
Aktivitäten der Neonazi-Szene in Kahla – Teil 2
Informationen zum Objekt „Burg 19“, dass eckhausbedingt identisch mit der Adresse „Jenaischen Straße 1“ in Kahla ist, haben wir Anfang des Jahres hier zusammengestellt: Neonazi-Szene in Kahla: Der Molotow-Cocktail-Werfer Sebastian Dahl und das Hausprojekt. Genaueres zum Neonazi-Festival findet sich in der Pressemitteilung: NSU-Unterstützerumfeld bereitet Neonazi-Festival vor.
Bereits vor einem Jahr fragte Katharina König die Landesregierung zum Objekt Burg 19 in einer kleinen Anfrage zum Ausbau eines Neonazi-Zentrums in Kahla?“, damals war die Antwort jedoch, dass bislang keine Erkenntnisse dazu vorlägen würden. Vielleicht hat sich das zwischenzeitlich ja geändert. Nach unserem Kenntnisstand gibt es neben den Verstrickungen zur organisierten Neonaziszene auch Überschneidungen mit der Burschenschaftsszene, mindestens ein Funktionsträger der „Burschenschaft Normannia Jena“ steht mit dem Gebäude Burg 19 in Verbindung. Ebenso soll im letzten Jahr der rechte Liedermacher und Besitzer des „Braunen Haus Jena“ in dem gleichen Gebäude in Kahla gewohnt haben, siehe auch neue Anfragen vom März 2013. Wie der MDR berichtet wurden heute zwei Gebäude in Kahla durchsucht. Auch gab es in den letzten Jahren weitere Kleine Anfragen an die Landesregierung zur Neonaziszene in Kahla:
Ausbau eines Neonazi-Zentrums in Kahla (2012)
„Thüringentag der nationalen Jugend“ im Juni 2013 (2012)
Neonazi-Konzert im Oktober (2012)
Neonazi-Fußballturnier in Kahla (2012)
Neonazistische Straftaten in Kahla (2012)
Aktivitäten von Karl-Heinz Hoffmann in Thüringen (2012)
Freies Netz Kahla/FNK (2011).
Aktualisierung: Bei der Razzia wurde eine Schusswaffe gefunden, mehr Infos hier.