In der heute veröffentlichten Ausgabe des Thüringer Staatsanzeigers wird die „Zweite Änderung der Verwaltungsvorschrift über den Rechtsschutz für Bedienstete des Freistaats Thüringen (VwV Rechtsschutz)“ verkündet. Die Änderung besteht im Kern in einer Vereinfachung des Rechtsschutzverfahrens für Landesbedienstete in Fällen, bei denen es um so genannte „Reichsbürger“ geht. Die Notwendigkeit einer solchen Änderung war zuletzt durch eine Kleine Anfrage von Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus und Antirassismus der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag, deutlich geworden.
Die Abgeordnete erklärt hierzu: „Wer als Vertreter des Staates in das Visier von so genannten ‚Reichsbürgern‘ gerät, muss oft mit einer wahren Flut an überfordernden und zum Teil auch bedrohlichen Reaktionen umgehen, die bis hin zu Einschüchterungen im privaten Umfeld und tätlichen Angriffen reichen. Die großen Razzien und umfangreichen Verfahren gegen Reichsbürger-Gruppen der letzten Jahre zeigen nur die Spitze des Eisbergs. Die Antwort auf meine Kleine Anfrage hat gezeigt, dass die erfassten Straftaten von so genannten ‚Reichsbürgern‘ von 2019 (20 Straftaten) bis 2022 (165 Straftaten) um mehr als das 8-fache gestiegen sind. Die Schwerpunkte bilden die Delikte Erpressung und Nötigung. 2022 wurden 119 solcher Delikte erfasst – das sind 72 Prozent der insgesamt erfassten Fälle. Auch durch die Arbeit im Untersuchungsausschuss zu politisch motivierter Gewaltkriminalität wissen wir: Gerade von solchen Taten sind Bedienstete des Landes und der Verwaltung häufig betroffen.“
König-Preuss weiter: „Es ist ein erster richtiger Schritt, dass die zentrale Informationsstelle zum Umgang mit so genannten ‚Reichsbürgern‘ im Landesverwaltungsamt in den letzten Jahren einen personellen Aufwuchs von 0,4 auf insgesamt 1,3 Stellen erfahren hat. Die Anfrage hat aber auch gezeigt: Der Rechtsschutz für Landesbedienstete wurde im Zeitraum von 2019 bis 2023 nur in einem einzigen Fall mit Bezug zu so genannten ‚Reichsbürgern‘ in Anspruch genommen – und das war 2019. Hier bestand also offensichtlich Handlungsbedarf.“
Die Abgeordnete begrüßt es daher, dass die Vorschrift nun angepasst wurde: „Ein Ausgangspunkt für meine Kleine Anfrage war die Aussage eines Vertreters des Thüringer Gerichtsvollzieherbundes im Untersuchungsausschuss: Ihm war nicht einmal bekannt, dass es eine solche Regelung gibt. Gerade im Bereich der Justiz sind die Zahlen der Bedrohungen durch so genannte ‚Reichsbürger‘ alarmierend. Das Justizministerium hat hierzu erst Ende März erklärt, dass sich die Zahlen auch für 2023 noch einmal fast verdoppelt haben. In der Antwort auf meine Anfrage teilte die Landesregierung mit, dass auch Gerichtsvollzieher einen Anspruch auf Rechtsschutz in solchen Fällen haben und die Anfrage zum Anlass genommen werde, besser über die Rechtsschutzmöglichkeiten zu informieren.“
König-Preuss weiter: „Es freut mich, dass dazu beigetragen werden konnte, eine Vereinfachung der Vorschrift anzustoßen. Zukünftig braucht es bei Fällen mit Bezug zu so genannten ‚Reichsbürgern‘ keine langwierige Prüfung von Voraussetzungen mehr. Auch das Risiko, dass die Bediensteten am Ende doch auf den Kosten sitzen bleiben, weil die Kostenansprüche gegenüber so genannten ‚Reichsbürgern‘ nicht durchgesetzt werden können, wird mit dieser Änderung beseitigt. Für die Kommunen ist es möglich, die Regelungen der Verwaltungsvorschrift entsprechend selbst anzuwenden.“
„Betroffenen extrem rechter Straftaten zur Seite zu stehen und sie zu unterstützen, ist ein Kernanliegen linker Politik. Es ist ein wichtiges Signal, wenn das Land als Dienstherr deutlich macht: Niemand muss sich von so genannten ‚Reichsbürgern‘ einschüchtern lassen“, so die Abgeordnete.
Anhang: Drucksache 7/9485, Auszug aus Thüringer Staatsanzeiger vom 08.04.2024
PDF: rechtsschutz_fuer_bedienstete_des_freistaats_thueringen_in_verfahren_gegen_sogenannte_reichsbuerger