Persoenliche Erklaerung von Katharina

Persönliche Erklärung von Katharina König (MdL, DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin.

Zum Zitat: „Die Residenzpflicht führt zu einer rassistischen Kontrollpraxis.“

Eine Entschuldigung von mir für diese Aussage ist nicht notwendig und ist auch nicht sachgerecht. Die Aussage ist inhaltlich zutreffend und ich will Ihnen das gerne kurz begründen.

Die Rechstgrundlage für Identitätsfeststellungen ist der Paragraph 14 des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes, in dem es in Absatz 1 Ziffer 2 Buchstabe a bb lautet:

Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen, wenn die Person sich an einem Ort aufhält, von dem aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, daß dort sich Personen ohne erforderliche Aufenthaltserlaubnis treffen.

In der Praxis ist die Polizei durch das Thüringer Polizeiaufgabengesetz angehalten, Verstöße des unerlaubten Aufenthaltes zu kontrollieren.

Unerlaubter Aufenthalt heißt infolge der Residenzpflicht, dass sich Flüchtlinge, die zum Beispiel in einer Gemeinschaftsunterkunft in Zella-Mehlis leben und sich auf dem Erfurter Anger aufhalten, eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat begehen, sofern sie über keine behördliche Erlaubnis verfügen.

Das allein, und das wurde auch in der Debatte deutlich, ist eine Beschränkung des Menschenrechtes auf Bewegungsfreiheit, die einen diskriminierenden Charakter hat.

Aber diese Diskriminierung setzt sich fort. Denn die von vielen Flüchtlingen erlebte und von vielen anderen Menschen auch beobachtete Praxis ist es, dass insbesondere auf solchen Plätzen wie zum Beispiel dem Erfurter Anger, aber auch auf Bahnhöfen in Zügen und ähnlichem mehr durch die Bundespolizei, Menschen allein aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes gezielt nach ihrer Identität befragt werden und Ausweisdokumente vorzeigen müssen.

Ich möchte Sie hier im Raum fragen, wer von Ihnen selbst schon einmal  einer solchen verdachts- und ereignisunabhängigen Kontrolle ausgesetzt gewesen ist. Flüchtlinge sind es in der Regel häufiger. Die Praxis ist, dass Menschen, die anders aussehen, und zwar nicht nur anders aussehen, sondern aufgrund ihrer äußeren Merkmale als Nicht-Deutsch gedeutet und gekennzeichnet werden, eben häufiger einer polizeilichen Maßnahme ausgesetzt werden.

Die äußeren Kriterien sind Hautfarbe, Augen- und Haarfarbe und eine polizeiliche Maßnahme bedeutet immer auch einen Grundrechtseingriff. Das heißt in der Konsequenz, dass Menschen aufgrund körpereigener äußerer Merkmale eben einem Eingriff in ihre Grundrechte ausgesetzt werden.

Nach dem Soziologen Robert Miles meint Rassismus einen „Prozess der Konstruktion von Bedeutungen“, durch den „bestimmte phänotypische und/oder genetische Eigenschaften von Menschen Bedeutungen der Gestalt zugeschrieben werden, dass daraus ein System von Kategorisierungen entsteht“, in dem den Betroffenen „zusätzliche (negativ bewertete) Eigenschaften zugeordnet werden“, wie hier beispielsweise der Verdacht einer begangenen Straftat.

Und Grundlage für die von mir aus diesem Grund als rassistische Kontrollpraxis bezeichnete Durchführung von Kontrollen hat ihre Ursache in der diskriminierenden Einschränkung der Bewegungsfreiheit, die allgemein als Residenzpflicht bezeichnet wird, nicht aber – wie sie unterstellen – in rassistischen Einstellungen eines einzelnen Polizeibeamtes oder der Thüringer Polizei im Ganzen.

Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Frau Abgeordnete König, bei der persönlichen Erklärung geht es um das eigene Abstimmungsverhalten und es gibt einen Geschäftsordnungsantrag.

Es ist eine persönliche Erklärung und den Geschäftsordnungsantrag können wir nach der Erklärung behandeln. Wir lassen die Erklärung zunächst zu Ende. Die Abgeordnete König hat das Wort und wird jetzt bitte mit ihrer Erklärung fortfahren.  Das ist ihre Erklärung.

Abgeordnete König, DIE LINKE: Als nochmal. Grundlage für die von mir aus diesem Grund als rassistische Kontrollpraxis bezeichnete Durchführung von Kontrollen hat ihre Ursache eben in der Residenzpflicht. Und nicht, wie Sie unterstellen, in rassistischen Einstellungen eines einzelnen Polizeibeamten oder sogar der Thüringer Polizei im Ganzen.

Ich bin mir sogar sicher, dass Thüringer Polizeibeamte diesen Teil ihrer Arbeit ungern absolvieren und auch aus diesem Grund für die Abschaffung der Residenzpflicht Position beziehen.

Die Polizei, die sowohl das  Polizeiaufgabengesetz ausführen muss, als auch den Verdacht auf Verstoß gegen die Residenzpflicht prüft, führt Gesetze aus, die hier im Haues gemacht wurden. Das hätte heute geändert werden können.

Dankeschön.

Auch diesen Redebeitrag kann mensch die nächsten Tage noch auf der Website des Landtags anschauen.

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