Ein Polizeibeamter hatte womöglich vor seiner Vernehmung Zugang zu älteren, brisanten Akten. Kritik hagelt es wegen der Ladung von Zeugen auf Umwegen. Erfurt. Es ist kurz vor 19.30 Uhr. Ein LKA-Ermittler erzählt über seine Arbeit bei der Ermittlungsgruppe „Tex“. Die Beamten sollten ab 1997 nach der Soko „Rex“ ermitteln, ob Thüringer Neonazis sich zu einer „kriminellen Vereinigung“ zusammengeschlossen hatten. Im Oktober 1997 wurde der Abschlussbericht der Ermittlungsgruppe gefertigt. Die Fahnder sahen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine kriminelle Struktur im strafrechtlichen Sinne. Dass seinerzeit nur zehn Tage vor dieser Einschätzung im ostthüringischen Heilsberg eines der größten Waffenlager Thüringer Neonazis gefunden wurde, spielte für den Abschlussbericht offenbar keine Rolle. Jedenfalls konnte sich der Ermittler, der als Zeuge geladen war, gestern im Ausschuss nicht mehr daran erinnern.
Dafür ließ eine Randbemerkung des Zeugen die Abgeordneten plötzlich aufhorchen. Der LKA-Beamte sagte aus, dass er die Einladung für die Zeugenvernehmung von einer „AG Kommission“ zugestellt bekommen hatte. Ein Vertreter der Landesregierung verwies darauf, dass die Arbeitsgruppe „Kommission“ für die Aufarbeitung des Aktenbestandes beim LKA zuständig war und dass diese AG die Zeugenvorladungen an die Polizeibeamten weite geleitet habe.
Doch der Zeuge fügte an seine Aussage noch an, dass er ein Anschreiben mit seiner Aussagegenehmigung erhalten hatte und dass er sich bei Nachfragen an die „AG Kommission“ wenden könne. „Zeugenbeeinflussung“ rief darauf hin die Linke-Abgeordnete Martina Renner . Die Ausschussvorsitzende Dorothea Marx (SPD) erklärte, dass es ein solches Anschreiben nicht in den Unterlagen des Untersuchungsausschusses gebe.
Laut Landesregierung keine Akteneinsicht
Der Vertreter der Landesregierung versicherte, dass sichergestellt sei, dass die vorgeladenen Beamten nicht noch einmal Einsicht in die alten Akten erhalten würden. Es habe die Anweisung gegeben, eine solche Akteneinsicht nicht zu ermöglichen, betonte er nachdrücklich.
Auf weitere Nachfragen der Abgeordneten stellte sich allerdings heraus, dass ein weiterer Zeuge des Untersuchungsausschusses aus dem Bereich des Landeskriminalamtes derzeit amtierend diese „AG Kommission“ leitet. Diese Angabe sorgte für erhebliche Unruhe unter den Abgeordneten. Martina Renner kritisierte, dass es einigen Zeugen verboten werde, die Akten vor ihren Aussagen noch einmal einzusehen und dass gleichzeitig ein anderer Zeuge, der die Mitverantwortung für die damaligen Ermittlungen trug, nun die Verantwortung für einen Teil der Akten habe, die der Untersuchungsausschuss für seine Arbeit nutzen soll.
Der Vertreter der Landesregierung versicherte nun, dass die kommissarische Leitung der „AG Kommission“ überprüft und geändert werden solle.
Der Beamte, der amtierend dieser Arbeitsgruppe derzeit vorsitzt, ist beim Landeskriminalamt für „Verdeckte Maßnahmen“ wie das Führen von Polizeiinformanten verantwortlich. Er sollte gestern auch vom Ausschuss vernommen werden. Doch aus Zeitgründen wurde diese Anhörung abgesagt.
Die Landesregierung hatte kurzfristig darum gebeten, die Anonymität des LKA-Ermittlers wegen seiner Tätigkeit zu wahren. Daraufhin war geplant worden, dass der Auschuss ins Landeskriminalamt fährt, um den Zeugen unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu befragen. Wann diese Anhörung nun stattfinden soll, ist noch unklar.