Zwei Tage vor dem erwarteten Urteil im Fretterode-Prozess wegen des massiven Angriffs von Neonazis auf zwei Journalisten mit Baseballschläger, Messer, großen Schraubschlüssel und Pfefferspray wurde gestern die Wohnung eines Journalisten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Mühlhausen durchsucht. Dazu erklärt Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag:
Zwei Tage vor dem erwarteten Urteil im Fretterode-Prozess wegen des massiven Angriffs von Neonazis auf zwei Journalisten mit Baseballschläger, Messer, großen Schraubschlüssel und Pfefferspray wurde gestern die Wohnung eines Journalisten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Mühlhausen durchsucht. Dazu erklärt Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag:
„Mehr als viereinhalb Jahre sind seit dem schwerwiegenden Überfall vergangen, die Täter sind weiter auf freiem Fuß. Eine Anklage wegen versuchten Totschlags wurde versäumt. Es kam zu gravierenden Ermittlungsfehlern, bei denen unter den Augen der Polizei die Tatwaffe verschwinden konnte. Eine Razzia bei den Tätern zum Auffinden von Beweismitteln fand nicht statt. Dass die Staatsanwaltschaft Mühlhausen in der Lage ist, die Strafprozessordnung anzuwenden, dabei jedoch offensichtlich eine fragwürdige Schwerpunktsetzung wählt und keine ausreichende Sensibilität für die Pressefreiheit an den Tag legt, zeigte sich gestern, als ein Journalist unter äußerst zweifelhaften Gründen durchsucht wurde und man technische Geräte, die zur Ausübung der journalistischen Tätigkeit erforderlich sind, beschlagnahmte. Meines Erachtens entbehren die gestrigen Maßnahmen jeglicher Verhältnismäßigkeit“, so die Abgeordnete.
Im April letzten Jahres wurden in Tatortnähe zwei Plakate, auf denen die angeklagten Neonazis aus dem Fretterode-Prozess zu sehen waren, mit der Aufschrift „3 Jahre kein Prozess“ und „Tatort Fretterode“ aufgestellt, welche die lange Verfahrensdauer kritisierten. Der militante Neonazi-Heise, von dessen Grundstück der Angriff 2018 ausging und auf dem bereits vor Jahren eine Maschinenpistole und Maschinengewehr durch die Polizei aufgefunden wurden, hatte Anzeige erstattet. Der Journalist ist nun Beschuldigter, weil in der Umgebung dieser Plakate ein Telefon aufgefunden wurde, das ihm zugeordnet wird.
Nach Angaben des Nebenklage-Anwaltes, der den Journalisten vertritt, hätte dieser seine Nichtanwesenheit und Nichtbeteiligung an der Aufstellung der Plakate ganz ohne Durchsuchung beweisen können.
König-Preuss: „Dass es zu einer solchen Maßnahme kommt, ist für sich genommen schon beachtlich. Gravierender ist jedoch, dass ein solch erheblicher Grundrechtseingriff überhaupt angesichts alternativer milderer Mittel für die selbe Zweckerfüllung durchgeführt wird.“
Die Abgeordnete unterstreicht, dass nach der Strafprozessordnung die Staatsanwaltschaft die Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung habe. Dennoch dränge sich dem außenstehenden Betrachter der Eindruck auf, dass bei der Verfolgung der schwerwiegenden Neonazi-Gewalttaten im Umfeld des militanten Neonazis Thorsten Heise durch die gleiche Staatsanwaltschaft weniger ambitioniert vorgegangen werde als nach der Kritik an der langen Verfahrensdauer und Benennung der Tatverdächtigen. Sie kündigt daher an, auch im Wege der parlamentarischen Möglichkeiten die Frage der Verhältnismäßigkeit und dem Ablauf der heutigen Ereignisse weiter zu erörtern. „Vor dem Hintergrund der grundgesetzlich geschützten Pressefreiheit benötigt es hier eine besondere Sensibilität, gerade wenn im Durchsuchungsbeschluss die berufliche Tätigkeit als Journalist explizit genannt wird, aber über die Maßnahme selber keinerlei Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und der Schwere des Eingriffs stattfindet. Das ist mehr als problematisch.“