Im Rahmen einer Delegationsreise des Ausschusses für Wirtschaft, Wissenschaft und digitale Gesellschaft des Thüringer Landtages flogen auch vier Landtagsabgeordnete der Fraktion DIE LINKE in dieser Woche nach Estland, um sich vor Ort über das Land und seine Entwicklung zu informieren. Estland, welches in seiner ländlich geprägten und von kleinen Städten dominierten Struktur Thüringen durchaus ähnlich ist, gilt als Vorreiter in Sachen Digitalisierung in Staat und Gesellschaft. Die Abgeordneten informierten sich bei ihrem Besuch zum Beispiel in Ministerien, kommunalen Verwaltungen, Handelskammern, Stiftungen und Hochschulen. Dabei sammelten sie vielfältige Informationen, Ideen und Erfahrungen, um Anregungen für die weitere Entwicklung auch in Thüringen einzuholen.
Margit Jung, die auch Vizepräsidentin des Thüringer Landtags ist, sagt: „Als Sozial- und Familienpolitikerin hat mich vor allem die Selbstverständlichkeit beeindruckt, wie Kinder und Jugendliche in vielen Bereichen Unterstützung finden: längeres gemeinsames Lernen bis Klasse 9 sind beim PISA-Vorreiter Estland ebenso flächendeckender Standard, wie die kostenfreie Essenversorgung in der Schule oder die Unterstützung ärmerer Familien bei der Bereitstellung digitaler Lernmittel. Auch das Prinzip des proaktiven Staates, der Kindergeld automatisiert nach der Geburt auszahlt statt Eltern wie in Deutschland üblich als Bittsteller von Behörde zu Behörde laufen zu lassen, ist vorbildlich.“
Katharina König-Preuss, netzpolitische Sprecherin, stellt fest: „Offene Standards, offene Daten und quelloffene Software, gepaart mit umfangreichen Auskunftsrechten der Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat sind die Grundpfeiler einer funktionierenden Digitalisierung, die praktisch alle Menschen mitnimmt und Spielraum für wirtschaftliche Entwicklungen lässt. Die Linke fordert schon seit vielen Jahren, diesen Weg auch in Deutschland endlich einzuschlagen. Mit dem kürzlich von Rot-Rot-Grün verabschiedeten eGovernment-Gesetz in Thüringen haben wir da nur einen ersten Schritt gemacht, auf den mehr folgen muss. Estland zeigt mit seinem ganzheitlichen Ansatz nicht nur, dass es möglich ist, sondern auch, wie es im Detail gut und sicher gelingen kann.“
Knut Korschewsky, tourismuspolitischer Sprecher, erklärt: „Die selbstverständliche Verfügbarkeit von WLAN im öffentlichen Raum, in Hotels und Gaststätten, bei Institutionen und Verbänden muss insbesondere auch im ländlichen Raum in Thüringen endlich Einzug halten. Die meisten Gäste unseres schönen Freistaates erwarten Natur und Kultur mit den Rahmenbedingungen des 21. Jahrhunderts. Das liegt auch in der Verantwortung unserer Unternehmerinnen und Unternehmer. Unsere Landesregierung unterstützt dabei, unter anderem mit einem neuen Content-Management-System, um gerade auch die Auffindbarkeit und Online-Vermarktung zu verbessern. Den Sprung ins digitale touristische Zeitalter schaffen wir nur zusammen!“
Katja Mitteldorf, kulturpolitische Sprecherin ergänzt: „Hinzu kommt eine beeindruckende Startup-Kultur, die nicht nur der viel gelobten IT-Branche zugute kommt, sondern auch der Kreativwirtschaft mit allen ihren Facetten. Modernes Design, Gamingindustrie und zahlreiche andere Branchen florieren in einer Gesellschaft, die vielfältige Freiräume zum Experimentieren geradezu einfordert. Dies zeigt sich auch alltäglich im öffentlichen Raum mit moderner Kunst, die ganz selbstverständlich an fast jeder Ecke in Tallinn und Tartu zu finden ist. Hier kann sich auch Thüringen noch einiges an Fördermodalitäten abschauen.“
„Nicht alles, was Estland macht, ist eins zu eins in Thüringen anzuwenden. Doch der Austausch hat deutlich gemacht, dass wir an vielen Stellen Potenzial der Digitalisierung ungenutzt lassen. Anpacken und machen heißt jetzt die Devise für uns.“ erklären die Abgeordneten abschließend.