Und an der Grenze alles Selbstmoerder

Und an der Grenze alles Selbstmörder
Die im Kreis verständigt sich über ihr Verhältnis zur DDR

Saalfeld (OTZ/TS). Am Begriff „Unrechtsstaat“, als den die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König die DDR bezeichnet hatte, entzündet sich seit ein paar Wochen ein heftiger Streit unter den rund 350 Mitgliedern des Linken-Kreisverbandes Saalfeld-Rudolstadt. Am Donnerstagabend wurde das Thema im Saalfelder Wahlkreisbüro der Jenaer Abgeordneten öffentlich ausdiskutiert.

Dabei wurde vor allem eines deutlich: Das Spektrum der SED-Nachfolgepartei reicht 20 Jahre nach der Wende vom Bürgerrechtler-Nachkommen bis zum Betonkopf. So unterschiedlich wie die Biografien der Genossen, sind die Sichten auf das untergegangene Paradies der Arbeiter und Bauern. Die 32-jährige König hat als kleines Kind erleben müssen, wie ihr Vater, ein Pfarrer, von der Stasi verhaftet wurde, wie beim Zwangsumzug Wanzen gefunden wurden und der Vater ihrer Freundin im Stasi-Knast starb. Wenn sie vom „Unrechtsstaat DDR“ redet, geht es ihr nicht um eine jurisitische und völkerrechtliche Bewertung, sondern um eine moralische, ganz persönliche.
Dass sie damit diejenigen die ihr Leben dem Staat DDR geopfert haben und noch immer das Gros der Partei ausmachen, vor den Kopf stößt, muss ihr klar gewesen sein. Sie benutze das Vokabular des Feindes, wird ihr vorgeworfen. Das Wort sei wie eine Keule und solle doch nur davon ablenken, was alles gut war in der DDR. Recht auf Arbeit, Bildungssystem, Gesundheitswesen, solidarische Gesellschaft. Nichts wird ausgespart. Hubertus Scholz zitiert Karl Marx und möchte, dass die früheren Bürgerrechtler ihr DDR-Bild genauso kritisch hinterfragen wie es von ihm als ehemaligen Staatsbürgerkundelehrer verlangt wurde.

Katharina König, ihre Vertreterin im Landtag, ist stur: „Ich würd’s noch mal so sagen“. Gerade weil ihr Genossen in E-Mails geraten haben, sie möge sich doch an der Meinung der Partei orientieren. Da wurde ihr ganz komisch im Magen.
Ein 19-Jähriger stellte die Frage, was denn solidarisch daran gewesen sei, wenn Pfarrerskinder ausgegrenzt wurden und was das sonst sei als Unrecht, wenn ein Staat an der Grenze auf seine Bürger schießen lässt wie auf flüchtige Schwerverbrecher? Auch darauf hatte ein betagter Genosse eine Antwort. Man solle doch mal aufhören mit diesen Lügen. An der Grenze, das seien schließlich alles Selbstmörder gewesen. „Die sind trotz Halts-Schildern einfach weitergegangen.“

Quelle: OTZ Saalfeld, 28.08.2010 Thomas Spanier

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