Die Abschiebung einer jesidischen Familie während eines laufenden Gerichtsverfahrens stellt nach Ansicht der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag eine eklatante Missachtung rechtsstaatlicher Prinzipien dar. Besonders brisant: Die Familie war Klägerin in einem anhängigen Verfahren, bei dem eine gerichtliche Entscheidung unmittelbar bevorstand.
„Diese Abschiebung unterläuft gezielt die Entscheidungsbefugnis des Gerichts. Wer Tatsachen schafft, bevor ein Urteil gefällt ist, entzieht dem Rechtsstaat seine Grundlage – den effektiven Rechtsschutz. Das ist politisch verantwortungslos und juristisch problematisch“, erklärt Katharina König-Preuss, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke. Die Abgeordnete kritisiert insbesondere die Einordnung der Thüringer Justizministerin Beate Meißner (CDU), wonach an dem Vorgang „nichts zu beanstanden“ sei: „Frau Meißner scheint die Tragweite des Vorfalls und ihre Verantwortung dafür nicht erkannt zu haben. Wer in Kenntnis eines laufenden Gerichtsverfahrens und der unmittelbar bevorstehenden Entscheidung eine Abschiebung durchführt, verletzt bewusst den Kern rechtsstaatlicher Verfahren.“
Besonders zynisch wirke der Vorgang auch im Lichte der Tatsache, dass es sich um eine jesidische Familie handelt, die dem Genozid und der Verfolgung durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) entkommen ist.
„Der Deutsche Bundestag hat am 19. Januar 2023 auch mit Zustimmung der CDU/CSU den Völkermord an den Jesiden und Jesidinnen durch den IS anerkannt. Es ist vollkommen unverständlich, wie angesichts dieser historischen Bewertung eine betroffene Familie zurück in den Irak abgeschoben werden kann und damit in ein Land, in dem die Bedrohungs- und Verfolgungssituation nach wie vor besteht“, so König-Preuss.
Die Linke kündigt an, die politische und juristische Aufarbeitung des Falles im Thüringer Landtag weiter zu verfolgen.
„Dieser Vorgang darf nicht folgenlos bleiben. Wer sich zum Rechtsstaat bekennt, muss auch dafür sorgen, dass seine Institutionen nicht durch politischen Aktionismus entmachtet werden“, erklärt König-Preuss abschließend.
Weitere Informationen zur Bundestagsresolution:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw03-de-jesiden-927032 – Anerkennung des Genozids an den Jesid:innen (19.01.2023)