„Es ist ärgerlich genug, dass wegen Formfehlern die Urteile des Landgerichts Erfurt gegen eine Gruppe Neonazis aufgehoben werden mussten, die für den schweren Überfall auf die Kirmesgesellschaft in Ballstädt verantwortlich waren. Dass aber auch nach der inzwischen erfolgten Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs die Neuverhandlung am Landgericht Erfurt bis ins nächste Jahr verzögert wird, ist absolut unverständlich“, so Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag, anlässlich einer MDR-Meldung.
„Der Überfall ist knapp sechseinhalb Jahre her, während die Neonazis weiter unbehelligt agieren, unter anderem mit Rechtsrock Gelder verdienen, hingegen die Betroffenen einer fortdauernden Belastung ausgesetzt sind, da mehrere Täter, an deren Schuld auch der BGH keine Zweifel hat, weiterhin im Ort wohnen. Wenn das Verfahren nicht mit mehr Nachdruck betrieben wird, macht sich der Rechtsstaat unglaubwürdig und sendet das fatale Signal aus, dass extrem rechte, kriminelle Handlungen keine Konsequenzen haben“, so die Abgeordnete.
König-Preuss weist darauf hin, dass Teile der Täter seit dem Überfall in Ballstädt eine der gefährlichsten Neonazi-Strukturen Thüringens „Turonen/Garde 20“ auf- und ausgebaut haben, deren Netzwerke in militante, bewaffnete Neonazi-Strukturen über Deutschland hinaus reichen. Gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk hatte das Landgericht Erfurt mitgeteilt, dass der Neuverhandlungstermin wohl erst 2021 stattfinden könne. Auch die Opferberatung ezra kritisiert die Entscheidung, das Verfahren erst 2021 neu zu verhandeln.
Mindestens 15 Neonazis hatten in der Nacht vom 8. zum 9. Februar 2014 die Feier einer Kirmesgesellschaft im Gemeindesaal in Ballstädt (Landkreis Gotha) brutal überfallen und dabei einige Personen mit Schlagwerkzeugen schwer verletzt. Im Mai 2017 hatte nach einem langwierigen Prozess die 3. Strafkammer des Landgerichts Erfurt 10 der 15 Angeklagten verurteilt, einen zu einer Bewährungsstrafe.
König-Preuss mahnt, dass derartige Zustände für die Betroffenen unerträglich seien. Sie appelliert an das Landgericht Erfurt und das Justizministerium, zügig die räumlichen und personellen Rahmenbedingungen zu schaffen, um eine sichere Neuverhandlung zeitnah unter Einhaltung der Infektionsschutz-Bestimmungen umsetzen zu können.