Urteil im Ballstädt-Prozess aufgehoben, fatales Signal an rechte Szene in Thüringen
Zur Aufhebung des Urteils im sogenannten Ballstädt-Prozess erklärt Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag: „Die Aufhebung des Urteils ist ein fatales Signal der Stärkung an und für die Neonazi-Szene in Thüringen. Es ist davon auszugehen, dass keiner der damals beteiligten Neonazis noch eine Haftstrafe für den schweren Überfall auf die Kirmesgesellschaft in Ballstädt vor sechs Jahren verbüßen muss. Dies wiederum bestärkt Neonazis in ihren Gewaltexzessen gegen engagierte Menschen und im Ausbau ihrer Hegemoniebestrebungen.“
König-Preuss weist auf die hinter dem Übergriff stehende Neonazi-Struktur der „Turonen“ hin, welche sich seit dem Übergriff in Ballstädt nicht nur in Thüringen etabliert hat, sondern insbesondere über die großen Rechtsrock-Konzerte – auch in der Schweiz – bundesweite und internationale Verbindungen aufgebaut hat. Diese reichen von rechten Parteistrukturen über die Hammerskins bis zur verbotenen Vereinigung „Combat18“ bzw. „Blood & Honour“ sowie zu NSU-Unterstützern. Innerhalb Thüringens bestehen diverse Verbindungen von den „Turonen“ zu anderen extrem rechten Organisationen, wie der erst kürzlich in den Fokus von Ermittlungsbehörden geratenen rechten Gruppierung „Jungsturm“. So erschienen u.a. der im ersten Ballstädt-Prozess zu 3,5 Jahren Haft verurteilte Kopf der Turonen Thomas W. und mehrere Mitglieder von „Jungsturm“ zum Prozessauftakt gegen einen Saalfelder Neonazi.
„Mehr als sechs Jahre nach dem folgenschweren Übergriff durch organisierte Neonazis auf engagierte Menschen ist immer noch kein Ende in Sicht. Vielmehr müssen sich Betroffene nicht nur auf einen weiteren langwierigen Prozess einstellen, sondern erneut den nun feixenden Tätern im Gericht gegenübertreten. Für die Neonazi-Szene stellt die Aufhebung des Urteils einen Teilsieg dar, der sich in Thüringen bemerkbar machen wird. Repression ist ein enorm wirksames Mittel gegen Neonazi-Strukturen. Wenn jedoch, wie im vorliegenden Fall, Justizbehörden wider besseren Wissens ein derartig angreifbares und schließlich aufzuhebendes Urteil fällen, spielen sie ungewollt Neonazis in die Hände.“
König-Preuss weiter: „Es reicht nicht aus, staatlicherseits dazu aufzurufen, sich für eine demokratische Gesellschaft zu engagieren, wenn nicht gleichzeitig alle Mittel genutzt werden, um Menschen in ihrem Engagement gegen rechts zu unterstützen und vor Übergriffen zu schützen. Dass sechs Jahre nach einem schweren Übergriff militante Neonazi-Täter immer noch auf freiem Fuß sind, stellt insbesondere für die Betroffenen aus Ballstädt – aber auch für alle anderen antifaschistisch engagierten Menschen in Thüringen – eine pure Bedrohung dar.“ Aufgabe sei es nun, den Prozess möglichst schnell neu zu beginnen, um den Neonazis nicht noch mehr in die Hände zu spielen, so König-Preuss abschließend.