Am gestrigen Abend kam es in Eisenach im offenen Jugend- und Wahlkreisbüro „RosaLuxx.“ der Landtagsabgeordneten der Linksfraktion, Kati Engel, im Zuge einer Lesung des Journalisten Sören Kohlhuber zu einem versuchten Übergriff von Neonazis. Sören Kohlhuber, ein bundesweit für seine Dokumentationen rechter Aufmärsche bekannte freie Journalist, las im „RosaLuxx.“ aus seinem aktuellen Buch „Retrofieber – Wenn Neonazis die ostdeutschen Straßen zurückerobern“. Dieser Veranstaltung wohnten etwa 40 Gäste bei. Kurz vor Ende der Lesung versuchten etwa zehn, zum Teil vermummte, Neonazis diese Veranstaltung anzugreifen. Kohlhuber selbst sprach auf facebook sogar von einer Bewaffnung der Nazis. [Update: Kohlhuber berichtet auf seinem eigenen Blog inzwischen über das Geschehen und spricht von Pfefferspray, Schlagstöcken und Glasflaschen, mit denen sich die Nazis bewaffnet hatten. Dort auch eine Einordnung, aus welchem Personenkreis der Angriff kam.] Seit dem gescheiterten NPD-Verbotsverfahren zeigt sich die Eisenacher Neonazi-Szene wieder aggressiver, die Übergriffszahlen steigen hier seit Monaten. Der versuchte Angriff am Donnerstagabend auf die Lesung im Wahlkreisbüro stellt einen neuen Höhepunkt der Gewaltspirale dar. „Ich bin schockiert, dass es kaum noch möglich ist, eine kritische Veranstaltung über Neonazis durchzuführen, ohne Übergriffe von diesen befürchten zu müssen“, sagt die Landtagsabgeordnete Kati Engel. Dass es bei diesem Übergriff nicht zu Verletzten gekommen ist, ist nur dem schnellen Agieren von Anwesenden zu verdanken, die den Eingangsbereich und somit die im Büro anwesenden BesucherInnen vor dem Angriff schützten. „Ich bin sehr froh, dass niemand verletzt wurde. Es zeigt sich durch dieses Ereignis deutlich, dass die rechte Szene immer enthemmter und gewaltbereiter agiert. Wir haben in Thüringen und insbesondere in Eisenach ein massives Problem mit dieser Neonazi-Szene, dem entschieden begegnet werden muss“, so Engel.
In Leipzig haben in der selben Nacht Unbekannte gegen halb drei auf die Schaufensterscheibe des Leipziger Projekt- und Abgeordnetenbüros linXXnet geschossen. Mittlerweile sind zwei Einschusslöcher nachgewiesen – ein Schuss ging durch Scheibe und einer durch den Scheibenrahmen. Beide Projektile wurde im Innenbereich gefunden und gesichert. Glücklicherweise befanden sich keine Personen im Büro. Juliane Nagel, Mitglied des Sächsischen Landtages und Mitbetreiberin des Büros, wurde darüber noch in der Nacht von der Polizei informiert. Diese hatte den Zugang zum Büro großräumig abgesperrt. Die Spurensicherung lief mehrere Stunden. Schon in der Vergangenheit war das linXXnet in Leipzig-Connewitz öfter Ziel von Übergriffen, erst vor wenigen Tagen wurde die Schaufensterscheibe durch einen gezielten Steinwurf auf ein Refugee-Unterstützerplakat zerstört. Die Abgabe eines Schusses auf das Büro ist jedoch eine neue Eskalationsstufe. Juliane Nagel dazu: „Mit ziemlicher Sicherheit gehören die Übergriffe auf das linXXnet zur Strategie der Einschüchterung durch extreme Rechte. Vor allem das linksalternative Viertel Connewitz dient ihnen schon länger als Feindbild, an dem sie sich abarbeiten wollen. Allerdings werden wir uns nicht einschüchtern lassen!”