Zum geforderten Verbot von „Freien Netzen“ bzw. „Freien Kameradschaften“ äußert sich Katharina König, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag: „So gut gemeint auch die Absicht hinter der Verbotsforderung ist, so wenig ist sie auf die Thüringer Situation im Hinblick auf neonazistische Gruppierungen anwendbar. Die Forderung nach einem Pauschal-Verbot von ‚Freien Netzen‘ in Thüringen analog zum Verbot vom ‚Freien Netz Süd‘ in Bayern halten wir für nicht durchführbar, da die Voraussetzungen aus unterschiedlichen Gründen dafür fehlen.“ Die Linksfraktion unterstützt jegliche Bestrebungen, die dem Zurückdrängen von neonazistischen Ideologien und Gruppierungen dienen. Seit Jahren setzt sich DIE LINKE dafür ein, dass vor allem auch parteifreie Neonazi-Strukturen jenseits der NPD in den Fokus genommen werden. König betont, dass von einer Namensähnlichkeit abgesehen beide Gruppierungen nur schwer vergleichbar seien. Während in Bayern das „Freie Netz“ als gut organisierter Dachverband über zwei Dutzend rechte Gruppen vereinte und bis zu 250 Neonazis zu Demonstrationen usw. mobilisieren konnte, haben sich in den letzten fünf Jahren bei den „FN“-Gruppen in Thüringen erhebliche strukturelle Veränderungen ergeben, so dass es aktuell an einem organisatorischen Überbau ähnlich dem „FN Süd“ fehlt. Von den FN Gruppen treten nur noch die Bereiche Jena/Kahla und Saalfeld mit Aktivitäten in Erscheinung, andere haben sich umbenannt oder agieren in neuen Gruppierungen. Weiterlesen:
„Wichtig ist es, personelle und strukturelle Änderungen nicht aus dem Blick zu verlieren. Mit einer Fokussierung auf das ‚FN‘ oder sich selbst als ‚Kameradschaft‘ definierende Gruppierungen werden jedoch andere maßgebliche Entwicklung der rechten Szene in Thüringen vernachlässigt“, so König. Die Abgeordnete verweist darauf, dass es eine Reihe anderer neonazistischer Organisationsformen jenseits der NPD und der „Freien Netze“ gibt, welche in den letzten Monaten eine erhebliche Bedrohung für Menschen in Thüringen darstellten, darunter lose rechte Cliquen, so genannte „Aktionsgruppen“, aber auch Bewohner von neonazistischen Immobilienprojekten. Hervor hebt sie die rechte Szene im Bereich Ballstädt („Kameradschaft Jonastal“, Immobilie „Gelbes Haus“) sowie die „Aktionsgruppe Weimarer Land“ um den bekannten Neonazi Michel Fischer, von welchen eine Vielzahl von Gewaltstraftaten in kurzer Zeit verübt wurden.
„Statt rechtlich schwieriger Pauschalverbote, auf welche die Neonazi-Szene sehr flexibel reagiert und welche wenig nachhaltige Wirkung haben, sollte Thüringen die im letzten Jahr gegründete ‚BAO Zesar‘ zur Bekämpfung rechter Strukturen und rechter Gewalt weiterhin unterstützen und diese ausbauen, auch um potentielle Strukturverfahren mit den gebotenen Mitteln und ausreichender Kapazität bewerkstelligen zu können“, so König. Wichtiger als ein „Freies Netz“-Verbot in Thüringen seien insbesondere die Unterstützung der Zivilgesellschaft und das Forcieren von Ermittlungen gerade in Schwerpunktregionen, um neonazistische Bedrohungen effektiv zurückzudrängen.
„Würde man den rechten Schlägern von Ballstädt beispielsweise die Bildung einer kriminellen Vereinigung substanziell und rechtssicher nachweisen können und die dortige Immobilie als Rückzugsort und Vereinsheim am Ende der Ermittlungen beschlagnahmen, hätte das weit mehr Erfolg im Kampf gegen Rechts als ziellose Verbotsforderungen, die letztendlich wahrscheinlich auch noch durch Gerichte mangels Belastbarkeit gekippt werden,“ so König.
„Im Übrigen hat sich der Verfassungsschutz in der Vergangenheit nicht als die geeignete Quelle zur Analyse extrem rechter Strukturen erwiesen. Auch die jetzt zur Verbotsdebatte durch SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN unter Berufung auf den Geheimdienst genannte Anzahl solcher Gruppen in Thüringen ist untertrieben und entspricht nicht der Realität“ (beziffert wurden 4-6), betont die LINKE-Abgeordnete, die erneut auf die Kompetenzen aus der Zivilgesellschaft verweist.