Verfassungsschutz-Promianwalt – Linke schaltet Landesrechnungshof wegen Steuergeldverschwendung ein

xyDie Landtagsabgeordnete Katharina König, Sprecherin für Antifaschismus der Linksfraktion, hat die Bezahlung eines „Verfassungsschutz-Promianwaltes“ für die Begleitung von Mitarbeitern des Thüringer Geheimdienstes, die im Untersuchungsausschuss vernommen wurden, beim Landesrechnungshof Thüringen angezeigt. Hintergrund sind rund 7.000 Euro Steuergelder, die der Verfassungsschutz für die Begleitung von zwei Verfassungsschützern zu je einer Untersuchungsausschuss-Sitzung sponserte. Weiterlesen:

Bereits im Januar hatte sich Frau König mit einer Kleinen Anfrage bei der Landesregierung nach der Finanzierung jenes Anwaltes erkundigt, der bereits auffällig oft verschiedene Verfassungsschützer vor unterschiedlichen NSU-Untersuchungsausschüssen vertrat (NSU UA Bund, Sachsen und Thüringen sowie Trinkaus UA Thüringen). Das Innenministerium teilte mit, dass der Verfassungsschutz in zwei Fällen insgesamt 7.041 Euro gezahlt habe, weitere 3.000 Euro seien in einem dritten Fall bereits zugesagt gewesen. Obwohl keine ausdrückliche gesetzliche Regelung existiert, begründete die Landesregierung die anteilige oder vollständige Finanzierung des Anwalts mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn.

Das Innenministerium argumentierte zunächst, Ausfluss dieser Fürsorgepflicht des Dienstherrn sei ein „Runderlass des Innenministeriums im Einvernehmen mit dem Finanzministerium über den Rechtsschutz für Bedienstete des Freistaats Thüringen vom 20.09.1994“ (ThürStAnz Nr. 40/1994).  Dieser Runderlass bezieht sich jedoch ausschließlich auf Zivilsachen sowie Strafsachen, konkret im Kontext von Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, der öffentlichen Klage im strafgerichtlichen Verfahren, der Privatklage und des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls sowie bei Zivilverfahren gegen Bedienstete. Bei Zeugenbefragungen vor dem UA 5/1 und UA 5/2 spielen jedoch weder zivilrechtliche Ansprüche eine Rolle, noch sind die geladenen Zeugen in der Rolle eines Beschuldigten, Tatverdächtigen oder Angeklagten.

Mit einer erneuten Anfrage hakte Frau König nach und erhielt nun die Antwort, dass aufgrund der besonderen Umstände und der „Schwierigkeit der anwaltlichen Beistandsleistung“ im Untersuchungsausschuss ein Stundensatz von 250 Euro angemessen und ortsüblich sei. „Ich wüsste nicht, was einen Zeugenbeistand im Untersuchungsausschuss so viel komplizierter macht als vor einem normalen Gerichtsprozess, es handelt sich hier im Übrigen um eine normale anwaltliche Einzeltätigkeit und da dürfte der Stundensatz entgegen den Ausführungen des Innenministeriums maximal halb so viel betragen als hier berechnet wurde“, äußert die Abgeordnete mit Blick auf den lukrativen Verdienst von damit ungefähr 3.500 Euro für das Platzieren eines Anwaltes neben einem Verfassungsschützer an einem (!) Tag vor dem Untersuchungsausschuss 5/2.

„Angesichts der Tatsache, dass die Zeugen auch gerade über das Treiben im Verfassungsschutz vor dem Untersuchungsausschuss vollständig und wahrheitsgemäß aussagen sollen, der Verfassungsschutz jedoch selbst nicht wenig Geld investiert, um die Zeugen per Anwalt zu begleiten, welcher dann berät, was sie aussagen oder besser nicht aussagen sollen – auch um sich gegebenenfalls nicht zu belasten –, erscheint dieser Vorgang vor dem Hintergrund des Ziels von maximaler Aufklärung doch sehr fragwürdig“, so die Abgeordnete.  Natürlich sind die Grundrechte von Zeugen zu wahren, jedem stehe es frei, sich einen Beistand zu holen, „fraglich ist jedoch, ob der Freistaat Thüringen auch für diese bezahlen müsste“. Die Landesregierung erklärte, dass der gewählte Anwalt eine Ü3-Sicherheitsverfügung besitze. Damit hätte er auch zur Vorbereitung Einsicht in drei Verfassungsschutz-Operativ-Akten nehmen können.

Eine weitere Antwort auf die neuerliche Kleine Anfrage mache ebenso stutzig. Katharina König: „Dass die Landesregierung nun erklärt, dass es im Rahmen einer Recherche in den letzten zehn Jahren keinen vergleichbaren Fall in der gesamten Landesregierung und ihren nachgeordneten Behörden, einschließlich dem Thüringer Verfassungsschutz, gab, in dem ein Rechtsanwalt mit Ü3-Überprüfung für die Behörden tätig wurde, ist ebenso erstaunlich wie der Umstand, dass im Thüringer Verfassungsschutzamt selbst neun Juristen mit Ü3-Sicherheitsermächtigung angestellt sind. Man hätte die ganze ohnehin fragwürdige Aktion sogar kostenfrei mit einem der Hausjuristen haben können.“

Für Frau König steht nun der Verdacht der Steuergeldverschwendung im Raum. Sie hat den Vorgang am gestrigen Dienstag beim Landesrechnungshof zur weiteren Prüfung angezeigt. „Ob Regierungssprecher, Staatskanzleichef oder Verfassungsschützer, der neuerliche Vorfall reiht sich ein in eine Vielzahl von Fällen übermäßiger Alimentierung von Einzelpersonen durch die Landesregierung“, so Frau König abschließend.

Downloads:

Drucksache 5/7433 vom 10.03.14, Antwort auf Kleine Anfrage „Anwaltliche Begleitung von Verfassungsschützern in Untersuchungsausschüssen?“

Drucksache 5/7906 vom 18.06.2014, Antwort auf Kleine Anfrage „Anwaltliche Begleitung von Verfassungsschützern in Untersuchungsausschüssen? – Nachgefragt I “

Drucksache 5/7907  vom 18.06.2014, Antwort auf Kleine Anfrage „Anwaltliche Begleitung von Verfassungsschützern in Untersuchungsausschüssen? – Nachgefragt II“

Runderlass des Innenministeriums im Einvernehmen mit dem Finanzministerium über den Rechtsschutz für Bedienstete des Freistaats Thüringen vom 20.09.1994″ (ThürStAnz Nr. 40/1994, S. 2559–2560).

(Bild oben: Screenshot von Aktenzeichen XY. Der Anwalt Butz Peters, der seit dem Auffliegen des NSU-Trios in zahlreichen Untersuchungsausschüssen deutsche Geheimdienstmitarbeiter und -funktionäre bei Zeugenbefragungen unterstützend begleitete war in den 90er Jahren zeitweise Moderator der bekannten ZDF TV-Sendung)

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