Mit der ersten Veranstaltung in Nordhausen sollten heute Regionalkonferenzen zum geplanten Landesprogramm gegen Rechtsextremismus starten. Doch daraus wird nichts.
Die Konferenzen sind abgeblasen.
Erfurt. Die Arbeit am Landesprogramm „für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit“, wie es offiziell genannt wird, ist ins Stocken geraten. Selten wurde das deutlicher als am vorigen Donnerstag. Die Beratung von Vertretern aus rund 50 einschlägigen Stellen und Organisationen in „großer Arbeitsgruppe“ geriet zum Flop. Aus geplanten vier Stunden wurden nur zwei, dann lief diese Thüringer Dschirga ergebnislos auseinander. Ein enttäuschter Dirk Adams (B90/Grüne) ärgert sich über „vergeudete Lebenszeit“.
Das war vor acht Monaten so noch nicht absehbar. Fraktionsübergreifend hatte der neue Landtag Ende September eine Erklärung für ein tolerantes, weltoffenes Thüringen verabschiedet. Auf Basis dieses Textes schrieben CDU und SPD dann im Oktober in ihren Koalitionsvertrag, man werde sich mit den Gegnern der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die in Thüringen vor allem von rechts kämen, entschlossen auseinandersetzen. Die Landesregierung bündele ihre Maßnahmen in einem Landesprogramm.
In der Arbeitsgruppe kann man sich nicht mal mehr auf eine Präambel einigen. Nicht nur wegen der schlechten Vorbereitung des federführenden Sozialministeriums, die etliche Teilnehmer kritisierten. Misstöne entstanden auch unter tätiger Mithilfe von Hildigund Neubert . Die Landesbeauftragte für Stasi-Unterlagen habe „ideologisch aufgeladene Formulierungsvorschläge“ unterbreitet, beschwert sich die Vize-Fraktionsvorsitzende der Linken, Martina Renner . Damit sei die fachlich-sachliche Ebene bisheriger Arbeitsgruppen verlassen worden. Der Zeitplan für die Erarbeitung des Landesprogramms gerate nun in Gefahr.
Er ist ohnehin recht sportlich. Schon im Herbst soll das Kabinett das Programm beschließen. Ob auch der Landtag seinen Segen dazu geben müsste, steht dahin. Klar ist nur, dass die CDU eine etwas andere Lesart der Landtagserklärung vom September vertritt als Linke, Grüne und Teile der SPD. Wenn die Bekämpfung des Rechtsextremismus als Schwerpunkt definiert ist, so die Christdemokraten, dann muss es ja wohl weitere Problemfelder geben. Zum Beispiel den Linksextremismus. „Der eine ist nicht weniger verwerflich als der andere“, donnerte Klaus von der Krone, innenpolitischer Obmann der CDU-Fraktion, schon vor der großen Arbeitsgruppensitzung. Deshalb könne sich das geplante Landesprogramm nicht allein gegen rechte Extremisten richten. Wenn die Linke das verweigere, zeige sie nur, dass sie keinen klaren Trennstrich zu Linksextremisten „innerhalb wie außerhalb der eigenen Reihen“ ziehen will.
Das Hauptproblem in Thüringen liegt klar beim Rechtsextremismus, findet Dirk Adams . Schon deshalb sollte die CDU nicht aller paar Wochen versuchen, aus dem angekündigten Landesprogramm eines gegen Linksextremismus zu machen. Wenn, so der Grünen-Abgeordnete, dann müsste man über zwei verschiedene Programme nachdenken. Mit ganz unterschiedlichen Ansätzen.
Die Linke ist bereits extrem genervt von der Gleichsetzung des Rechts- und Linksextremismus. Die menschenverachtende Ideologie der Rechten, ihr Rassismus und Antisemitismus werde dadurch verharmlost, empört sich Katharina König . Die Linke-Abgeordnete aus Jena ist in ihrer Fraktion die „Sprecherin für Jugendpolitik und Antifa“.