Betreuung bei Szeneausstieg durch Zivilgesellschaft statt Geheimdienste

„Nach aktuellen Informationen hat das Ausstiegsprogramm des Bundesamtes für Verfassungsschutz eine Person, die bereits mit der zivilgesellschaftlichen Beratungsstelle ‘Drudel 11’ aus der extrem rechten Szene aussteigen wollte, faktisch abgeworben. Dadurch gefährdet der Verfassungsschutz nicht nur den Ausstiegsprozess, sondern schwächt auch das Vertrauen in nichtstaatliche Ausstiegsprogramme. Es muss das Ziel sein, dass Aussteiger:innen glaubwürdig ihre Vergangenheit hinter sich lassen können und dabei unterstützt werden, der extremen Rechten den Rücken zu kehren. Bei Geheimdiensten besteht jedoch das Risiko, dass ausstiegswillige Personen wieder in die Szene gedrängt werden oder selbst als nachrichtendienstliche Quelle missbraucht werden, wie dies in der Vergangenheit schon mehrfach geschehen ist“, erklärt Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag.

Das Ausstiegsprogramm „Wendepunkt“ ist direkt in das Bundesamt für Verfassungsschutz integriert und wird von diesem Geheimdienst betrieben. König-Preuss weiter: „In allen Bundesländern haben sich zivilgesellschaftliche Ausstiegsprogramme etabliert, die das notwendige Vertrauen genießen. Sie arbeiten nach klar definierten Kriterien, reagieren flexibel auf die individuellen Bedürfnisse der Ausstiegswilligen und verfügen über ein unterstützendes Netzwerk, das auch berufliche Perspektiven und psychische Gesundheit umfasst. Dass der Geheimdienst hier eingreift, schadet dem Vertrauen in diese Strukturen und sendet ein falsches Signal an potenzielle Aussteiger:innen sowie deren Familien und Freunde. Unabhängig von der politischen Bewertung des Verfassungsschutzes: Für die Ausstiegsberatung fehlt ihm die nötige Kompetenz. Diese Aufgabe sollte daher ausschließlich professionellen Berater:innen und nicht Geheimdiensten überlassen werden.“

König-Preuss verweist zudem auf eine Richtlinie für die Zusammenarbeit des Bundesamtes mit den Ländern aus dem Jahr 2004. Diese sieht vor, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz vor seinem Tätigwerden in einem Bundesland, einschließlich Thüringen, schriftlich über Ziel, Zweck, Beginn und voraussichtliches Ende seiner Tätigkeiten informieren muss. Die Abgeordnete dazu: „Die zuständigen Gremien, wie bspw. die Parlamentarische Kontrollkommission, müssen diesen Vorgang aufklären und herausfinden, wie es sein kann, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz in Thüringen ohne vorherige Absprache aktiv wird. Da nicht ausgeschlossen ist, dass der Verfassungsschutz auch in anderen Bundesländern entsprechend agierte, sollten auch zuständige Gremien auf Bundesebene alles zu einer Aufklärung beitragen sowie ggf. Regelungen schaffen oder überarbeiten, um Geheimdiensten Grenzen zu setzen. Es besteht die Gefahr, dass durch solches Eingreifen die wichtige Arbeit zivilgesellschaftlicher Ausstiegs- und Beratungsstrukturen untergraben wird. Ich erwarte, dass sich alle Verantwortlichen hinter die wertvolle Arbeit der zivilgesellschaftlichen Strukturen in Thüringen stellen und dafür sorgen, dass diese ungestört ihrer wichtigen Aufgabe nachgehen können.“

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