Rot-Rot-Grün weist Angriffe auf Amadeu-Antonio-Stiftung und die Dokumentationsstelle zurück
Die Fachsprecherinnen zum Themengebiet Rechtsextremismus der Fraktionen DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag weisen die in der heutigen Berichterstattung geäußerte Kritik am Vergabeverfahren zur „Dokumentationsstelle für Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie“ zurück.
Es gibt derzeit eine Leerstelle hinsichtlich einer umfassenden und systematischen Dokumentation von Aktivitäten im Bereich der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in Thüringen. Es braucht hier endlich eine Zusammenführung und systematische Analyse, insbesondere die vielfältigen Organisationen und Gruppen betreffend, die derzeit in Thüringen auftreten. In Zusammenarbeit mit den bestehenden Forschungs- und Dokumentationsstrukturen gibt es hier noch großes Potential.
Katharina König von der Fraktion DIE LINKE erklärt: „Das wir in Thüringen eine unabhängige Dokumentationsstelle brauchen, ist eine Erkenntnis aus dem ersten Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss. Die seit Wochen erfolgenden Angriffe auf die Dokumentationsstelle vernachlässigen jedoch die Ergebnisse des NSU-Untersuchungsausschusses und ignorieren, dass Thüringen das Bundesland ist, in welchem neonazistische Strukturen wie der Thüringer Heimatschutz auch durch Unterstützung des Verfassungsschutzes entstehen und groß werden konnten. Die Konsequenzen sind bekannt. Die Errichtung der Forschungs- und Dokumentationsstelle stellt gelebte Verantwortungsübernahme Thüringens dar.“
„Die aktuelle Gefährdungslage in Thüringen im Bereich des Rechtsextremismus und der Fremdenfeindlichkeit in Thüringen ist hoch. Das belegt u. a. der aktuelle Thüringen Monitor der Universität Jena. Auch die Ergebnisse diverser Fachstudien, wie die erst kürzlich erschienene „Mitte-Studie“ unterstützen diese Einschätzung. Es ist fatal, wenn Oppositionsfraktionen, wie die CDU, diese Lage ausblenden und immer wieder die Extremismustheorie bemühen. Angesichts täglich stattfindender rassistischer, antisemitischer und neonazistischer Übergriffe stellt dies letztlich eine Verharmlosung der Situation dar und erinnert an die desaströse Situation der 90er Jahre, welche die Entstehung des NSU begünstigte“, erläutert Diana Lehmann von der SPD-Fraktion.
Madeleine Henfling von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ergänzt: „Die Amadeu-Antonio-Stiftung hat einen fachlich und inhaltlich überzeugenden Antrag zur Errichtung der Dokumentationsstelle eingereicht. Sowohl die Methodik als auch die Einbindung von Fachgruppen und Betroffenen stellen ein innovatives Agieren und Verbinden der in Thüringen bestehenden Projekte und Akteure dar. Beteiligt an der Arbeit der Dokumentationsstelle sind Akteurinnen und Akteure der Wissenschaft, der Zivilgesellschaft sowie der Strukturprojekte mobit und ezra. Mit dem Kompetenzzentrum Rechtsextremismus der FSU Jena wird es eine enge Kooperation geben.“
König, Lehmann und Henfling erklären gemeinsam: „Die CDU muss aufhören, mit Worthülsen auf Projekte der Regierungskoalition zu feuern, die dazu dienen, Entwicklungen der Radikalisierung frühzeitig zu erkennen. Vielmehr sollte sich die Union endlich selbstkritisch ihrer Verantwortung als Regierungspartei der 90er Jahre stellen, unter der sich der spätere NSU radikalisierte.
Das Konzept der Amadeu-Antonio-Stiftung zu würdigen und diese bei der praktischen Umsetzung des innovativen Konzeptes für und in Thüringen – auch kritisch – zu begleiten, sollte Aufgabe von allen sein, die die Ergebnisse des ersten Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses ernst nehmen.“
Zu der formalen Kritik an der Bewilligung des Antrages der Amadeu-Antonio-Stiftung erklären die drei Abgeordneten: „Die Förderrichtlinie des Landesprogramms ist öffentlich einsehbar. Das der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag in der Bewilligung des Antrags einen „Verstoß gegen Verfassungsrecht“ erkennt, zeugt von mangelnder Kenntnis. Die Förderrichtlinie, die bereits unter der CDU-SPD-Regierung der vergangenen Legislatur etabliert wurde, sieht keine Ausschreibung vor.“
Die drei Koalitionsabgeordneten weisen die teils heftigen persönlichen Angriffe auf die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, zurück: „Wie viel Mut brauchte es, um 1982 eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit aufzukündigen und in Konsequenz erhebliche berufliche und persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen? Den aktuellen Kampagnen gegen Anetta Kahane von diversen rechtspopulistischen und neonazistischen Gruppen, wie der ‚Jungen Freiheit‘ und der ‚Identitären Bewegung‘, sollte entschieden entgegengetreten werden.“ Mit der Veröffentlichung von Teilinformationen laufe man Gefahr, diese noch zu bestärken, so die drei Sprecherinnen abschließend.