Katharina König hat für die Ausgabe 11/2015 der Wochenzeitung JungleWorld ein Interview gegeben, in dem es um die Entwicklungen rund um die Aufklärung des NSU-Komplexes geht. Als Obfrau im Untersuchungsausschuss in Thüringen ist sie natürlich der richtige Gesprächspartner zu diesem Thema. Das Interview ist hier nun online zu finden. Ein kleiner Ausschnitt:
Was glauben Sie, was geschehen ist?
Ich weiß es nicht. Ich stelle lieber Fragen, als Antworten zu geben, die von den Fragen ablenken. Das ist das Entscheidende, solange es keine Belege gibt.
Sie wollen sich auch Fragen widmen, die nicht direkt mit Thüringen zu tun haben. Ist das einem Landesuntersuchungsausschuss überhaupt möglich?
Letztlich bräuchte es wieder einen Bundestagsausschuss, dem kann der VS nichts verweigern. Ich will aber keine Ländergrenzen in meinem Kopf haben, wenn es um die Aufklärung geht. Es gibt personelle Überschneidungen zwischen der organisierten Kriminalität und der Neonaziszene, die bis heute bestehen. Wir wollen dazu die Akten sehen, unter anderem, um den Weg der Tatwaffe nachzuvollziehen. Außerdem sind sehr viele Fragen zu V-Leuten offen.
Warum war all das nicht schon im ersten Ausschuss Thema?
Zu wenig Zeit. Wir haben sehr intensiv die neunziger Jahre aufgearbeitet. Wir haben versucht, das Wachsen des NSU im Thüringer Heimatschatz zu beleuchten und sind dann zum Verfassungsschutz und den V-Leuten übergegangen. Die Akten zum 4. November haben wir erst wenige Tage vor der Sitzung bekommen. Dann war die Legislaturperiode vorbei.
Jetzt können Sie möglicherweise mit dem neuen hessischen Untersuchungsausschuss kooperieren. Wäre das schon früher nötig gewesen?
Es ist beschämend, dass es erst die Recherchen von Journalisten braucht, damit CDU und Grüne erkennen, dass sie Aufklärung leisten müssen. Ich finde, jedes Bundesland, in dem es einen Mord gab, müsste einen Ausschuss einsetzen, um den Fragen der Opfer gerecht zu werden. Ich hoffe, dass der Eklat, den es jetzt in Hessen gab, dazu führt, dass der Ausschuss dort wirklich alle Akten bekommt. Ich fürchte allerdings, dass es am Anfang wegen des medialen Drucks viel Motivation geben, irgendwann aber der Streit der Koalition die Arbeit überschatten wird. Ich weiß nicht, ob die Grünen den Mut haben, nah ranzugehen – und beispielsweise auch den eigenen Koalitionspartner in Frage zu stellen.