Nach der Vorstellung des Berichts der Mobilen Beratung für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen (ezra) zu registrierten rechten Gewalttaten 2014 äußern sich für die Fraktion DIE LINKE Katharina König, Sprecherin für Antifaschismus, und Sabine Berninger, Sprecherin für Flüchtlings- und Integrationspolitik: „Die von ezra veröffentlichten Zahlen verdeutlichen, dass Thüringen weiterhin ein ernstes Gewaltproblem von Rechts hat“, so Katharina König. „Neben schwerwiegenden Straftaten, wie dem Überfall in Ballstädt im letzten Winter, kam es vor allem auch in den großen Thüringer Städten vermehrt zu Übergriffen auf Andersdenkende oder Migrantinnen und Migranten.“ Diese Entwicklung und die insgesamt steigende Fallzahl zeigten, dass nach dem Auffliegen des NSU keineswegs die Gefahr von Rechts gebannt ist. Auch in den vermeintlich weltoffenen und liberalen Städten sei die Gefahr groß, Opfer eines rechtsmotivierten Angriffs zu werden. Die Koalition werde daher das Landesprogramm zur Bekämpfung des Neonazismus neu ausrichten, um noch konsequenter gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit vorzugehen und die zivilgesellschaftlichen Akteure in diesem Bereich zu stärken. Weiterlesen:
Mit zwiespältigen Gefühlen sehe man die ebenfalls steigenden Zahlen von Beratungsfällen bei ezra: Einerseits sei es ein Zeichen für das gewachsene Vertrauen und die Kompetenz der Beratungsstelle, andererseits verdeutliche es auch den hohen Bedarf an den Beratungsangeboten aufgrund zunehmender Übergriffe. Die Forderung nach einer unabhängigen Antidiskriminierungsstelle für Betroffene, gegen die keine Gewalt ausgeübt wurde und die daher von den Beratungsangeboten nicht erfasst sind, habe man sich zu eigen gemacht und im Koalitionsvertrag deren Errichtung festgeschrieben.
Ebenfalls teile man die Einschätzung, dass eine Vielzahl von Gewalttaten nicht erfasst werde, weil entweder keine Anzeige erstattet werde, die Zuordnung der Motive nicht eindeutig ist oder die Polizei nur ungenügend mit ezra zusammenarbeitet. „Der NSU-Untersuchungsausschuss hat als Konsequenz aus den Versäumnissen Thüringer Sicherheitsbehörden im Umgang mit Nazigewalt auch die enge Zusammenarbeit zwischen Polizei und ezra angemahnt. Wenn ezra jetzt beklagt, dass die Zusammenarbeit weiterhin vielerorts ungenügend sei, sehe ich das Innenministerium in der Pflicht, hier zügig klare Anweisungen zu erteilen“, so König.
Auf den Zusammenhang von rassistischer Gewalt und Mobilisierungen gegen Flüchtlingsunterkünfte weist Sabine Berninger hin. So habe es nach den maßgeblich durch Neonazis organsierten und durch Anwohner verstärkten Aufmärschen gegen die Flüchtlingsunterkunft in Greiz in der Folge auch Angriffe und Gewalttaten gegen deren Bewohner gegeben. „Wenn Bürgerinnen und Bürger, wie jüngst in Gera geschehen, vehement ihre Ablehnung gegen Menschen, die aufgrund von Kriegen, Diskriminierung oder Not zu uns kommen, artikulieren, tragen sie auch Verantwortung für rassistisch motivierte Übergriffe. Neonazis fühlen sich dann häufig als Exekutoren eines von ihnen empfundenen ‚Volkswillens'“, resümiert Berninger. Entwicklungen wie in Gera seien daher besorgniserregend und forderten die Aufnahmegesellschaft in besonderer Weise heraus. „Migrantinnen und Migranten sind eine der gesellschaftlich schwächsten und zugleich aber am stärksten von rechter Gewalt betroffenen Gruppen im Freistaat. Ihnen sollte daher unsere volle Solidarität und Unterstützung gebühren.“