Parallel zum morgen stattfindenden NPD-Openair im Eichsfeld organisiert die neonazistische Szene weitere zum Teil konspirative Rechtsrock-Veranstaltungen in und um Thüringen. Die Konzerte sind nicht allein Agitationsmittel für den extrem rechten Wahlkampf der NPD und sollen für Etablierung brauner Erlebniskultur sorgen. Sie dienen auch dazu, Gelder für gewalttätige neonazistische Strukturen in Thüringen zu sammeln, so Katharina König, Sprecherin für Antifaschismus der Linksfraktion im Thüringer Landtag. Am Samstag wird zum Beispiel neben dem „Eichsfeldtag“-Konzert in Leinefelde auch ein Konzert im Raum Nordthüringen/Südsachsen-Anhalt (Harz) durch Mitglieder der Thüringer Rechtsrock Band „Kinderzimmerterroristen“ („KZT“) mit vier Bands organisiert und in der Szene beworben, während zeitgleich vier andere Szene-Bands möglicherweise im Großraum Vogtland/Sachsen auftreten. Der Ort ist noch unbekannt. „Weniger scheu geben sich hingegen Neonazis in Mittelthüringen, welche über das Internet mit Flyern zu einem Solidaritätskonzert für rechte Straftäter nach Kirchheim mobilisieren“, konstatiert Katharina König.
Nach Kenntnissen der Abgeordneten soll es sich beim Kirchheim-Organisator für Samstag um den bekannten Neonazi Steffen R. handeln, der bei der letzten Landtagswahl für die NPD im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt kandidierte und seit Auffliegen der NSU-Mordserie Drahtzieher der Solidaritätsaktionen für den mutmaßlichen NSU-Helfer Ralf Wohlleben ist.
Neben Geldsammel-Aktionen für Wohlleben seit 2011 und nach dem Überfall auf eine Kirmesgesellschaft richtet die Thüringer Neonazi-Szene ihren Fokus auch auf dortige Strukturen, welche im Fokus der Ermittlungen stehen und zuletzt in Razzien sowie zeitweisen Festnahmen mündeten. „Der Hintergrund der Organisatoren in Kirchheim und die Ausrichtung des Konzertes am Samstag lassen den Schluss zu, dass dort erwirtschaftete Gelder den rechten Schlägern aus Ballstädt oder erneut dem inhaftierten mutmaßlichen NSU-Helfer Wohlleben zugute kommen könnten“, so Frau König.
Der Linksfraktion liegen zudem Hinweise vor, wonach die Neonazi-Szene seit mehreren Wochen zur Unterstützung der rechten Schläger aus Ballstädt und ihrer dortigen Immobilie als Reaktion auf die Ermittlungen der Polizei Gelder auf einem eigens eingerichteten Bankkonto der Sparkasse Arnstadt-Ilmenau deponiert. Mit einer Kleinen Anfrage wendete sich Frau König daher an die Landesregierung, um derartige Unterstützungen zu thematisieren. „Rechte Sub- und Erlebniskultur, neonazistische Gewalt und braune Immobilienprojekte sind nach wie vor eng miteinander verzahnt und bedienen sich einander“, so die Abgeordnete. „Umso wichtiger ist es, auf den verschiedensten Ebenen alle Mittel auszuschöpfen, um Neonazis ihre Rückzugsorte in Form von Konzerten oder Immobilien in Ballstädt, in Kirchheim oder im Eichsfeld zu nehmen“.
Weitere öffentliche Neonazi-Veranstaltungen mit Rednern und Bands sind am 14. Juni in Sömmerda („Thüringentag der nationalen Jugend“), 5. Juli Gera („Rock für Deutschland“) und 9. August in Berga („In Bewegung“, kurz hinter der Landesgrenze, Sachsen-Anhalt).
Infos zu den Protesten in Leinefelde: noheimat.blogsport.de