Verhaftungen wegen Überfall in Ballstädt: Hauptverdächtiger ist Bindeglied zwischen Rechtsrock, Szenetreffs & Gewalt

wagn1„Jener Neonazi, der sich derzeit wegen des Überfalls in Ballstädt nach Beschluss des Amtsgerichts Erfurt in Untersuchungshaft befindet, offenbart anhand seiner Historie als extrem rechter Intensivstraftäter anschaulich die Verknüpfungen zwischen rechten Immobiliengeschäften, Musik- & Vertriebsstruktur sowie militanten Neonazischlägern“, erklärt Katharina König, Sprecherin für Antifaschismus der Linksfraktion. Die „BAO Zesar“ hat mittlerweile elf Durchsuchungen wegen Ballstädt durchgeführt, ermittelt gegen 13 Verdächtige und hatte zwischenzeitlich fünf Personen vorläufig festgenommen. Gegen einen wurde mittlerweile der Haftbefehl verkündet: Thomas Wagner, Bandleader der Rechtsrock-Gruppe „SKD“ aus dem Raum Gotha/Crawinkel/Ballstädt. Nach Informationen von König ist Wagner bereits seit den 90er Jahren innerhalb der Thüringer Neonazi-Szene aktiv und fällt immer wieder durch Straftaten mit Waffen, Beschaffungskriminalität und gewalttätigen Übergriffen auf. Der 38-jährige war mehrfach Mitglied von rechten Musikgruppen, zuletzt u.a. als Schlagzeuger, Bandleader und Texter aktiv. In einem der rassistischen und antisemitischen Liedtexte heißt es u.a.: „Jagt das Pack, raus aus jedem deutschen Gau. Ausländerpack und Synagogen raus raus raus! Wagner organisiert seit Jahren Räumlichkeiten für Szene-Treffen, u.a. Proberäume für rechte Musikprojekte und für Konzerte, er war auch Mitglied des neonazistischen Vereins „Toringi e.V.“, der unter dem Deckmantel der Brauchtumspflege ebenfalls klandestine Rechtsrock-Konzerte veranstaltete. Weiterlesen:

Als Bewohner des seit dem Jahr 2012 bekannt gewordenen Neonazi-Treffpunktes „Hausgemeinschaft Jonastal“ in Crawinkel organisierte er auch dort Musikveranstaltungen mit seiner Band, seit einem Jahr ist er ebenso in der Ballstädter Immobilie aktiv. Thüringer Ermittler führten erst bei Razzien im Juni 2012 und im August 2013 Beschlagnahmungen bei Wagner durch.

Der Neonazi unterhält überregionale Kontakte in die Szene, aber auch zu Angehörigen aus dem Umfeld der NPD. „Nach uns vorliegenden Informationen störte der Ballstädter Neonazi-Schläger im Jahr 2004 nicht nur mit einem heutigen NPD-Landesvorstandsmitglied eine DGB-Montagdemonstration in Gotha mit einem Transparent des ,Thüringer Heimatschutzes‘. Wenige Monate später wurde er auch festgenommen und beschuldigt, zusammen mit dem späteren NPD-Landtagskandidaten aus Saalfeld-Rudolstadt eine Person mit einem Auto und unter Androhung einer Schusswaffe kurzzeitig entführt zu haben“, so König. Wagner saß zwischenzeitlich mehrfach in Haft und war dutzendfach Gegenstand von Ermittlungen.

crawinkel-gruppe-waffe1

Links am Rand mit Tarnhose, schwarzer Jacke und Anscheinwaffe: W. im Dezember 2012

„Er und seine Musikgruppe SKD fühlen sich dem internationalen Neonazi-Netzwerk ‚Blood & Honour‘ zugehörig. Schon mit seiner Vorgängerband ,Bataillon‘ unterstützte Wagner das Netzwerk explizit nach dessen Verbot mit weiteren Liedern & CDs. Heute schreibt die Gruppe Solidaritätstexte für den mutmaßlichen NSU-Helfer Ralf Wohlleben und sammelt Geld mit dem Erlös der CDs für den Häftling in München“, berichtet Frau König.

Im Jahr 2004 warfen Ermittler Wagner vor, thüringenweit die Schulhof-CD „Anpassung ist Feigheit“ in der rechten Szene verbreitet zu haben. „Am Beispiel des jetzt Verhafteten wird deutlich, wie eng neonazistische Treffpunkte, Musikkultur und rechte Gewalt miteinander verzahnt sind“, äußert die Abgeordnete. Bereits wenige Monate bevor die Polizei in Heilsberg bei Saalfeld ein Neonazi-Waffenlager und Treffpunkt im Jahr 1997 aushob, entdeckten Beamte auch im Bereich Gotha ein Wehrsportlager mit Waffen, Kampfausrüstung, Hakenkreuze und anderen NS-Devotionalien. Mitverantwortlich dafür: Thomas Wagner. Einige Monate zuvor wurde aus dem Treffpunkt seiner Band heraus bereits auf Passanten mit einem Luftdruckgewehr geschossen, er selbst soll im Juni 1997 mit einer Pumpgun versehentlich einen Freund angeschossen haben.

In einem Szeneforum offenbarte der seit dem Wochenende Inhaftierte bereits im Jahr 2006, wohin die Einnahmen seiner rechten Musikprojekte gehen, als er schrieb: „Su­chen auf die­sem Weg noch Bands die Ma­te­ri­al für einen Sam­pler zur Ver­fü­gung stellen.​ Der Erlös fließt kom­plett in ein na­tio­na­les Haus­pro­jekt“.

„Es ist wichtig solche Ereignisse wie in Ballstädt nicht als ,Wochenendschlägereien‘ zu verharmlosen, sondern die Hintergründe und das Entstehen der Strukturen zu analysieren. Ballstädt ist nur ein Beispiel von vielen anderen: In Thüringen gibt es zahlreiche neonazistische Immobilien, bei denen Sicherheitsbehörden zwar gelegentlich mit Einzelmaßnahmen versuchen zu intervenieren, an einem notwendigen Gesamtkonzept gegen rechte Veranstaltungs-, Konzert- und Trefforte in Thüringen mangelt es nach wie vor“, erklärt die Abgeordnete mit Blick auf Objekte wie in Kahla, Kirchheim oder Erfurt. „Hier gilt es anzusetzen und Neonazis derartige Rückzugsräume zu nehmen“, fordert König.

Siehe auch:

Razzia & Festnahmen nach Überfall in Ballstädt – Druck auf Neonazi-Szene erhöht

15.2.2014 (Haskala)

Schwerer Überfall durch organisierte Neonazis in Ballstädt

9.2.2014 (Haskala)

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben