Ehemaliger Neonazi-Funktionär und Pressesprecher der „Deutschen Burschenschaft“ als V-Mann enttarnt

thumb_burschentag„Durch das Auffliegen zahlreicher bezahlter Spitzel aus dem Neonazi-Milieu wurde mittlerweile mehrfach offenbart, dass der Verfassungsschutz die rechte Szene mit dem V-Mann-System in der Vergangenheit strukturell und finanziell förderte sowie vor Strafverfolgung schützte. Mit der Enttarnung des ehemaligen rechten Multifunktionärs Norbert Weidner als V-Person ist diese unrühmliche Skandal-Chronik nun um ein weiteres Kapitel reicher“, so Katharina König, Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses und Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag. Die regelmäßige Fachpublikation zur extrem rechten Szene „Antifaschistisches Infoblatt“ (AIB) informierte in ihrer jüngsten Ausgabe (Nr. 101) über ein geheimes Positionspapier vom Bundeskriminalamt aus dem Jahr 1997, über das auch das Magazin „Der Spiegel“ im November 2012 bereits teilweise berichtete. Das BKA begründete seinerzeit darin mit zehn Thesen, warum der Verfassungsschutz durch bezahlte Spitzel die Neonazi-Szene erst stark machte, durch den Brandstifter-Effekt hochschaukelte und seine Spitzel vor Strafverfolgung deckte. Dabei benannten die Polizisten neun mutmaßliche geheime Quellen bzw. V-Personen mit Klarnamen. Unter diesen ist, wie das AIB nun veröffentlichte, auch der ehemalige Pressesprecher der „Deutschen Burschenschaft“ Norbert Weidner.Weiterlesen:

Er war in den 90er Jahren Mitglied bzw. Funktionär mehrerer später verbotener Neonazi-Gruppierungen, darunter die Wiking Jugend und die FAP. Auch reiste Weidner zu den Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen an, um Interviews zu geben und agierte faktisch als Pressesprecher der Pogrome von Rostock-Lichtenhagen – organisierte Aufmärsche und wurde später selbst drei Mal wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Er gilt als einer der Initiatoren der Anti-Antifa und arbeitete nach eigenen Angaben an einer Broschüre (Der Einblick) mit, die der Ausschaltung aller destruktiven, antideutschen und antinationalistischen Kräfte in Deutschland dienen sollte. Darin wurden Daten und Adressen von Journalisten, Politikern und linken Aktivisten veröffentlicht.

Nachdem er sich aus der Neonazi-Szene zurückzog, war er von 2006 bis 2008 Pressereferent der „Deutschen Burschenschaft“ (DB) und danach bis 2012 Chefredakteur der Burschenschaftlichen Blätter, der Verbandszeitschrift der DB. 2011 verunglimpfte er den NS-Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer und rechtfertigte dessen Todesurteil, wofür er verurteilt wurde. „Sollten alle Vorwürfe zutreffen, dann werden am Beispiel Weidner nicht nur erneut die mitunter zum Teil engen ideologischen und personellen Verknüpfungen von rechter Szene und Burschenschaften deutlich, der Fall offenbart auch ein weiteres Mal, wie offensichtlich vom Staat bezahlte Spitzel militante Neonazis lenkten, während der Verfassungsschutz schützend die Hand über seine Quellen hielt“, so König. Die Abgeordnete verweist darauf, dass Weidner dem BKA später mehrfach als Organisator von konspirativen Neonazi-Aktionen auffiel, die Polizei aber keine Informationen erhielt.

Auch soll er vor dem Verbot der FAP 1995 gewarnt worden sein, was er zur Vernichtung von belastendem Material genutzt haben soll, wie das AIB berichtet. „Vorwürfe, die sich auch mit der Vertuschungspraxis des Thüringer Verfassungsschutzes decken. Mehrfach wurde uns nun schon in den beiden aktuellen Thüringer Untersuchungsausschüssen bekannt, wie der Nachrichtendienst seine Quellen vor Strafverfolgung schützte und die Polizei damit massiv sabotierte“, so König.

Über welchen Geheimdienst Weidner geführt bzw. bezahlt worden sein soll, ist bislang noch nicht klar. Auf eine Kleine Anfrage (DS 5/ 6271) der Linksfraktionärin im Sommer 2013 erklärte das Thüringer Innenministerium noch, dass keine Erkenntnisse über eine Zusammenarbeit Weidners mit dem Thüringer Verfassungsschutz vorliegen würden. Die „Deutsche Burschenschaft“, die in den letzten Jahren u.a. wegen eines so genannten Ariernachweises in die Schlagzeilen geriet und nach internen Zerwürfnissen nun weiter nach Rechts rückte, plant unterdessen bereits jetzt Veranstaltungen für das Frühjahr 2015 in Jena zum 200. Jahrestag der Gründung der Urburschenschaft, informiert Frau König. Auch die rechte Burschenschaft Normannia ist im Raum Jena derzeit weiterhin aktiv. „Gegen nationalistische, revanchistische oder homophobe Aktionen und Ideologien hilft kein Verfassungsschutz und sein abstruses Belohnungssystem für hochrangige Neonazi-Kader oder Burschenschafter, sondern nur die Stärkung und Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements. Diese Behörde gehört endlich aufgelöst!“, so König abschließend.

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