Rechtsstreit gegen ehemaligen Neonazi-Spitzel aus Saalfeld gewonnen

Heute ging Katharina König, Sprecherin für Antifaschismus der Linksfraktion, ein Urteil des Landgerichts Gera zu. Die Abgeordnete hatte auf einer Pressekonferenz der LINKEN wenige Wochen nach Auffliegen des NSU im November 2011 über andere zeitweise untergetauchte Neonazis berichtet, darunter ein Saalfelder Unternehmer. Dieser klagte gegen König, bestritt die Äußerungen und erklärte, die Neonazi-Szene nicht zu unterstützen. Die Klage wurde nun zum zweiten Mal abgewiesen, da die Abgeordnete frühere und aktuelle Verbindungen nachweisen konnte. Vor wenigen Wochen wurde der Kläger auch als Spitzel des Thüringer Verfassungsschutzes enttarnt, er hatte kürzlich in einer Befragung der Polizei eingeräumt, den NSU-Fluchtwagen 1998 in der Zeit seiner Informantentätigkeit nach Thüringen zurückgeholt zu haben.

Bei dem Kläger handelt es sich um Andreas Rachhausen, der Anfang der 90er Jahre einer der Szenegrößen im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt war. 1993 entzog er sich einem Haftbefehl und konnte erst nach knapp zwölf Monaten an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert werden. Anfang April 2013 wurde Rachhausen als Spitzel des Verfassungsschutzes enttarnt. Auch der Spiegel berichtete über dessen Aktivitäten unter dem Decknamen „GP Alex“ Mitte der 90er Jahre. „Der wegen Körperverletzung vorbestrafte Neonazi war in den 90er Jahren eine Führungsperson in der Region und Kopf einer rechten Kameradschaft, er meldete u.a. 1992 einen Rudolf-Hess-Aufmarsch in Rudolstadt an, zu dem 2.000 Rechte anreisten. Auch wird er von der Landesregierung als einer von zwei Betreibern des ehemaligen Treffpunkts des Thüringer Heimatschutzes in Heilsberg eingestuft, in dem die Polizei 1997 das damals größte Waffenlager der rechten Szene aushob“, informiert König.

Rachhausen hatte zunächst Anfang 2012 vor dem Erfurter Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen König beantragt und wehrte sich gegen Äußerungen in der Pressekonferenz zu seinem Untertauchen Anfang der 90er Jahre und der Behauptung, dass er mittlerweile wieder im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt agiere und weiterhin NPD, Neonazis und Freie Netze unterstütze. Die Abgeordnete König hatte zahlreiche Beweise in der Verhandlung eingebracht. Auch der Kläger belastete sich schließlich mit einer eidesstattlichen Erklärung selbst, in dem er einräumte, 2009 der Thüringer NPD für ihren Wahlkampf ein speziell aufgerüstetes Wahlkampfmobil zur Verfügung gestellt und preisliche Sondernachlässe gewährt zu haben. Außerdem bestätigte er, 2009 ein Konzert mit der rechten Hooliganband „Kategorie C“ mit 100 Teilnehmern auf seinem Firmengelände in Saalfeld organisiert zu haben. Das Gericht wies den Antrag auf eine Verfügung am 28. Februar 2012 ab. Auch eine weitere Klage Rachhausens Anfang 2013 in der gleichen Angelegenheit vor dem Geraer Landgericht hatte keinen Erfolg, auch dieses Gericht wies nach einer Hauptverhandlung die Klage mit Datum zum 12. April 2013 ab.

„Ich freue mich über die Entscheidung der beiden Thüringer Landgerichte, die noch einmal klarstellen, dass es vollkommen legitim ist, Akteure der rechten Szene auch beim Namen zu nennen. Der Versuch, Nazigegnern unter Strafandrohung den Mund zu verbieten, ist glücklicherweise gescheitet“, betont die Abgeordnete. Gleichwohl kündigte sie an, den Fall Rachhausen und dessen Informantentätigkeit für den Verfassungsschutz in der rechten Szene bzw. im NSU-Umfeld parlamentarisch weiter prüfen zu wollen. Nach ihr vorliegenden Informationen war Rachhausen bereits 1992 mit dem späteren V-Mann Thomas Dienel bei einer paramilitärischen Übung samt Sprengkörpern in Erfurt anwesend, bei der Aktionen zum Häuserkampf gegen Flüchtlingsheime vorgeführt wurden. Außerdem: „Durch den Umstand, dass der Saalfelder Kühltechnik-Unternehmer den unfallbeschädigten NSU-Fluchtwagen auf Anweisung von NSU-Helfer Wohlleben kurze Zeit nach dem Abtauchen des Trios 1998 aus Sachsen zurückholte und auf konkrete Nachfrage von damaligen Sicherheitsbehörden diese Unterstützungshandlung und weitere Details verleugnete, ist den damaligen Fahndern möglicherweise ein wichtiger Hinweis auf den Aufenthaltsort des flüchtigen Trios verwehrt geblieben. Hätte Rachhausen nicht Jahre lang geschwiegen, dann hätte möglicherweise das Trio schon Ende der 90er Jahre festgenommen und die Ermordung von mehreren Menschen verhindert werden können“, so König abschließend.

Weitere Informationen zum Spitzel „GP Alex“ sind hier zusammengefasst.

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