Am 1. Juli treten Regelungen eines neuen Überwachungsgesetzes in Kraft, die neben der Vorratsdatenspeicherung auch eine Zwangsidentifikation und Ausweispflicht beim Erwerb von Prepaid-Mobiltelefonen und SIM-Karten vorsehen. Katharina König-Preuss, netz- und datenschutzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Thüringer Landtag, sagt dazu: „Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung werden immer mehr Freiheitsrechte abgebaut, die Beobachtung der Menschen durch anlasslose Überwachung wird noch lückenloser gestaltet. Eine freie und unbefangene Kommunikation gerade auch im Mobilfunk ist essentiell. Wer sich nicht der Zwangsidentifikation unterwerfen will und weiterhin ein gewisses Maß an Anonymität wahren möchte, kann noch in den kommenden 48 Stunden ein Telefon oder eine SIM-Karte ohne Ausweiszwang kaufen“.
Die Abgeordnete ergänzt: „Eine anonyme Kommunikation per Mobilfunk ist in etlichen Bereichen unverzichtbar, für viele investigative Journalisten genauso wie für Presseinformanten, für manche medizinische und rechtliche Beratung, für politische Aktivisten und die Organisation von Protesten, für den geschützten Austausch von Geschäftsgeheimnissen und für alle, die sich nicht damit abfinden wollen, dass ihre persönlichen Informationen in einer weiteren Datenbank landen, aus der sich Sicherheitsbehörden und Geheimdienste bedienen können“. Durch die geplante Zwangsidentifikation wird eine Grundlage geschaffen, auch umfangreiche Bewegungsprofile und Verkehrsdaten einer Person zuordnen zu können.
König-Preuss erinnert beispielhaft an den 19. Februar 2011, als bei Protesten gegen einen Neonazi-Aufmarsch in Dresden mehr als eine Million Handy-Datensätze erhoben wurden, was zwei Jahre später durch das Landgericht Dresden als rechtswidrig erklärt wurde. Die Daten waren jedoch bereits gespeichert und in vielen Fällen verwertet worden. Die Abgeordnete hat bei der geplanten Speicherung auch datenschutzrechtliche Bedenken bei der Umsetzung, wenn bspw. Supermarktkassen und Tankstellen die persönlichen Daten erfassen müssen.
Die Behauptung, durch mehr Überwachung ließen sich schwere organisierte Kriminalität oder Terrorismus bekämpfen, weist König als haltlos zurück: „Wer in der organisierten Kriminalität oder im Terrorismus Verbrechen plant, wird sich kaum ein Telefon auf seine echte Identität registrieren lassen und entsprechende alternative Varianten finden – Prepaidkarten aus anderen EU-Mitgliedsstaaten, der Kauf über Strohmänner in Deutschland, gefälschte Pässe oder die Nutzung von durch Raub erworbenen, bereits registrierten Telefonen Unschuldiger. Der beabsichtigte Zweck des Überwachungsgesetzes wird gar nicht erfüllt, es erweist sich damit als nutzlos und geht erneut zu Lasten der Freiheits- und Bürgerrechte aller.“