Wie der MDR berichtet, spielte Anfang Mai in Leinefelde eine Schweizer Neonazi-Band aus dem Umfeld des in Deutschland verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerkes indizierte Musik. Laut Polizei hätten die Staatsschutzbeamten vor Ort mangels Englischkenntnissen fremdsprachige Lieder nicht überprüfen bzw. auswerten werden können. Dazu Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Linksfraktion: „Thüringen ist nicht nur Rechtsrock-Land Nummer eins, die Szene ist von hier aus europaweit über den deutschsprachigen Raum hinaus vernetzt, englischsprachige Titel sind fester Bestandteil der neonazistischen Musikszene. Um die Staatsschützer zu unterstützen, sollte der Freistaat die Entwicklung einer ‚Nazi-Shazam‘-App vorantreiben, damit Beamte per Smartphone Titel automatisiert erkennen können. Dies würde die Polizeiarbeit effektiver machen und Polizeibeamte entlasten.“
„Wenigstens die vorhandenen repressiven Spielräume sollten konsequent ausgenutzt werden, um Thüringen für Neonazis so unattraktiv wie nur möglich zu machen. Fremdsprachenkenntnisse bei der Polizei, insbesondere bei Staatsschutzbeamten, wären natürlich hilfreich, sind aber letztlich zur Erkennung indizierter Lieder nicht das Entscheidende. Niemand kann ernsthaft erwarten, dass Polizeibeamte sämtliche Neonazi-Lieder kennen und aus dem Kopf zuordnen können. Allerdings müssen wir uns dann Gedanken über alternative Lösungen machen, um künftig zu verhindern, dass Neonazis vor hunderten Anhängern unter den Augen und Ohren des Staates illegale bzw. indizierte Rechtsrock-Musik spielen“, so König-Preuss.
Nach Angaben der Abgeordneten liegt seit Jahren ein Lösungsansatz in der Schublade und sollte durch das Innenministerium bzw. die Polizei ernsthaft überprüft werden: die automatisierte Titelerkennung. Bereits 2013 wurde die Idee einer „Nazi-Shazam“-App innerhalb der Polizei-Ländergremien diskutiert und ein Prototyp entworfen. Die Abgeordnete weiter: „Die durchaus sinnvolle Idee hat es seitdem leider nicht in die konkrete Umsetzung geschafft. Thüringen sollte angesichts der Vielzahl von Rechtsrock-Konzerten und anlässlich der erkannten Defizite in Leinefelde neben der stetigen Verbesserung der Aus- und Fortbildung auch die Umsetzung einer solchen ‚Nazi-Shazam-App‘ forcieren, um diese perspektivisch bei allen Dienststellen des polizeilichen Staatsschutzes im Land einzusetzen.“ Die Software hätte den Vorteil, dass Lieder mittels Audio-Fingerabdrücken in Sekundenschnelle identifiziert werden können. Somit könnten nicht nur verschiedensprachige Lieder des Rechtsrocks, sondern auch schwerer verständliche Musik-Stilrichtungen wie „NS-Hatecore“ (NSHC) oder „NS-Blackmetal“ (NSBM) erkannt werden. Die Abgeordnete hat sich erneut mit dem Anliegen an das Innenministerium gewandt und eine Kleine Anfrage dazu eingereicht.