„Die Proteste gegen vermeintliche Islamisierung und so genannte ‚Überfremdung‘ Thüringens verleihen der Neonazi-Szene derzeit neuen Aufwind“, stellt Katharina König, Sprecherin für Antifaschismus der Linksfraktion, fest. Am Beispiel der „Sügida“-Demonstration wurde deutlich, wie die Veranstaltung organisatorisch und hinsichtlich der Teilnehmerzahl von der extrem rechten Szene dominiert wurde. Mehrere Hundert Neonazis waren darunter, die Redner und Organisatoren bekannte Neonazis oder Volksverhetzer. Auch in anderen Städten gründen sich zumeist virtuell lokale Pegida-Ableger. Immer wieder ist zu beobachten, wie sich auch Neonazis an diese heften oder gar selber mitgründen. Bevor „Pegida“ so viel Aufwind bekam, gab es in Köln „HoGeSa“ („Hooligans gegen Salafisten“), welche durch Ausschreitungen für Wirbel sorgten. Ein neu gegründeter Verein aus einem Teil des „HoGeSa“-Führungsteams namens „Gemeinsam-Stark-Deutschland“ versteht sich als Weiterentwicklung von „HoGeSa“ und „PEGIDA“ und mobilisiert bundesweit zu einer rechten Hooligan-Demo für den 15. März in Erfurt. Sechs Wochen danach soll in Saalfeld eine überregionale Neonazi-Demonstration stattfinden, zu der mehrere Hundert Neonazis aus verschiedenen Bundesländern erwartet werden. Am 1. Mai planen Thüringer Neonazis und die rechte Partei „Der 3. Weg“, welche als Ersatzstruktur des inzwischen verbotenen „Freien Netz Süd“ (Bayern) betrachtet werden kann, einen Aufmarsch in der Saalfelder Innenstadt, der sich ebenso gegen vermeintliche „Überfremdung“ richtet. Weiterlesen:
„Seit den Streitereien innerhalb der Thüringer NPD um den Landeschef Wieschke gibt es in einigen Regionen teils Umorientierungen, andere neonazistische Strömungen und Strukturen zu unterstützen. Auch das Phänomen ‚Pegida‘ macht es für Thüringer Neonazis und rechte Sympathisanten wieder attraktiver, auf der Straße zu marschieren, verschafft es doch das vermeintliche Erfolgsgefühl, aus der eigenen begrenzten Szene-Welt herauszukommen und endlich spürbar anschlussfähig in der bürgerlichen Mitte zu sein“, so König über den Schulterschluss von gewaltbereiten Rechtsradikalen und so genannten „besorgten Bürgern“. „Wer auch am nächsten Montag wieder zusammen mit diesem braunen Zirkus in Suhl marschieren will, kann nicht mehr sagen, er hätte von nichts gewusst. Auch die Medien haben ausführlich über die Nazi-Verstrickungen berichtet“, so die Abgeordnete im Hinblick auf mehrere „Sügida“-Anmeldungen für die nächsten Wochen.
Der bisherige NPD-Landeschef Wieschke wurde am letzten Wochenende beim NPD-Landesparteitag in Eisenach durch einen ihm nahestehenden Neonazi in seiner Funktion als Landesvorsitzender ersetzt. „Bezeichnend ist, dass der Leiter der NPD-Parteitagsveranstaltung derselbe ist, der keine 48 Stunden später neben der Anmelderin die 1. ‚Sügida‘-Demonstration in Suhl leitete, organisatorisch wie auch mit einpeitschenden Redebeiträgen“, so König über Patrick Schröder, der auch einen aus Oberhof stammenden rechten Versandhandel führt und Anfang Dezember 2014 vom Amtsgericht Weiden zu einer Geldstrafe von 3.150 Euro verurteilt wurde, weil er den Hitlergruß zeigte. „Egal ob in Suhl, in Erfurt, in Saalfeld oder in anderen Orten, in den nächsten Monaten ist mit weiteren rassistischen Mobilmachungen zu rechnen. Wichtig ist, Farbe zu bekennen und gegen die fremdenfeindliche Stimmungsmache Position zu beziehen, egal ob in der Kneipe, in sozialen Netzwerken oder auf der Straße. Alle Bürgerinnen und Bürger sind zum kreativen Protest eingeladen. Flüchtlinge verdienen keine Verachtung, sondern unseren Schutz und Solidarität“, ergänzt König.