Die Saalfelder Landtagsabgeordnete der Linksfraktion, Katharina König, begleitet morgen den NSU-Prozess am Münchener Oberlandesgericht. Hintergrund ist die Vorladung eines Saalfelder Kühltechnik-Unternehmers als Zeuge im Prozess, bei dem es u.a. um zehnfachen neonazistisch motivierten Mord geht. Andreas Rachhausen soll nach dem Abtauchen des Jenaer Trios Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt im Jahr 1998 wenige Tage später das unfallbeschädigte Fluchtautos aus Sachsen zurückgeholt haben. Damals leugnete er die Vorwürfe. Erst nach der NSU-Selbstenttarnung im Anschluss an den Banküberfall im November 2011 in Eisenach gestand R. während einer BKA-Vernehmung seine Beteiligung ein. Auch gab er dort an, den Auftrag zur Rückholung des Fluchtwagens vom ehemaligen Jenaer NPD-Chef Ralf Wohlleben erhalten zu haben. Dieser wird beschuldigt, die Mordwaffe beschafft zu haben. Weiterlesen:„Die Vorladung ist für uns besonders interessant, weil der Zeuge bislang nicht im Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss vernommen wurde. Die Spur zum Trio führte über ihn aber schon frühzeitig nach Sachsen“, sagt die Landtagsabgeordnete. Relevant beim Zeugen R. sei auch dessen ehemals führende Tätigkeit in der neonazistischen Szene Saalfelds. „Er gilt als einer der Organisatoren des Rudolf-Hess-Marsches 1992 mit über 2.000 Anhängern in Rudolstadt, beteiligte sich an Wehrsportübungen und zahlreichen Gewaltstraftaten im Raum Saalfeld-Rudolstadt und ging schließlich selbst in den Untergrund, nach dem man per Haftbefehl nach ihm fahndete“, informiert König.
Besonders brisant ist auch ein weiterer Umstand: „Wie wir mittlerweile wissen, wurde R. vom Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz als Spitzel angeworben und zeitweise unter dem Tarnnamen ,GP Alex‘ in der rechten Szene als Informant geführt“, so die Abgeordnete der Linksfraktion. Der Verfassungsschutz wusste bereits damals von den Vorwürfen, vertraute aber seinem Spitzel, der seine Beteiligung bei der Rückholaktion des Fluchtwagens abstritt. „Hätte der Geheimdienst damals frühzeitig und ernsthaft die Hinweise geprüft, hätte man sich möglicherweise schon 1998 vor Beginn der Mordserie dem Aufenthaltsort des flüchtigen Neonazi-Trios mit dem Ziel einer Festnahme durch die Polizei nähern können“, betont König.
Bereits im Untersuchungsausschuss erklärte der ehemalige Leiter der Staatsschutzabteilung der Saalfelder Polizei: „R. war aus meiner Sicht einer der gefährlichsten Rechtsextremisten, er kam nach meinem Verständnis noch vor Tino Brandt, dem Chef des Thüringer Heimatschutzes“. In einem anderen Gerichtsverfahren hat der Saalfelder Unternehmer im letzten Jahr per eidesstattlicher Erklärung eingeräumt, die Thüringer NPD bei ihrem letzten Landtagswahlkampf 2009 mit der Bereitstellung eines speziell aufgerüsteten Wahlkampfmobils sowie Preisnachlässen unterstützt zu haben. Im selben Jahr organisierte er auch ein Konzert mit rund 100 Neonazis und rechten Hooligans auf seinem Firmenkomplex in Saalfeld.
Ebenfalls als Zeugin ist am Mittwoch die ehemalige Freundin von Ralf Wohlleben geladen. Auch sie soll vom Verfassungsschutz als Spitzel angeworben und bezahlt worden sein. Katharina König begleitete bereits mehrfach die Sitzungen des NSU-Prozesses in München.
Weitere Informationen zum ehemaligen Neonazi-Spitzel Andreas Rachhausen haben wir hier zusammengetragen.