Zum Prozessauftakt am 2.12.2015 vor dem Landgericht Erfurt gegen 15 Neonazis, die im Februar 2014 gezielt eine Feier in Ballstädt überfielen und ihre Opfer teilweise schwer verletzten, äußert sich Katharina König, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag. Die Abgeordnete begrüßt, dass nach anderthalb Jahren den braunen Schlägern endlich der Prozess gemacht werde. „Dass nach Bekanntwerden des NSU im Jahr 2011 militante Neonazi-Strukturen in Thüringen weiter fortbestehen, ist kein Geheimnis, wurde jedoch durch kein Ereignis eindrücklicher vor Augen geführt als durch den brutalen Überfall in Ballstädt“, so König. Die Verbindung der Täter in das organisierte und gewaltbereite Neonazinetzwerk aus der ehemaligen sogenannten „Hausgemeinschaft Jonastal“ und dem „Gelben Haus“ in Ballstädt selbst seien offenkundig gewesen. Bereits wenige Stunden nach dem Gewaltakt, als noch von einer „Kirmesschlägerei“ die Rede war, sei von Martina Renner (MdB DIE LINKE) und Katharina König mit einer Pressemitteilung der neonazistische Hintergrund des Täterkreises öffentlich gemacht worden.
Mit dem Prozess gegen die Ballstädt-Schläger dürfe aber nicht der Eindruck vermittelt werden, Thüringen habe bereits alles Erforderliche getan, um neonazistische Straftaten einzudämmen. Dass im November 2015 bundesweit Beratungsstellen vor einem alarmierenden Ausmaß extrem rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Deutschland warnten, mache weiteren Handlungsbedarf deutlich. So fordert der Verband jener Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt zurecht, u.a. die Ausschöpfung aller rechtsstaatlichen Mittel, den Schutz von Opfern vor weiteren Gewalterfahrungen und das sichere Erkennen von Tathintergründe sicherzustellen sowie Schilderungen von Betroffenen und Zeugen endlich und vorbehaltlos ernst zu nehmen. Teilweise werde das in Thüringen bereits umgesetzt, an einigen Stellen gebe es aber weiterhin Probleme, wie auch ein Vorfall am vergangenen Sonntag zeige: „Zwei Wochen nach Attacken im Eichsfeld sollen in Heiligenstadt erneut 20 Neonazis einen Jugendlichen geschlagen und eine Hetzjagd veranstaltet haben. Eine antifaschistische Gruppe kritisiert nun, dass das Opfer nicht ernst genommen wurde und bei der Anzeigenaufnahme dessen äußeres Erscheinungsbild von einem Beamten als Rechtfertigung für die Tat genutzt wurde“, erläutert König. In Thüringen finde bereits eine Sensibilisierung der Polizei statt, diese sei aber noch deutlich ausbaufähig.
In Ballstädt verfügten Neonazis weiterhin über eine Immobilie, die als Rückzugs- und Veranstaltungsort diene. Vor Prozessbeginn sollen dort mit Rechtsrockkonzerten Gelder gesammelt worden sein. Die Abgeordnete drückt ihre Hoffnung aus, dass mit dem Gerichtsverfahren die Chance bestehe, auch regionale neonazistische Strukturen auszubremsen. So könne möglicherweise am Ende des Verfahrens auch die Beschlagnahmung der Immobilie eine Option sein. „Neonazis brauchen für ihre Aktivitäten – von Propaganda über Veranstaltungen bis hin zu Gewalttaten – eine lokale Infrastruktur. Ihnen diese zu nehmen, wäre eine entscheidende Schwächung“, stellt König klar. Die Abgeordnete hofft, dass mit dem nun beginnenden Prozess die neonazistischen Täter endlich zur Verantwortung für ihren militanten, minutiös geplanten Überfall gezogen werden. König ruft dazu auf, den Prozess zu begleiten, insbesondere um den Betroffenen zur Seite zu stehen und sich mit ihnen solidarisch zu zeigen.
Kundgebung ab 9 Uhr vor dem Landgericht. Infos gibt es auch bei der antifaschistischen Koordination Erfurt (ake).