Neonazistischer Immobilienhändler in Jena? Thomas Wienroth und die Neonaziszene

In Jena gehört das Unternehmen „Wienroth Immobilien“ mit zu den größten Maklern der Stadt, der Geschäftsführer ist Thomas Wienroth. Er war über mehrere Jahre führend in der Thüringer Neonazi-Szene aktiv und beteiligte sich intensiv am Aufbau von rechten Strukturen im Freistaat und auch darüberhinaus. Wienroth war Anmelder, Redner, Organisator und Parteifunktionär zu gleich, er arbeitete mit NPD, JN und Kameradschaften nah zusammen. Dann tauchte er kommentarlos von der rechten Bildfläche ab, war nicht mehr bei öffentlichen Aktionen zu sehen und etablierte sein Immobiliengeschäft in Jena. Im Februar 2012 führte der Thüringer ihn bei einer Veranstaltung in Rudolstadt als immernoch aktiven Neonazi in der Rudolstädter Region auf, auf Nachfrage bestätigte der Referent die Aktualität. Katharina König wollte mit einer Kleinen Anfrage mehr dazu wissen. In der Antwort verkündete der Thüringer Verfassungsschutz, eine derartige Äußerung hätte es nie gegeben. Thomas Wienroth forderte anschließend Katharina über einen Anwalt auf, eine Unterlassungserklärung mit 25.000€ Streitwert zu unterschreiben. Doch statt dessen bekam Wienroth eine Absage und eine Belehrung über die Aufgaben und Rechte von Abgeordneten (u.a. über Kleine Anfragen) und der Verfassungsschutz wurde der Lüge überführt, da uns ein Audiomittschnitt der Veranstaltung vorliegt, der die Äußerungen belegt (i). Das Thüringer Innenministerium darf sich jetzt in einer neuerlichen Anfrage zu diesen Widersprüchen positionieren, die Anfrage ist hier einsehbar. Und Geschäftsführer Thomas Wienroth? An dessen nicht unbedeutende Aktivitäten in und für die Neonazi-Szene wollen wir hier noch einmal ausführlich erinnern:

 

Arbeitsteilung bei Neonazi-Aufmarsch im Oktober 2004: Den Lautsprecher-/Transportwagen fährt Thomas Wienroth, auf dem Dach filmt der „Anti-Antifa“-Aktivist und -Unterstützer Ralf Wohlleben Gegendemonstrant_innen und Journalist_innen mit seiner Kamera ab.

Verbindung zum NSU-Helfer Wohlleben, Neonazi-Demotourismus und ein Faible für den „

Wann seine neonazistische Karriere genau begann lässt sich nicht mehr exakt beziffern, seine belegbaren Höhepunkt entfaltete Wienroth aber in den Jahren 2004 bis 2006. Damals noch in Rudolstadt ansässig gehörte er zeitweise zu den führenden Neonazis in Thüringen. Wienroth übte Funktionen in der NPD und bei den Jungen Nationaldemokraten aus und war intensiv am Strukturaufbau beteiligt. Seit ca. 2004 hatte er die Funktion des Vorsitzenden vom NPD-Kreisverband -Rudolstadt inne und trat gelegentlich auch mit dem Jenaer NSU-Helfer Ralf Wohlleben zusammen in Erscheinung, zum Beispiel bei einer Demonstration am 23. Oktober 2004 in Weimar (s.Fotos oben), als Wienroth arbeitsteilig den Lautsprecher- bzw. Transportwagen innerhalb der Neonazi-Demonstration fuhr und Wohlleben vom Dach des Fahrzeugs aus politische Gegner und Journalisten mit seiner Kamera abfilmen konnte. Wohlleben ist seit Jahren für die so genannte „Anti-Antifa-Arbeit“ bekannt, heute sitzt er in Untersuchungshaft, weil er dem „NSU“ die tödliche Schusswaffe besorgt haben soll, mit der neun Migranten erschossen wurden. Spätestens ab 2004 trat Wienroth offensiv bei neonazistischen Veranstaltungen in der Öffentlichkeit auf. Dabei trug er auch Textilien mit den Aufdrucken „Thüringer Heimatschutz“ (s. Foto unten), in dem einst auch Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe aktiv waren. Auf öffentlichen Veranstaltungen ist Wienroth mal mit Megafon, mal an den mitgebrachten Lautsprecherwagen wie im April 2005 bei gleich mehreren rechten Kundgebungen in auf dem Anger und in der Pößnecker Innenstadt zu sehen. Am 7. Mai marschierte er mit 90 Neonazis durch die Kleinstadt Neuhaus im Thüringer Schiefergebirge südlich von Saalfeld und schwingte als Redner zusammen mit dem derzeit wegen Volksverhetzung inhaftierten Holocaustleugner Horst Mahler seine . Einig Tage später wollte Wienroth zusammen mit den NPD-Führungsfiguren Frank Schwerdt und Thorsten Heise im Schützenhaus Pößneck während einem Neonazi-Konzert mit den Bands Kraftschlag und Agitator auftreten, die Veranstaltung wurde jedoch vor Beginn abrupt abgesagt. Wenige Wochen zuvor fand nach der Verurteilung des Landser-Sängers Michael Regener dort dessen Abschiedskonzert mit über 1.000 Neonazis statt, kurz darauf trat der seine mehrjährige Haftstrafe an. Wienroth machte sich nichts daraus und tauchte ein Wochenende darauf wieder als Redner bei einer rassistischen NPD-Kundgebung in Suhl auf, welche dort gegen eine angebliche „Verausländerung“ mobil machte. Eine Vielzahl weiterer Auftritte folgten.

Wienroth mit Bezug zum „Thüringer Heimatschutz“ (THS), so prangt es auf seinem Brustaufdruck. Aus dem THS ging auch der NSU hervor. Foto Kundgebung 16.4.05 Erfurt.

Strukturaufbau für die NPD-Jugendorganisation „JN“ in Thüringen

Doch Wienroth trat nicht nur öffentlichkeitswirksam in Erscheinung, er festigte die Neonazi-Szene auch nach innen und war maßgeblich an deren Strukturaufbau in Thüringen beteiligt. Bereits früh pflegte er gute Kontakte zu sächsischen Neonazis, wie dem JN-Bundesvorsitzenden Stefan Rochow. Mit ihm zusammen war Wienroth zum Beispiel an der Gründungsveranstaltung des Landesverbandes der NPD-Jugendorganisation im Mai 2005 im Raum Chemnitz beteiligt, im November wurde Wienroth dann dort auf dem JN-Bundeskongress in den Bundesvorstand der JN „Junge Nationaldemokraten“ gewählt. Als Beisitzer im deutschlandweiten Vorstand gilt er nun fortan als offizieller „JN-Beauftragter“ für Thüringen. Es dauerte nur wenige Wochen bis Wienroth die „Aufbruchstimmung“ nach Thüringen importierte. Bereits am 14. Januar 2006 wird die Gründung eines eigenen JN-Landesverbandes in Thüringen beschlossen. Wienroth hatte dazu eine eigene Veranstaltung im Gasthaus Ammelstädt (Landkreis Saalfeld-Rudolstadt) organisiert (i), über 100 Neonazis reisten an, auch der heutige NPD-Bundeschef Holger Apfel trat als Redner auf (i). Als Nazigegner_innen vor dem Haus gegen das Treffen protestieren tritt Wienroth mit einem Megefon vor die Tür und erklärt den Demonstrant_innen, dass „eines Tages das Volk aufstehen“ werde (…) „dann wird es euch an den Kragen gehen“ , während im Hintergrund seine Kameraden eine NPD-Fahnen ausbreiten. Noch am gleichen Abend wählte ihn die organisierte junge Thüringer Neonaziszene zum stellvertretenden JN-Landesvorsitzenden des Freistaates.

 

Rechter Aufmarsch in Suhl: Wienroth (links als Redner, rechts vorne) mit 90 anderen Neonazis gegen die angebliche „Verausländerung“ in Suhl (Mai 2005)

Wienroth behauptet sich in der Folgezeit mit einer ganzen Reihe weiterer Aktionen. So organisierte er vom 17. bis 19. März 2006 eine überregionale Tagung von ca. 30 JN-Funktionären in der Rudolstadt Gaststätte „Zur Pilsner Schenke“, die dem späteren NPD-Bürgermeisterkandidaten (2012) von Rudolstadt, Friedhard Beck gehört. Einem Internetbericht nach sollten auf der Tagung u.a. die Themenschwerpunkte „Die zukünftige Bildungsarbeit der JN und die nationalrevolutionäre Ausrichtung unseres Verbandes“ und „Neue Widerstandszellen braucht das Land!“ besprochen werden. Als sich spontaner Protest gegen die Veranstaltung vor dem Gebäude formierte, wichen die Neonazis noch währenddessen wieder ins Gasthaus Ammelstädt aus. Als auch die Gegendemonstrant_innen hinterreisten, sollen die 20-30 Neonazis, unter ihnen der Jenaer Kameradschaftsführer André Gruschwitz versucht haben, die Protestierer in ihren haltenden Autos anzugreifen. Unter den aggressiven Gästen von Wienroths Veranstaltung befand sich auch Klaus-Jürgen Menzel, welcher als ehemaliger NPD-Abgeordneter im sächsischen im gleichen Jahr versuchte, einen zur scharfen Waffe manipulierten Revolver, Kaliber 38 in das sächsische Landtagsgebäude zu schmuggeln. Später sorgte dieser im Parlament für einen Eklat, als er den Einsatz von Waffengewalt gegen Menschen forderte: Gegen „Zionisten, Freimaurer, Kriegstreiber und andere Psychopaten“ würden keine langen Reden mehr helfen, sondern nur noch Handgranaten. Gegen „Rotfront und Antifa“ helfe nur die Panzerfaust. Dies sei, so Menzel, die Parole des „nationalen Widerstandes“ (i). Wienroth selbst trat wohl ebenso für die Mutterpartei NPD in Bildungsfragen als Referent in Erscheinung, so habe sein Name im Dezember 2005 auf einer so genannten „NPD-Rednerliste“ mit möglicher Referenten für Vortragsveranstaltungen der Partei gestanden. Wienroth sollte für die NPD zu den Themenschwerpunkten „Allgemeine Politik“ und “Jugendpolitik“ referieren (i).

Bildschirmschnappschuss vom ehemaligen Impressum der Thüringer JN-Webseite, mittlerweile hat die Adresse www.jn-thueringen.de keine Inhalte mehr.

Zusammen mit seinem Kollegen Michael Hubeny, erster JN-Vorsitzender von Thüringen organisierte Wienroth im März 2006 eine Kampagne der JN in Thüringen mit mehreren Neonazi-Veranstaltungen in Weimar, , Magdala und Bad Berka. Bei der Kundgebung auf dem Weimarer Goetheplatz am 25. März 2006, welche von Wienroth angemeldet worden sein soll traten Mitglieder der so genannten „Braune Aktionsfront Thüringen – Sektion Weimar“ auf. Zwischen den Reden wurde nach Angaben von Anwesenden offen zur aufgerufen worden sein, es fielen Sätze wie „denen, die uns die Faust zeigen, denen werden wir sie brechen“ und Wienroth selbst sprach in seinem Redebeitrag nach Angaben der JN Thüringen Webseite zur Forderung „Todesstrafe für Sexualverbrecher“. Zwischen den Beiträgen seien immer wieder rassistische Lieder wie „Zehn kleine Negerlein“ und ähnliches erklungen.

 

Wienroth mit „kämpferischer“ Rede am Abend seiner offizielen Ernennung zum Vizevorsitzenden der Thüringer NPD-Jugendorganisation am 14. Januar 2006 in Ammelstädt (Lkr. Saalfeld-Rudolstadt)

NS-Export quer durch die Republik

Doch nicht nur in Thüringen war Wienroth aktiv, auch bundesweit reiste er zu rechten Aufmärschen an und nahm dem Anschein nach auch hierbei Funktionen war. So gibt es Berichte darüber, dass Wienroth angeblich in die Koordination bzw. Anreise von Busreisen Thüringer Neonazis zu überregionalen Aufmarschzielen involviert war. Darunter beispielsweise die Busfahrt zum geschichtsrevisionistischen Gedenkmarsch am 12. November 2005 in Halbe mit 1.600 Neonazis und eine NPD-Demonstration am 8. Mai im gleichen Jahr in Berlin (i). Wie der Berliner Tagesspiegel seinerzeit berichtete, hätten nach dem missglückten Aufmarschversuch in Berlin jene Busse (2 aus Thüringen, 1 aus Bayern) aus Rachegründen in Dessau halt gemacht und dort versucht, ein linkes Jugendzentrum zu stürmen (i). Bei einem anderen Aufmarsch in Berlin Pankow im Oktober 2005 trat Wienroth wieder als Redner auf, er hätte dort laut den Anwesenden u.a. geäußert er sei stolz darauf, „ein Nationaler Sozialist zu sein“. Zum jährlich zeitweilig größten Aufmarsch der bundesdeutschen Neonazi-Szene, dem „Gedenkmarsch“ um den 13. Februar herum in Dresden war Wienroth 2006 ebenso beteiligt und trug dort das Transparent der „JN Thüringen“. Bei einem anderen Aufmarsch am 25. Februar 2006 in Schönebeck offenbarte sich, was jener „Nationale Sozialismus“, den Wienroth propagierte in der Praxis bedeuten sollte.

Wienroth als Redner („Todesstrafe für Kinderschänder“) und Anmelder für die Neonazi-Szene hier bei Kundgebungen im März 2006 im Weimarer Raum

Über das Verhältnis von Gewalt und neonazistischer Ideologie

Nach dem am 9.1.2006 der 12-jährige Kevin auf seinem Heimweg von Schönebeck nach Pömmelte (Sachsen-Anhalt) von 5 rechten Jugendlichen überfallen und misshandelt wurde, versuchte der Junge an der Zielstation des Busses den Angreifern aus eigener Kraft zu entkommen, leider ohne Erfolg. „Unbemerkt“ von Fahrgästen, Fahrer und Anwohnern begannen die 5 Täter, nachdem sie ihn eine Strecke weit geschliffen hatten, unbehelligt auf ihn einzuschlagen und einzutreten. Im Verlauf der Tortur spitzten sich die Gewalttätigkeiten gegen Kevin weiter zu. So wurde der gerade erst 12-Jährige gezwungen eine Flasche Bier zu trinken, die den Tätern danach als Schlagwaffe diente. Zudem musste er die Stiefel seiner Peiniger ablecken und küssen und ihnen auf Fragen mit Nazisprüchen antworten. Die Brutalität fand ihren Höhepunkt, als einer der Jugendlichen eine Zigarette im Auge des Jungen ausdrückte. Anschließend wurde unter Androhung des Todes eine Schusswaffe auf ihn gerichtet. Damit fanden die Quälereien nach einer Stunde ihr Ende, da den 5 die Lust daran vergangen war. Nach eigenen Aussagen wollte man „erstmal eine rauchen“. Das Motiv der 14 – 19-jährigen Täter war eindeutig rassistisch – griffen sie den Jungen, dessen Vater aus Äthiopien kommt, doch wegen seiner Hautfarbe an. Wenige Tage nach der Tat organisierten Neonazis aus der Kameradschaft Schönebeck und des JN-Landesverbandes eine Kundgebung in Schönebeck. Unter dem Titel „Schaut nicht weg – Greift ein!“ sollte am 25. Februar dann schließlich eine antifaschistische Demonstration stattfinden. Die „Jungen Nationaldemokraten“ mobilisierten wieder zur Gegendemonstration, Titel „Gegen Medienhetze – sie sagen Nazis und meinen uns Deutsche“. Auch der Thüringer JN-Vizelandeschef Thomas Wienroth reiste zur Kundgebung der Neonazis an, schließlich wollte er vor den 250 „Kameraden“ eine  Rede zur angeblichen „Medienhetze“ gegen Neonazis halten. Während die antifaschistische Demonstration durch die Stadt zog griffen jene Neonazis, die später offiziell vom Bahnhof Schönebeck-Salzelmen starten wollten bereits in Kleingruppen die Demonstration an. Am Rande der Demo attackierten beispielsweise rechte Schlägertrupps im „Hooliganstyle“ immer wieder Linke, einem jungen Mann wurden dabei zwei Schneidezähne ausgetreten, er musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Den Höhepunkt der Ausschreitungen bildete ein koordinierter auf die Demonstration, als der linke Aufzug aus einem Haus heraus mit Feuerwerkskörper, Rauchgranaten, Farbbomben und anderen Utensilien attackiert wurden. Einige Menschen wurden dabei zum Teil verletzt. Für den Thüringer Neonazi Thomas Wienroth war dies offensichtlich kein Grund zur Besorgnis, warum auch, gehört ein derartiges Auftreten doch auch zur Ideologie der Nazis. Er und die übrigen „Kameraden“ führten also ihre Demonstration wie geplant durch. Im anschließenden Bericht der rechten Veranstalter heißt es dann „…sprach der stellvertretende JN- Landesvorsitzende aus Thüringen Thomas Wienroth vor den zahlreich vertretenden Bürgern am Rande der Demonstration. Er thematisierte vor allem die Lage der Jugendlichen in der BRD und kritisierte die einseitige Berichterstattung in diesem Staat. Nach dieser Rede nahm man den Marsch wieder auf und zog in Richtung Ausgangsort Salzelmen.“

Frühling 2005 in Erfurt: Wienroth links mit weißer Jacke und Megafon, rechts: Wienroth und andere Neonazis stürmen auf einer NPD-Kundgebung in Richtung der Polizisten, kurz zuvor lieferten sich an der Stelle bereits Anhänger der „Autonomen Nationalisten“ aus Nordthüringen eine Auseinandersetzung mit der Polizei

Neonazi-Demonstration in Weimar und das Interesse des Verfassungsschutzes

Im August 2006 sollte es dann noch mal zu einem Paukenschlag kommen, Thüringer Neonazis wollten gegen das soziokulurelle Zentrum „Gerberstraße“ in Weimar mobil machen und mit einer Demonstration dessen Schließung fordern. Auf der Rednerliste (sieh Flugblatt links) zur Veranstaltung standen u.a.: der Waffennarr Klaus Menzel und „ein Vertreter des JN-Landesverbandes“, Thomas Wienroth. Einem Internetbericht nach hätte Wienroth zusammen mit dem Weimarer Neonazi-Kopf Martin Rühlemann die Demonstration sogar organisiert. Interne Differenzen bei der NPD/JN, Störaktionen sowie Verbotsbemühungen der Stadt Weimar verhinderten letztendlich den rechten Aufmarsch. Wienroth, der im gleichen Jahr auch mit dem Studium an der Universität Jena in den Rechtswissenschaften begann zog sich aus seiner aktiven politischen Arbeit für die Neonazi-Szene zurück, die öffentlich wahrnehmbaren NPD-Aktivitäten im Landkreis Rudolstadt brachen daraufhin nach Einschätzung von Beobachtern „nahezu vollständig zusammen“. Von einer glaubhaften Abkehr, einem Ausstieg oder einer Distanz zum alten Umfeld ist bislang nichts bekannt. Sehr wohl bekannt ist hingegen jedenfalls, dass Wienroth ein Jahr später am 25. Juli 2007 durch dem Thüringer Verfassungsschutz angesprochen wurde (i), er sollte zu diesem Zeitpunkt dem Anschein nach (vermutlich als Spitzel) Informationen aus der rechten Szene an den Verfassungsschutz liefern. Für den Inlandsgeheimdienst war Wienroth also auch da noch eine relevante Person.  Bereits im Thüringer Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2006 wurde Thomas Wienroth als Angehöriger der rechten Szene und JN-Funktionär mit vollständigem Namen abgedruckt. Wienroth hat die Information über den Anquatschversuch in Jena offenbar unverzüglich an seinen braunen Freundeskreis weitergegeben, schließlich berichtete die Thüringer NPD bereits am nächsten Tag über das Gespräch. Ein Indiz dafür, dass er sich nicht tatsächlich aus der Szene gelöst hat(te), ebenso wie die Formulierung in der Pressemitteilung der NPD, dort wird er 2007 als „Student aus der rechten Szene in Rudolstadt“ betitelt. Wienroth wurde seit dem von Beobachter_innen der Szene zumindest nicht mehr auf öffentlichen Veranstaltungen der Neonazis wahrgenommen.

 

Thomas Wienroth bei rechten Aufmärschen außerhalb Thüringens, hier am 11. Februar 2006 in Dresden (Foto links: T.W. ist 4. Person von links am Transparent)

Status quo ungeklärt

Darüberhinaus hat Wienroth, der sich mittlerweile auch optisch stark verändert hat, aber nie transparent gemacht, ob er sich seit seinem Rückzug von öffentlichen Aktivitäten in der Naziszene ideologisch von dieser abgewandt hat oder seiner Definition von „nationaler Sozialismus“ weiterhin nacheifert. Auch ist nicht bekannt, wie Wienroth ab da an mit seinem neonazistischen Umfeld verkehrt(e), einen unumkehrbaren Bruch (i) scheint es zumindest nicht gegeben zu haben, ebenso fraglich ist eine öffentliche Reflexion über die ideologischen Motive, die sein zumindest damaliges neonazistische Handeln beeinflusst haben, sowie eine nachvollziehbare Veränderung der Ideologie – falls es diese Änderung denn überhaupt je gab. Einige Jahre später, am 23. Februar 2012 berichtete bei einer Informationsveranstaltung des Landesamts für Verfassungsschutz Thüringen der Referent des Amts, dass Thomas Wienroth, weiterhin in der Neonazi-Szene aktiv sei (i). Zunächst war der Name dort auf einer Präsentation über relevante Personen aus der rechten Szene in der Region aufgelistet. Da man zumindest öffentlich eine Zeit lang von Wienroth nichts mehr im Bezug zur Neonazi-Szene mitbekam, fragt ein Zuhörer nach: „Mich würde interessieren, was die Aktualität von mancher Personen angeht, wie das eingeschätzt wird, ob sie noch als Rechtsextremisten zählen oder nicht. Insbesondere bei den Herren Rachhausen, Kelterborn und Wienroth?“, welche der Referent wörtlich beantwortete: „Ja, Sie haben Recht, einige dieser hier Genannten waren früher noch mehr aktiv als heute, aber, der Kelterborn war ein rechtsextremistischer Liedermacher und  ist heute geschäftlich tätig, gehört nach wie vor der rechtsextremistischen Szene an und der Wienroth auch. Er war einer derjenigen, die eine Geburtstagsfeier vor nicht allzulanger Zeit, seinen eigenen Geburtstag als rechtsextremistische Fete und zum Schluss mit rechtsextremistischen Bands geplant hatte“ (Tonmitschnitt VS 23.2.2012, ab Zeitstempel 01:50:50/Frage bzw 01:52:47/Antwort relevant, MP3). Was da letztendlich dran ist und warum der Thüringer Verfassungsschutz in seiner ersten Stellungnahme gegenüber dem Innenministerium nicht die Wahrheit sagte, dass kann jetzt die Landesregierung klären. Uns liegt jedenfalls ein Mitschnitt vor, der die Äußerungen belegt. Auf Wienroth hingegen wirft es nicht gerade das beste Licht, wenn die einzig wahrnehmbare Reaktion seit dem Ende seiner (öffentlich sichtbaren) Aktivitäten in der rechten Szene einige Jahre später eine Unterlassungserklärung darstellt, weil er befürchte, dass nun sein persönliches Ansehen in der Öffentlichkeit und das seines erfolgreichen Unternehmens geschädigt werden könnte. Das Ansehen beschädigen aber nicht diejenigen, die über seine bedeutenden Aktivitäten berichten oder diejenigen, welche jene Aktivitäten parlamentarisch aufarbeiten, sondern einzig und allein derjenige sich irgendwann als Individuum aufgrund seiner eigenen, freiwilligen und bewussten Entscheidung dazu entschlossen hat, eine rassistische und neonazistische Politik zu betreiben, über Jahre dazu gestanden hat oder sich schlicht nicht ernsthaft bzw. „sauber“ davon trennen wollte.

Video von einem Auftritt Thomas Wienroths im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt (ab 2:59 Min, blaues Hemd) im Jahr 2006. Auf Demonstrant_innen, die gegen eine von ihm organisierte Neonazi-Veranstaltung protestieren, redet er ein, dass „eines Tages das Volk aufstehen“ werde, „und dann wird es euch an den Kragen gehen“, so der damalige Neonazi-Anführer, der heute zu einem der größten Immobilienhändler Jenas zählt.

Download:

Kleine Anfrage: Neonazistischer Immobilienhändler in Jena? – Antwort
Kleine Anfrage: Neonazistischer Immobilienhändler in Jena? – Nachgefragt

 

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