Was war da heute los?

Zur heutigen Debatte anläßlich der Regierungserklärung „Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit“ legte die Fraktion DIE einen Entschließungsantrag „Thüringer Verzicht auf eine sogenannte Antiextremismuserklärung“ vor.

Hintergrund ist die durch die Bundesregierung geforderte Klausel, welche Initiativen verpflichtet, ihre Kooperationspartner auf „Linksextremismus“ zu überprüfen, dazu sowohl google als Informationsmöglichkeit (so die Ministerin Schröder im Bundesausschuß) als auch den Verfassungsschutz der Länder und des Bundes zu nutzen.(Hinweise zur Anti-Extremismuserklärung)

Dieser Forderung widersprechen nicht nur Kirchen, der DGB und Parteien sondern insbesondere die seit Jahren tätigen Initiativen gegen Rechts, welche mit dieser Klausel nicht nur pauschal einem Generalverdacht unterstellt werden, sondern welche gleichzeitig mit ihrem Widerspruch ihren Protest gegen die Extremismustheorie und der damit einhergehenden Gleichsetzung von „links“ und „rechts“ und der so erfolgten Verharmlosung des Neonazismus  zum Ausdruck bringen.

Vor diesem Hintergrund erarbeiteten wir den Antrag „“Thüringer Verzicht auf eine sogenannte Antiextremismuserklärung“, welcher in der Landtagsdebatte sowohl von B90/DIE GRÜNEN als auch aus Teilen der SPD Zustimmung fand. Von letzteren allerdings nur verbal. Diese verbale Zustimmung sollte sich nicht im Abstimmungsverhalten niederschlagen, denn „an diesem Antrag hätte ja Frank Kuschel“ mitgearbeitet, welches es ihnen unmöglich machen würde, dem Antrag zuzustimmen.

So erfolgte die Ablehnung mit ALLEN Stimmen der CDU, FDP und eben auch ALLEN Stimmen der SPD. Dies empörte B90/DIE GRÜNEN und sie übernahmen unseren Antrag mit einigen Änderungen. Das von der SPD geäußerte Argument, weshalb man nicht zustimmen könne, war somit nichtig. Der „neue“ Antrag sollte nun durch den Vizepräsidenten, Herrn Gentzel (SPD) des Thüringer Landtages zur Abstimmung gestellt werden doch da legte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Höhn, Widerspruch gegen das Verfahren ein und beantragte eine Auszeit, in welcher der Justizausschuß die Richtigkeit des Verfahrens klären solle. Die Landtagsverwaltung sah dafür keine Notwendigkeit und erklärte, dass die Abstimmung des Antrages und das Verfahren richtig und durch die Geschäftsordnung gedeckt sei.

Dem Antrag auf Auszeit wurde statt gegeben und der Justizausschuß zog sich zur Beratung zurück. Nach ca 30 Minuten war die Beratung beendet und der Justizausschuß hatte mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit aus CDU und SPD die Abstimmung des „neuen“ Antrages für falsch erklärt.

Dieses wurde nun dem Landtag zur Kenntnis gegeben und zur Abstimmung gestellt und mit der Mehrheit aus CDU und SPD wurde der Empfehlung des Justizausschusses gefolgt, der Antrag von Bündnis 90/ DIE GRÜNEN kam nicht mehr zur Abstimmung und der Extremismusklausel wurde vom Landtag Thüringens mehrheitlich nicht widersprochen.

Während die SPD in Thüringen die Extremismusklausel mit fadenscheinigen Erklärungen nicht ablehnen kann, geht Berlin nun gerichtlich dagegen vor:

Land Berlin begegnet „Demokratieerklärung“ des Bundes mit Rechtsmitteln

Pressemitteilung
Berlin, den 27.01.2011

Träger von Projekten gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus sollen künftig eine sogenannten „Demokratieerklärung“ unterschreiben als Voraussetzung dafür, Fördergelder aus dem neuen Bundesprogramm “Toleranz fördern – Kompetenz stärken” zu erhalten. Mit der Erklärung müssen sich Zuwendungsempfänger nicht nur zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen, sondern sich auch verpflichten, all ihre potentiellen Partner auf Verfassungstreue zu überprüfen und sie im Zweifel dem Bund oder dem Verfassungsschutz zu melden.

Das Land Berlin hat beim Bund Widerspruch gegen die Kopplung der Demokratieerklärung an die Förderung der Träger eingelegt. In seiner Begründung beruft sich das Land auf ein Gutachten des Verwaltungsrechtlers Prof. Dr. Ulrich Battis, nach dem Teile der Erklärung “verfassungsrechtlich bedenklich” sind und gegen den Artikel 3 des Grundgesetzes verstoßen würden.

Dazu erklärt Senatorin Carola Bluhm, deren Senatsverwaltung das „Landesprogramm gegen Rechtsextremismus“ finanziert und umsetzt: „Vereine und Projekte stehen jetzt vor der existenziellen Entscheidung, eine zweifelhafte Erklärung zu unterschreiben und Aufgaben des Verfassungsschutzes zu übernehmen oder ihre Arbeit reduzieren oder gar einstellen zu müssen. Im Kampf gegen extremistische Strukturen und für die Betroffenen von rassistischer und rechtsextremer Gewalt ist das ein herber Rückschlag. Gerade ein demokratischer Staat braucht eine starke Zivilgesellschaft, insbesondere an den Stellen, an denen demokratische Normen und Werte nicht verankert sind. Deshalb hat die Fortführung der bisher geleisteten Arbeit gegen Rassismus und Extremismus für uns höchste Priorität.

Stattdessen wird nun engagierten Gruppen – kleinen antifaschistischen Initiativen ebenso wie kirchlichen Trägern oder Betroffenen neonazistischer Gewalt – ein besonderes staatliches Misstrauen entgegen gebracht. Ihr oft mühsamer Einsatz für die alltägliche Umsetzung demokratischer Werte und die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe möglichst vieler Menschen sollte gewürdigt und nicht behindert oder gar unmöglich gemacht werden. Zudem haben erst kürzlich die Landesämter für Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen und Bayern gerichtliche Niederlagen bei der Einstufung antifaschistischer Zeitungen und Archive als “linksextremistisch” hinnehmen müssen. Vielmehr zeigen neueste empirische Befunde zum Rechtsextremismus, dass diese antidemokratische Einstellung eben nicht an den ‘extremen Rändern’ der Gesellschaft, sondern auch in ihrer Mitte erkennbar ist.

Ein tragfähiges Bekenntnis zur Demokratie darf nicht auf ordnungspolitischen Erwägungen basieren. Es setzt vielmehr ein Demokratieverständnis voraus, das auf Anerkennung der unteilbaren Menschenwürde beruht.“

Quelle

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