Sondervotum zum Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vorgelegt

banner_naziterrorDie Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“, Katharina König, Dieter Hausold, Sabine Berninger und Ralf Kalich, haben heute im Namen der Linksfraktion im Thüringer Landtag ihr Sondervotum zum Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vorgelegt. Das Sondervotum umfasst 86 Seiten und gliedert sich in sechs Abschnitte. Katharina König, Obfrau, erklärt: „Dem gemeinsam erarbeiteten Abschlussbericht können wir uns vorbehaltlos anschließen. Aus unserer Sicht sind jedoch Aspekte nicht oder nicht ausführlich genug thematisiert, welchen wir mit unserem Sondervotum Raum geben wollen.“ Die ergänzende Einschätzung der LINKEN berührt mehrere Schwerpunkte der Arbeit des Ausschusses. Deutlicher als im Abschlussbericht dargestellt, sieht die LINKE einen direkten Zusammenhang zwischen dem Erstarken des Neonazismus in den 1990er Jahren und dem damals vorherrschenden gesellschaftlichen Klima. „Die rassistisch aufgeladene Debatte um den so genannten Asylkompromiss, die verheerende Gleichsetzung von Links und Rechts im Rahmen der Extremismustheorie und die Problematisierung antifaschistischen Engagements waren Elemente eines gesellschaftlichen Klimas, das Neonazis eher bestärkt als geschwächt hat. Dies zusammen genommen als Grundlage behördlichen Handelns führte letztlich zu einer vollkommen unzureichenden und auch wirkungslosen Bekämpfung des Neonazismus“, so König. Weiterlesen:

Das Sondervotum hält fest, dass dem systemischen Versagen des Verfassungsschutzes in Bezug auf Neonazismus dessen ideologiegeprägte, verharmlosende Vorgehensweise zugrunde liegt. „Der eigentliche Feind steht links war Grundannahme allen geheimdienstlichen Handelns und scheint Exekution der politischen Vorgaben gewesen zu sein“, betont Dieter Hausold. Die LINKE sieht in der Einbeziehung des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz in strafrechtliche Ermittlungen zudem einen grundsätzlichen Verstoß gegen das Trennungsgebot und hinterfragt, ob die Motivation des Amtes bei der Fahndung nach dem untergetauchten „NSU-Kerntrio“ im Interesse des Anwerbens einer Quelle bestand.

Einen weiteren Schwerpunkt legt das Sondervotums auf die Darstellung des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ als einem auch in Thüringen tief verankertem Netzwerk. Katharina König: „Ausgehend von den politischen Sozialisationsfeldern des „NSU-Kerntrios“ wie dem „Thüringer Heimatschutz“ aber auch „Blood&Honour“, sowie den bisher bekannten Unterstützern steht für uns fest, dass es ein weit größeres Netzwerk, welches die Taten praktisch oder ideologisch unterstützte, gegeben hat.“ Das Sondervotum stellt dieses in Teilen dar.

In einem weiteren Komplex des Sondervotums geht es um die Schlussfolgerungen der Fraktion DIE LINKE. Das V-Leute-System muss unverzüglich und konsequent beendet werden, der Verfassungsschutz soll zugunsten einer Informations- und Dokumentationsstelle ohne geheimdienstliche Befugnisse aufgelöst werden.

„Das Problem heißt Rassismus!“, thematisiert das Sondervotum ausführlich. Um institutionellem Rassismus zu begegnen, schlägt die Fraktion u.a. den Ausbau interkultureller Kompetenzen, die Beendigung der rassistischen Kontrollpraxis und der zwangsweisen Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften vor. Sabine Berninger erklärt dazu: „Die Umsetzung eines humanitären Bleiberechts für Opfer rassistischer und rechter Gewalt ist dringend geboten. Es wäre damit ein klares Signal an die Täter derartiger Angriffe sowie deren Umfeld, dass ihrer politischen Zielsetzung „Ausländer raus“ explizit entgegengetreten und ihr Ziel der Vertreibung vereitelt wird, indem Vertreterinnen und Vertreter des Staates auch materiell für die Angegriffenen Partei ergreifen.“

Aus Sicht der Mitglieder des Untersuchungsausschusses „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“ bestehen weiterhin viele offene Fragen im „NSU-Komplex“. „Offen und bisher nicht geklärt ist für uns das Motiv, welches zur Ermordung der Thüringer Polizistin Michèle Kiesewetter und zum versuchten Mord an ihrem Kollegen führte. Die zu Tage gekommenen Verbindungen Thüringer Neonazis nach Baden-Württemberg sollten dringend aufgearbeitet werden“, so Katharina König und weiter: „Für uns ist fraglich, welchen Zweck und Inhalt die Treffen von Bundesnachrichtendienst, Militärischen Abschirmdienst, Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz, Thüringer Innenministerium, Bundesgrenzschutz und Thüringer Landeskriminalamt hatten, bei denen u.a. das Themenfeld Neonazismus behandelt wurde. Inwieweit hier das Umfeld des späteren „NSU-Kerntrios“ eine Rolle spielte, bedarf der Aufklärung.“

„Ebenso ist es aus unserer Sicht notwendig, die Rolle weiterer V-Leute – sowohl des Bundesamtes für Verfassungsschutz – als auch des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz im Zusammenhang mit dem ‚NSU-Kerntrio‘ zu beleuchten. Dies kann nur durch einen weiteren Untersuchungsausschuss erfolgen, welchen wir als notwendig erachten und dessen Einsetzung wir in der kommenden Legislatur fordern werden“, so König abschließend.

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