Rede Katharina zur Ablehnung Extremismuserklaerung

Katharina König, MdLRegierungserklärung der Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit „Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit“

Abgeordnete König, DIE :

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte vorweg, bevor ich zu unserem Entschließungsantrag spreche, zumindest eines sagen: dass mich die Aussagen von Herrn Barth hier sehr betroffen gemacht haben, sehr bestürzt gemacht haben, und das insbesondere vor dem Hintergrund, dass heute der Internationale Holocaust-Gedenktag ist, der Yom Hashoah, der seit den 50-er Jahren in Israel und Großbritannien begangen wird und seit 2005 eben zum Internationalen Holocaust-Gedenktag ausgerufen wurde. Ich finde das sehr schwierig, nein, nicht nur schwierig, mich macht es eben betroffen, mich bestürzt es, dass man an einem solchen Tag hier so sprechen kann.

(Beifall DIE LINKE)

Aber zu unserem Entschließungsantrag, die sogenannte Antiextremismuserklärung zurückzuweisen.

Einige haben schon dazu gesprochen, Peter Metz möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich danken. Insbesondere danken möchte ich aber der Ministerin, die gestern auch schon erklärt hat, dass sie nicht vorhat, für Thüringen dieses umzusetzen. Nichtsdestotrotz denke ich, dass es auch, um sie darin zu bestärken und zu unterstützen, sehr sinnvoll wäre, wenn wir als Parlament heute dem Entschließungsantrag, der von meiner Fraktion eingereicht wurde, zustimmen und der Ministerin damit den Rücken stärken. Darum möchte ich Sie vorab bitten.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht uns nicht darum, und es geht auch den Projekten und den Vereinen, die diese Antiextremismuserklärung ablehnen, nicht darum, die Verfassung bzw. die freiheitlich-demokratische Grundordnung abzulehnen, sondern es gibt sehr viele Gründe, warum sie diese nicht – zumindest in der Form, wie sie zurzeit vorliegt – unterzeichnen möchten. Es gibt viele Initiativen, die diese nicht unterzeichnen möchten. Wenn ich Herrn Barth beim Wort nehme – er hat vorhin ausgesagt, das er allen, die sie nicht unterzeichnen können auch das Geld verweigern würde und das er dies für richtig hält-, dann heißt das in der Konsequenz, dass er dem DGB, den Kirchen, vielen Vereinen, wie bspw. der Amadeu Antonio Stiftung oder auch dem Verein für Demokratische Kultur, der SPD, den GRÜNEN und den LINKEN jegliche Unterstützung im Kampf gegen rechts – auf Bundesebene zumindest – untersagt und sie unter den Pauschalverdacht des Linksextremismus stellt. Genau dieser Pauschalverdacht ist es aber, den die Initiativen und Vereine angreifen, genau dieser Pauschalverdacht, zu dem sie nun gezwungen werden.

Es geht ihnen nicht unm das, was Herr Barth hier an erster und zweiter Stelle zitiert hat, sondern es geht ihnen darum, dass sie verpflichtet werden, ihre Partner, ihre Referenten, die sie einladen, Organisationen, mit denen sie zusammenarbeiten, zu überprüfen, ob diese möglicherweise „Linksextremisten“ wären.

Da wäre die erste Frage, was ist überhaupt „Linksextremismus“? Peter Metz hat es dargestellt, dass es dazu keine Definition bis heute gibt, jedenfalls keine, die weithin von vielen Wissenschaftlern akzeptiert ist und auch als solche verwendet wird. Das heißt, jeder und jede versteht unter Linksextremismus etwas anderes.

Das Zweite: Der Extremismusbegriff an sich ist vollkommen verfehlt, da er davon ausgeht, dass unsere Gesellschaft auf einer geraden Linie funktionieren würde: Links das Schlimme – rechts das Schlimme und in der Mitte das Gute.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass in der Mitte das Gute nicht ist, hat nicht zuletzt die Heitmeyer-Studie bewiesen, welche belegt, dass bis zu 40% der Deutschen zu rassistischen oder auch antisemitischen Einstellungen neigen und dass insbesondere „Rechtsextremismus“ aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Frau Siegesmund hat angedeutet, dass es ein Gutachten gibt zu dieser Extremismuserklärung von Prof. Dr. Battis von der Freien Universität Berlin, in welchem er diese Extremismuserklärung als verfassungsrechtlich bedenklich einordnet.

Dass die ganze Extremismuserklärung nicht nur pauschale Verurteilung sondern auch Irrsinn ist, zeigte sich zuletzt vor zwei Wochen in Sachsen. Dort sollte nämlich die Stadt Riesa diese Antiextremismuserklärung unterzeichnen. Wo kommen wir denn hin, wenn wir beginnen, die Städte, die Gemeinden und letztendlich die Menschen, die sich hier vor Ort gegen Neonazismus einsetzen, pauschal zu verdächtigen und ihnen solche Erklärungen aufzuzwingen?

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin Taubert hat völlig zu Recht diese Erklärung als Gesinnungsschnüffelei bezeichnet. Ich danke Ihr auch an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion für die klaren Worte.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Misstrauen, das damit einhergeht, schadet dem, was viele Initiativen, viele Einzelpersonen aber auch Parteien seit Jahren gegen den zunehmenden „Rechtsextremismus“, Neonazismus hier in Thüringen, aber auch generell in Deutschland leisten. Sie gefährden sich, sie wissen, dass ihre Büros – ich verweise nur auf die Anschläge auf Büros hier in Thüringen – in Gefahr sind, sie wissen, dass ihre körperliche Unversehrtheit möglicherweise in Gefahr ist, sie wissen, dass sie bedroht werden können, wenn sie sich gegen Rechtsextremismus einsetzen.

Ministerin Schröder führt an, dass die Initiativen zuletzt ihre Partner unter anderem durch den Verfassungsschutz überprüfen lassen sollten, inwieweit diese „linksextrem“ eingestellt sind. Geheimdienste – der Verfassungsschutz – ist kein neutraler, objektiver Akteur, sondern ein politischer. Nicht zuletzt möchte ich darauf verweisen, dass sowohl in Bayern als auch in Nordrehin-Westfalen Einschätzungen des jeweiligen Landesamtes für Verfassungsschutz zum Thema antifaschistische Initiativen vor Gericht gescheitert sind und als falsch eingestuft wurden. Inwieweit man sich dann noch auf die jeweiligen Einschätzungen verlassen und diese sogar fordern kann, halte ich für fragwürdig. Insbesondere für fragwürdig halte ich die dahinterstehende Logik. Ich ordne diese als gefährlich ein, denn wer sich gegen „Rechtsextremismus“ engagiert, wird im Sinne dieser Antiextremismuserklärung pauschal für gefährlich erklärt. Er engagiert sich demzufolge links und er ist höchstwahrscheinlich sogar „linksextrem“, „linksradikal“ und muss überwacht werden.

Damit wird ein fundamentales Prinzip von rechtsstaatlichkeit außer Kraft gesetzt, nämlich die Unschuldsvermutung. Um der Unschuldsvermutung wieder Kraft zu geben und Ministerin Taubert in ihrem Bestreben zu unterstützen, bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem vorliegenden Antrag „Extremismuserklärung ablehnen“.

Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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