Polizeirazzien in rechtsextremer Szene

Mit einem Großaufgebot suchte am Mittwoch die Polizei bei Mitgliedern der rechtsextremen Szene in Ostthüringen aber auch in Westsachsen und Nordbayern nach Spuren von Sprengstoff. Auf den Durchsuchungsbeschlüssen steht auch der Name Hoffmann. Er war Gründer einer verbotenen rechtsextremen Wehrsportgruppe.

Erfurt. Die Saalfelder Ermittler der Soko „Feuerball“ haben gestern ihren Druck auf die rechtsextreme Szene in Ostthüringen weiter erhöht. Mit 16 Durchsuchungsbeschlüssen ausgestattet rückten Staatsanwälte und Polizisten am Morgen gegen 6 Uhr an, um Büros, Wohnungen und Treffpunkte der Neonazis zu überprüfen. Die Fahnder folgen noch immer Hinweisen, wonach sich die Verdächtigen „im September 2010 Sprengstoff unerlaubt beschafft und nach Jena transportiert haben“.

Nach Informationen der Thüringer Allgemeine steht auf den gestrigen Durchsuchungsbefehlen auch der Name Hoffmann. „Das kann ich nicht dementieren“, sagte Michael Schulz, Sprecher der Staatsanwaltschaft Gera. Er wollte auch nicht dementieren, dass gegen einen Karl-Heinz Hoffmann ermittelt wird. „Allerdings kann ich das derzeit auch nicht bestätigen“, fügte der Staatsanwalt an.

Hoffmann wurde in den 70er und 80er Jahren in der Bundesrepublik durch die Gründung einer rechtsextremen und militanten Wehrsportgruppe bekannt, die seit 1980 verboten ist. Ein Jahr später folgte seine Verhaftung. 1984 verurteilte ihn das Landgericht Nürnberg-Fürth zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten. Ihm wurden Geldfälschung, Nötigung, gefährliche Körperverletzung sowie Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz und mehrere Fälle von Freiheitsberaubung vorgeworfen.

Nach der Wende hatte er immer wieder auch Kontakte zur rechtsextremen Szene in Sachsen und Thüringen.

Bei der gestrigen Großrazzia fanden die Ermittler „keine sprengstoffverdächtigen Gegenstände oder Materialien“, die sich zum Herstellen von Sprengvorrichtungen eigenen würden. Dafür konfiszierten sie Computer, Laptops, CDs und anderen Speichermedien, um darauf nach Hinweisen für die Herstellung von Sprengkörpern zu suchen. Gegen Mittag endete der Einsatz von mehr als 200 Polizisten in drei Bundesländern.

„Was nun folgt, ist die Auswertung des sichergestellten Materials“, meinte nach der Razzia Jürgen Graf von der Polizeidirektion in Saalfeld. Dort hatten die Beamten bereits vor Wochen eine Soko „Feuerball“ gebildet, um die Ermittlungen in diesem Fall zu bündeln.

Dem Thüringer Verfassungsschutz liegen derzeit „keine Erkenntnisse über eine generelle Radikalisierung und gesteigerte Gewaltbereitschaft der Neonaziszene“ im Freistaat vor, versicherte gestern ein Sprecher.

Auslöser der polizeilichen Ermittlungen war offenbar die Beobachtung verdächtiger Rechtsextremisten. Drei von ihnen sollen im Juli mit einem Auto von Jena nach Saalfeld unterwegs gewesen sein. Als die Insassen ihre Handys zeitgleich abstellten, erweckten sie das besondere Interesse der Fahnder.

Auf einem Parkplatz in einem Gewerbegebiet bei Saalfeld wurde das Auto gestoppt und von Beamten durchsucht. Neben Sturmhauben sollen die Ermittler auch brennbare Flüssigkeit gefunden haben. Seither geht der Staatsschutz dem Verdacht nach, ob die Rechtsextremen aus der Region Jena und einen Brandanschlag auf das Auto der Linke-Landtagsabgeordneten Katharina König verüben wollten.
Beim Belauschen von Telefonen war der Polizei im September auch ein Gespräch zu Ohren gekommen, in dem das Wort „C4“ vorkam. Weil sich zudem über eine Gebrauchsanleitung unterhalten wurde, reagierten die Fahnder erneut. Sie stoppten in der Nacht zum 12. September ein Fahrzeug mit vier Insassen im Alter zwischen 21 und 35 Jahren. Die Neonazis sollen gerade von einem Kameradschaftsabend in Westsachsen gekommen sein, auf dem auch Alt-Neonazi Karl-Heinz Hoffmann war. Die Polizei vermutete, dass sich die Rechtsextremen am Telefon womöglich über Plastiksprengstoff und den Bau von Sprengvorrichtungen unterhalten hatten und Anschläge drohen könnten.
Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnungen der Verdächtigen und des „Braunen Hauses“ in Jena, einem Treff der rechtsextremen Szene, wurde kein Sprengstoff gefunden. Allerdings hatte einer der Spürhunde angeschlagen.

Gestern nun widmeten sich die Fahnder erneut dem Areal des baufälligen Fachwerkhauses im Süden Jenas. Sie durchsuchten den Außenbereich rund um das einsturzgefährdete Gebäude. Auch das Schützenhaus in Pößneck war Ziel der Razzia. Welche Erkenntnisse die Soko „Feuerball“ aus den sichergestellten Gegenständen gewonnen hat, stand noch nicht fest.

Die betroffene Jenaer Landtagsabgeordnete Katharina König zeigte sich erleichtert darüber, dass die Polizei so intensiv in diesem Fall ermittelt. Es stelle schon einen neue Qualität rechtsextremer Aktivitäten dar, was nun bekannt werde, fügte sie an. Bisher habe die Polizei noch nicht offiziell mit ihr über die Ermittlungen und ihre Erkenntnisse gesprochen. Die Vorkommnisse werden sie aber nicht daran hintern, sich weiter gegen rechtsextreme Aktivitäten zu engagieren, fügte sie an.

Quelle: Kai Mudra / 07.10.2010 TA

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